USA ringt weiter um Lösung im Schuldenstreit

​Vor Zahlungsausfall

Foto: Pixabay
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WASHINGTON: Der erbitterte Streit um die Schuldenobergrenze hat die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Nun gibt es eine Einigung - und immer noch eine Hürde.

Im US-Schuldenstreit haben Präsident Joe Biden und der Republikaner Kevin McCarthy einen Durchbruch erzielt und einen Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt voraussichtlich abgewendet. Biden und der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus erklärten am Samstag (Ortszeit) in Washington, sie hätten eine vorläufige Einigung zur Anhebung der Schuldenobergrenze für eine Zahlungsfähigkeit bis 2025 erreicht. Das Vorhaben muss noch vom Kongress abgesegnet werden.

Biden sagte nach Angaben des Weißen Hauses, es handle sich um einen wichtigen Fortschritt, der die Ausgaben senke und gleichzeitig wichtige Programme für die arbeitende Bevölkerung schütze sowie die Wirtschaft für alle stärke. Außerdem sichere die Vereinbarung die wichtigsten Teile seiner Agenda. Der 80-Jährige räumte jedoch auch ein, dass die Einigung einen Kompromiss darstellt - «was bedeutet, dass nicht jeder bekommt, was er will.»

Nun werde der Gesetzestext fertiggestellt und an das Repräsentantenhaus sowie den Senat weitergeleitet. «Ich fordere beide Kammern nachdrücklich auf, die Vereinbarung sofort zu verabschieden.» McCarthy sprach von einer «Vereinbarung, die des amerikanischen Volkes würdig ist.» Der Text solle in Kürze in Zusammenarbeit mit Biden endgültig abgesegnet werden. Eine Abstimmung im Repräsentantenhaus ist demnach für Mittwoch geplant.

Der Entwurf muss so schnell wie möglich in beiden Kammern des Kongresses - also dem Repräsentantenhaus und dem Senat - verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, damit ein drohender Zahlungsausfall der US-Regierung abgewendet wird. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, das Geld könnte am 5. Juni ausgehen. Vorausgegangen war ein intensiver Streit, der Biden sogar dazu veranlasst hatte, Auslandsreisen abzusagen.

Der nun erreichte Kompromiss soll den Umfang des Bundeshaushaltes, den die Demokraten unter Biden eigentlich vergrößern wollten, nun faktisch einfrieren. Dafür würden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Genaue Zahlen lagen zunächst nicht vor. Die «New York Times» schätzte, dass die US-Regierung mit der neuen Regelung in den kommenden zehn Jahren etwa 650 Milliarden Dollar (606 Milliarden Euro) weniger ausgeben könnte. McCarthy sprach von «historischen Ausgabenkürzungen», zu denen keine neuen Steuern oder Regierungsprogramme hinzukämen.

Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen stemmten sich die Republikaner. Sie hatten Biden bei den Verhandlungen im Gegenzug für eine Erhöhung der Schuldengrenze zu Einsparungen etwa im sozialen Bereich gedrängt. So forderte McCarthy etwa, dass Menschen, die bestimmte soziale Leistungen erhalten, im Gegenzug einem Job nachgehen müssten. In diesem Punkt sollen sich die Republikaner Medienberichten zufolge durchgesetzt haben.

In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Mittlerweile ist dieser Schuldendeckel von rund 31,4 Billionen US-Dollar erreicht und das Finanzministerium muss die Kapitalreserven anzapfen. Für eine Anhebung der Schuldenobergrenze brauchen Biden und seine Demokraten die Republikaner im Kongress.

Eine Zustimmung am Mittwoch im Repräsentantenhaus gilt zwar als wahrscheinlich, aber nicht als garantiert. Die Situation in der Kammer ist besonders verfahren, weil die Republikaner nur eine sehr knappe Mehrheit haben. In der Fraktion sitzen auch radikale Abgeordnete, die kein Interesse an einem realistischen Kompromiss zeigen. McCarthy ist zu Beginn des Jahres erst nach einem historischen Wahlchaos von seiner Fraktion zum Vorsitzenden gewählt worden. Das hatte seine Position enorm geschwächt.

Der Streit um die Schuldengrenze ist eine große Bewährungsprobe für McCarthy, bei der er für seine Partei Ergebnisse liefern muss. Dabei muss es ihm auch gelingen, einige Radikale hinter der Einigung zu versammeln, um eine möglichst breite Mehrheit in seiner Partei zu haben. Wäre er bei einer Abstimmung auf besonders viele Stimmen der Demokraten angewiesen, weil seine Parteikollegen sich quer stellen, würde ihn das weiter schwächen. Beim Sender Fox News gab sich McCarthy dabei zuversichtlich: «Ich denke, dass die Mehrheit der Republikaner für diesen Gesetzentwurf stimmen wird», sagte er. Präsident Biden habe dem Text auch zugestimmt, «daher denke ich, dass auch viele Demokraten dafür stimmen werden.»

Der monatelange Streit hatte die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Wenn es zu diesem nun zunehmend unwahrscheinlichen Fall käme, könnte eine folgende globale Finanzkrise einen starken wirtschaftlichen Abschwung auslösen. Die USA wären dann nicht mehr in der Lage, einen Großteil ihrer Rechnungen zu begleichen - Millionen Menschen würden in der Folge wohl ihre Jobs verlieren.

Der Streit hatte zwischenzeitlich sogar die Kreditwürdigkeit der USA bedroht. Die Ratingagentur Fitch behielt am Mittwochabend (Ortszeit) für die weltgrößte Volkswirtschaft zwar das Top-Rating «AAA» bei, senkte den Ausblick aber auf «negativ», so dass eine Abstufung drohen könnte. Der Streit hatte auch einen Schatten auf Bidens Reise zum G7-Gipfel nach Japan geworfen. Biden verhandelte während des Trips weiter. Immer wieder hatte er betont, dass es schon 78 Mal in der US-Geschichte geglückt sei, einen Zahlungsausfall zu verhindern.

