Wahlkampf in Tokio zum Gouverneursamt

​Sorge über neue Corona-Fälle

Kabukicho-Vergnügungsviertel inmitten der Coronavirus-Pandemie in Tokio. Foto: epa/Franck Robichon
Kabukicho-Vergnügungsviertel inmitten der Coronavirus-Pandemie in Tokio. Foto: epa/Franck Robichon

TOKIO: Überschattet von der Sorge vor einer zweiten Infektionswelle hat in Tokio der Wahlkampf für das wichtige Amt des Gouverneurs begonnen. Als Favoritin beim Urnengang am 5. Juli gilt die Amtsinhaberin Yuriko Koike, die für eine zweite Amtszeit kandidiert. Die 67 Jahre alte Politikerin hat sich während der Pandemie mit Führungskraft hohes Ansehen in der Bevölkerung erworben. Doch zum Auftakt des Wahlkampfes wurden am Donnerstag 41 Neuinfektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Koike will im Sommer nächsten Jahres die wegen der globalen Pandemie verschobenen Olympischen Spiele ausrichten. Einer ihrer gut ein Dutzend Gegenkandidaten, Ex-Schaupspieler Taro Yamamoto, fordert wegen der andauernden Corona-Krise und der hohen Kosten eine Absage der Spiele.

Die Milliarden an Steuergeldern sollten besser für die wirtschaftlich unter den Folgen der Corona-Pandemie leidenden Menschen eingesetzt werden, verlangt Yamamoto. Vor einer Woche hatte Koike das Alarmsystem Tokio Alert wieder aufgehoben. Seither dürfen Kneipen und Restaurants wieder bis in den späten Abend öffnen. Doch stieg die Zahl der täglichen Neuinfektionen in den vergangenen Tagen wiederholt auf über 40 Fälle. Als eine Problemzone wurde Tokios nächtliches Amüsierviertel Shinjuku mit seinen Bars ausgemacht. Die Stadtregierung rief die Bürger erneut zu Vorsichtsmaßnahmen auf.

In Koikes langer politischen Laufbahn hatte die ehemalige TV-Nachrichtensprecherin als Umweltministerin ihres Landes gedient und war für eine kurze Zeit auch Japans Verteidigungsministerin im ersten Kabinett des amtierenden Regierungschefs Shinzo Abe gewesen. In den Medien wird sie als zukünftige Regierungschefin gehandelt.

Obwohl Mitglied von Abes Regierungspartei, der Liberaldemokraten (LDP), war sie bei der Gouverneurswahl in Tokio 2016 als Unabhängige angetreten. Seit ihrem haushohen Sieg ist sie die erste Frau, die die japanische Hauptstadt regiert. Obwohl Koike «nur» Bürgermeisterin ist, wurde ihr Auftreten während der Corona-Krise als «commander in chief» mit dem Handeln von Japans Regierungschef Abe verglichen.

Dessen Umfragewerte sind wegen seines viel kritisierten Umgangs mit der Corona-Krise deutlich gesunken. Hinzu kommen Skandale. So wurden am Donnerstag laut Medienberichten ein Vertrauter Abes, der frühere Justizminister Katsuyuki Kawai, und dessen Frau wegen des Vorwurfs illegaler Stimmenkäufe bei der Oberhauswahl 2019 verhaftet. Erst kürzlich hatte zudem der Rücktritt eines Abe angeblich politisch nahe stehenden Top-Staatsanwalts, der während des Notstands beim Glücksspiel gezockt hatte, dem Premier einen Schlag versetzt.

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