Scholz verteidigt breitere Testpflichten

Vor Kabinettsbeschluss 

Eine Frau hält am Flughafen München in einem Covid-19 Testcenter die Probe von einem Rachenabstrich in den Händen. Foto: Matthias Balk/dpa
Eine Frau hält am Flughafen München in einem Covid-19 Testcenter die Probe von einem Rachenabstrich in den Händen. Foto: Matthias Balk/dpa

BERLIN: Schon ab Sonntag voraussichtlich müssen sich ungeimpfte Urlaubsrückkehrer vor der Einreise nach Deutschland auf Corona testen lassen. Der entsprechende Beschluss soll am Freitag verabschiedet werden - für manche «extrem kurzfristig in der Umsetzung».

Vizekanzler Olaf Scholz hat den für Freitag angestrebten Beschluss zu erweiterten Corona-Testpflichten für nach Deutschland Einreisende verteidigt. «Es geht darum, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu schützen», sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Donnerstagabend in den ARD-«Tagesthemen». Auf Änderungen müssen sich nach einem Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums in diesem Sommer nun vor allem Ungeimpfte einstellen. Es wird erwartet, dass die breiteren Testpflichten am Freitag vom Kabinett beschlossen werden und dann ab Sonntag (1. August) gelten.

Grundsätzlich sollen laut Entwurf künftig alle Einreisenden ab zwölf Jahren über einen negativen Testnachweis, einen Genesenen-Nachweis oder einen Nachweis einer vollständigen Impfung verfügen müssen - egal von wo und auf welchem Weg sie kommen. Bei Einreise aus einem Gebiet mit besorgniserregenden Virusvarianten soll ein Testnachweis nötig sein, Nachweise als Geimpfter oder Genesener sollen dann nicht reichen. Mögliche Schnell- oder PCR-Tests im Ausland sind selbst zu zahlen.

«Wir alle sind es gewohnt, uns testen zu lassen, das tun wir schon seit sehr, sehr langer Zeit», argumentierte Scholz. Viele würden sich ohnehin im Urlaub testen lassen, zum Beispiel weil es für bestimmte Aktivitäten notwendig sei. «Wir müssen vermeiden, dass es jetzt im Herbst wieder zu Situationen kommt wie im letzten Jahr - da hilft uns das Impfen, aber eben auch das Testen.»

Generell sollen die Nachweise bei der Einreise mitzuführen und bei «stichprobenhaften» Überprüfungen durch die Behörden vorzulegen sein, wie es im Entwurf heißt. Kontrollen aller Einreisenden direkt an den Grenzen sind nicht vorgesehen. Reist man mit einem Beförderungsunternehmen wie einer Fluggesellschaft, sollen die Nachweise vor dem Start auf Anforderung vorgelegt werden müssen - so ist es für Flugpassagiere schon bisher. Im grenzüberschreitenden Bahnverkehr soll dies auch während der Fahrt möglich sein.

Der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) vor einem enormen logistischen Aufwand - vor allem personell. «Wir haben über 3.800 Kilometer Landgrenze. Wenn wir sie regelmäßig stichprobenartig kontrollieren sollen, ist das kaum zu meistern.» Es gebe zudem viele ungeklärte Fragen, zum Beispiel auch bei Zügen.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag): «Grundsätzlich begrüßenswert als Maßnahme, aber leider extrem kurzfristig in der Umsetzung.» Dabei hofft er auch auf einen Nebeneffekt: «Vielleicht könnte so mancher, der sich bisher noch nicht hat impfen lassen, auch dadurch noch zur Impfung gebracht werden.»

Die deutsche Exportwirtschaft warnte indes vor einer Testpflicht für Fernfahrer im innereuropäischen Warenverkehr. «Grundsätzlich ist das Bemühen zur Pandemie-Eindämmung nachvollziehbar. Nationale Alleingänge sind jedoch gerade im Güterverkehr der falsche Weg und würden die ohnehin angespannten Lieferketten zusätzlich stressen», sagte der Sprecher des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), André Schwarz, der «Rheinischen Post» (Freitag). «Die kilometer- und tagelangen Staus, die wir bereits erleben mussten, sind noch in lebhafter Erinnerung.»

Corona-Ansteckungen, die wahrscheinlich auf Reisen passiert sind, spielen dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge eine zunehmende Rolle beim Infektionsgeschehen in Deutschland. Das schreibt das RKI in seinem am Donnerstagabend vorgelegten wöchentlichen Lagebericht. Als wahrscheinliche Infektionsländer in den vier betrachteten Wochen vom 28. Juni bis 25. Juli wurden Spanien, die Türkei und die Niederlande am häufigsten genannt, vor Kroatien und Griechenland. Der überwiegende Anteil der Corona-Übertragungen finde allerdings weiterhin innerhalb Deutschlands statt - die Rede ist von mindestens 81 Prozent.

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