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David Ender 29.05.23 12:10
Es gibt zwei Arten von "Markooekonomie-Experten"
Die einen stehen ganz real in der Wirtschaftswelt und riskieren mit ihren Analysen und Prognosen tatsaechlich echte Werte. Jede Fehleinschaetzung kostet ihnen oder ihren Anlagekunden womoeglich ihre Existenz. Die Entscheidungen dieser Spieler im Markt schaffen die messbare Realitaet, welche wir etwa an der extrem niedrigen Verzinsung von US-Anleihen (3.38% aktuell) messen koennen. Soweit die Realitaet - geschaffen von realen Subjekten, ihre realen Vermoegen riskierend. Und dann gibt es die zweite Art von "Experten". Das sind jene, die ich bereits in den 1990ern Jahren als VWL-Studenten im kratzigen Lamapullover kennenlernen konnte: Diese "kapitalismuskritischen", amerikafressenden und von ganz realen Vermoegen Lichtjahre entfernten Marxismusprediger, versprechen uns seit Jahrzehnten den Zusammenbruch des Dollars, "Amerikas" und des Kapitalismus insgesamt. Seit 150 Jahren warten ja alle darauf. Das einzige was seitdem passiert ist - die Kommunisten haben den Turbokapitalismus eingefuehrt um sich ueber Wasser zu halten, Putins Oligarchen haben ihre Dollars in Panama geparkt und in China lacht der rote Kaiser Mao Tse-Tung von den sich im groessten Pyramidenspiel der Welt tuermenden Yuans herunter. Konsequenzen fuer die falschen Propheten?: Null. Sie haben ja selber nie was riskiert. Amuesant: Ich sammle SPIEGEL-Titelseiten zum"Untergang Amerikas". Diese stapeln sich seit nunmehr 40 Jahren. Das einzige was seitdem stetig kollabiert ist Deutschland. Zum Schieflachen!
michael von wob 29.05.23 10:30
@ Joe
Keine Sorge , die Kohle geht nie aus. Davon abgesehen ..googelt nach überschuldeten Staaten weltweit und man kann auf der Weltkarte sehen.........die Probleme sind unterhalb des Äqutors , außer Australien. Die USA ist und bleibt die stärkste Wirtschafts und militärische Macht auf der Erde , ob es euch paßt oder nicht und das ist gut so !
Peter Joe 29.05.23 10:10
US Militaer
Auch das US Militaer weltweit auf ueber 800 Auslandposten verteilt kriegt kein Sold mehr wenn der Zaster ausgeht, sehr interessant wird das noch.
David Ender 29.05.23 09:30
Wie Nichtoekonomen vom "Untergang" traeumen ...
Nicht der Staat USA ist pleite, sondern der Staatsapparat hat das unter Checks and Balances als harten Betrag (!) definierte Schuldenlimit erreicht und bekommt dann regelmaessig vom Kongress eine Erhoehung bewilligt. Routine so alle zwei Jahre. Idealerweise im Rahmen der Geldausweitung. Angesichts von realem Wachstum und Inflation waere das ad infinituum Fortschreiben eines Absolutbetrags ja auch eine reale Entschuldung. Der US-Staatsapparat ist im Gegensatz zu fast allen EU-Staaten sehr schlank und die Oekonomie ebenso dynamisch wachsend wie innovativ. Bei einer aehnlichen Abgabenquote wie da drueben, waeren fast alle EU-Staaten uebermorgen zahlungsunfaehig. Daher - und wegen der Dynamik der Oekonomie - sind US-Staatsanleihen weit oben an der Spitze der Finanzanlagen. Mit niedrigster Verzinsung. Gehalten von praktisch allen Staaten der Welt, allerding - Ueberraschung und entgegen aller Propaganda da draussen - sind die Anleihenhalter ganz ueberwiegend Amis selbst. Entscheidend ist eben was den Schulden entgegensteht: Investitionen, Vermoegen, Know-How, usw. Frage: Was steht den heimlich wachsenden Schulden von Frankreich, Italien oder Belgien entgegen? Oder dem Schuldenturm in China? Alljene die hier stattdessen an Yuans oder Rubel glauben, glauben wohl noch an Marx' versprochenen "Untergang des Kapitalismus". Nunja - einfach weiter die Luft anhalten und im "Kapital" schmoekern. Nochmal 150 Jahre Genossen, dann ist es soweit! :-)
Peter Joe 29.05.23 08:00
USD $
Die USA koennen nicht einmal mehr die Zinsen fuer ihre Kredite bezahlen. Also sind sie jetzt Pleite. Sie wollen nut noch Krieg mit Russland und China und Deutschland ist wieder mitten drinnen.
Jürgen Franke 28.05.23 15:10
Herr Kerp, seit 1971 druckt die USA
Dollars ohne Ende. Da der Dollar Weltwährung mußten auch andere Währungen mitziehen. Es wird jedoch. Zur Probelmlösung wird eine digitale Währung eingeführt werden. Der Vortrag von Ernst Wolff zeigt Ihnen den Weg.
Ingo Kerp 28.05.23 12:30
Seit 1960 haben die USA die Schuldenobergrenze insgesamt 78 Mal angehoben. Ist also alles nichts neues, was derzeit abläuft. Beim derzeitigen Schuldenstand von 31,4 Billionen US$ spielt es doch keine Rolle, wenn weiter angehoben wird. Zurückzahlen wird und kann eh keiner die Schulden mehr.