Österreich für Reisefreiheit mit Corona-Impfpass

​Vor EU-Sondergipfel 

EU-Konferenz in Brüssel. Foto: epa/Olivier Hoslet / Pool
EU-Konferenz in Brüssel. Foto: epa/Olivier Hoslet / Pool

BRÜSSEL: Das Impfen in der EU geht nur schleppend voran. Nun wollen die Staats- und Regierungschefs mehr Tempo. Und schon nimmt auch die Debatte wieder Fahrt auf, ob Geimpfte Vorteile haben sollen.

Vor dem EU-Videogipfel hat sich der österreichische Kanzler Sebastian Kurz dafür ausgesprochen, mit einem europäischen Corona-Impfpass einfaches Reisen und andere Vorteile zu ermöglichen. Der Impfnachweis sollte am besten auf dem Handy hinterlegt sein, sagte Kurz auf «Bild»-Live. Beim Online-Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs wird allerdings noch keine Entscheidung erwartet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen beraten am Donnerstagnachmittag (ab 15.00 Uhr) über den gemeinsamen Kampf gegen die Pandemie. Dabei geht es insbesondere um die Beschleunigung der Corona-Impfungen und ein Abbremsen der gefürchteten Virusvarianten. Thema soll auch der Streit über verschärfte Grenzkontrollen Deutschlands und anderer Länder sein. Der EU-einheitliche Corona-Impfpass steht ebenfalls auf der Tagesordnung.

Einig sind sich die 27 Staaten aber vorerst nur, dass es einen solchen gegenseitig anerkannten Nachweis geben soll. Angedacht sind eine Datenbank zur Registrierung der Impfungen und ein personalisierter QR-Code für Geimpfte. Umstritten ist, ob mit einem solchen Dokument Vorteile verbunden sein sollen. Deutschland, Frankreich und andere haben Vorbehalte, weil unklar sei, ob Geimpfte das Virus weitergeben. Die Gegner befürchten zudem eine Impfpflicht durch die Hintertür.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments und frühere Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) äußerte sich zurückhaltend. «Wenn sicher ist, dass man nicht angesteckt wird und dass man nicht mehr ansteckt, dann wird sich rein rechtlich die Frage stellen, ob man dann noch die Grundrechte in der Weise einschränken darf», sagte sie dem Südwestrundfunk. Doch sei «diese Diskussion noch etwas verfrüht».

Die FDP-Politikerin Nicola Beer, ebenfalls Vizepräsidentin des EU-Parlaments, fordert hingegen jetzt schon «eine zielgerichtete Debatte über Konzept und Funktion des europäischen Impfzertifikats», wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Kanzler Kurz legte sich bereits fest. «Ich setze mich dafür ein, dass wir in Europa einen Grünen Pass zusammenbringen, wie es ihn in Israel gibt, am besten digital am Handy, wo jeder wieder alle Freiheit zurückbekommt, die wir so sehr schätzen», sagte der ÖVP-Politiker. Neben Geimpften könnten auch jene, die durch eine Covid-Erkrankung immun seien, die «volle Freiheit» wieder bekommen, zudem jene mit einem negativen Test. So könne Reisefreiheit in Europa wieder möglich werden. Er freue sich auf viele Urlauber aus Deutschland in Österreich. Ferienländer wie Griechenland und Zypern machen ebenfalls Druck.

Beim Videogipfel soll es aber vor allem darum gehen, mehr Tempo bei den Impfungen zu gewinnen und den Impfstoffmangel zu beheben. Die Staats- und Regierungschefs wollen über eine schnellere Zulassung der Mittel beraten. Die Produktion und die Lieferungen sollen gesteigert werden. Von den Herstellern erwarte man die Erfüllung von Zusagen, schrieb Ratschef Charles Michel in seinem Einladungsbrief zum Gipfel.

Streitthema sind die verschärften Grenzkontrollen von Deutschland und anderen Staaten. Eigentlich hatten sich die EU-Staaten vor einigen Wochen auf Empfehlungen für ein einheitliches Vorgehen an den Grenzen geeinigt. Deutschland geht jedoch darüber hinaus und hat die Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien oder Österreich verschärft. Bei der EU-Kommission stößt das auf deutliche Kritik, weil Pendler und wichtige Waren an den Grenzen aufgehalten werden und der Binnenmarkt leiden könnten. Auch die Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner kritisierte: «Die Bundesregierung muss endlich aufhören mit nationalen Alleingängen und europäisch handeln.»

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