Viele Tücken auf dem Weg zum Frieden

Foto: epa/Yonhap
Foto: epa/Yonhap

SEOUL (dpa) - «Schweizer» Rösti für den Diktator aus dem Norden und Backfisch sollen für gute Atmosphäre sorgen. Für beide Koreas bietet sich eine Chance zur Aussöhnung auf ihrer geteilten Halbinsel. Aber wie ernst meint es Kim mit dem Abbau des Atomprogramms?

Es steht viel auf dem Spiel, wenn sich Südkoreas Präsident Moon Jae In am Freitag zum ersten Mal mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un trifft. Es ist das dritte gesamtkoreanische Gipfeltreffen seit der Teilung der ostasiatischen Halbinsel 1945 und das erste seit mehr als zehn Jahren. Erstmals betritt ein nordkoreanischer Staatschef südkoreanischen Boden. Die Gespräche finden im Grenzort Panmunjom statt.

Vom Erfolg oder Misserfolg ihres historischen Treffens wird zum großen Teil auch der Ausgang der geplanten Begegnung Kims mit US-Präsident Donald Trump in wenigen Wochen abhängen. Der Druck auf Moon wächst also, konkrete Zusagen von Kim zur Denuklearisierung zu erhalten. Auf dem Weg zur atomwaffenfreien Halbinsel lauern aber zahlreiche Tücken.

Wie läuft das Treffen ab?

Der protokollarische Ablauf des Gipfels ist präzise geplant und gründlich durchgeprobt worden, nichts wird dem Zufall überlassen. Selbst der Tisch, an dem verhandelt werden soll, und die Speisen beim abendlichen Bankett haben symbolische Bedeutung.

Nach dem Übertreten der militärischen Trennlinie in Panmunjom wird Kim nach Angaben von Moons Stabschefs per Handschlag um 9.30 Uhr (2.30 Uhr MESZ) vom südkoreanischen Präsidenten in Empfang genommen und anschließend auch von einer Ehrengarde begrüßt werden. Bei den offiziellen Gesprächen im eilig renovierten Friedenshaus in Panmunjom werden Moon und Kim 2018 Millimeter - der Jahreszahl entsprechend - voneinander entfernt sitzen. Die Form soll auch symbolisch die Aufhebung der Trennung beider Seiten demonstrieren.

Später sollen beide Staatschefs unter anderem eine Pinie an der Demarkationslinie pflanzen, die beide Länder seit 65 Jahren trennt. Ein von 1953 stammende Baum soll das Jahr symbolisieren, in dem das Waffenstillstandsabkommen zur Beendigung des Korea-Kriegs (1950-53) unterzeichnet wurde.

Die Speisefolge am Abend umfasst kalte Nudeln von einem Restaurant in Pjöngjang sowie Reis und Meeresfrüchte aus den Heimatorten Moon Jae Ins sowie der früheren liberalen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung und Roh Moo Hyun, die zu den ersten beiden Korea-Gipfeln 2000 beziehungsweise 2007 den Norden besucht hatten. Gebackener Petersfisch soll Moon an seine Heimatstadt Busan, Rösti den Gast aus Nordkorea an dessen Zeit an einer internationalen Schule in der Schweiz erinnern.

Um was geht es bei dem Treffen?

Die Denuklearisierung, die Schaffung eines dauerhaften Friedens und Fortschritte in den bilateralen Beziehungen: Das sind die Themen, die Südkoreas Regierung bei dem eintägigen Gipfel vorbringen will. Von Kim heißt es, dass er offene Gespräche bevorzuge.

Südkorea verlangt wie der Verbündete USA prinzipiell von Nordkoreas Führung, ihr Programm für Kernwaffen und Raketen mit Atomsprengköpfen «vollständig, überprüfbar und unumkehrbar» aufzugeben. Südkoreas Außenministerin Kang Kyung Wha umriss die Mindesterwartung: Das Treffen sei der Ort, an dem Kim seinen Willen zur Denuklearisierung bekräftigen könne. Zudem will Südkorea über ein Friedenssystem reden, das den fragilen Waffenstillstand ersetzen soll. Die Frage der Wiedervereinigung will Moon erst einmal zurückstellen, obwohl sie Fernziel bleibt.

Warum findet das Treffen jetzt statt?

Bis 2007 war Nordkorea zumindest auf dem Papier bereit, auf Atomwaffen zu verzichten. Doch in den Jahren darauf verschärfte sich der Konflikt wieder. Unter Kim Jong Un, der seit Ende 2011 der starke Mann in Pjöngjang ist, unternahm Nordkorea vier von bisher sechs Atomversuchen und etliche Raketentests. Kim will, dass sein Land als Atommacht anerkannt wird.

Anfang dieses Jahres überraschte Kim mit einer Charmoffensive in Richtung Südkorea. Die Annäherung wurde durch Nordkoreas Teilnahme an den Olympischen Winterspiele in Südkorea im Februar verstärkt, beide Seiten einigten sich auf den Gipfel. Zudem zeigte sich Kim zu einem Treffen mit dem US-Präsidenten bereit. Der Korea-Gipfel gilt somit auch als eine Art Vorlauf für die Begegnung Kims mit Trump

Wo liegen die Tücken?

Jahrelang hat Nordkorea seine Ressourcen vor allem auf das Atomprogramm verwendet. Kims Charmeoffensive rief daher viel Skepsis hervor. In der vergangenen Woche beschloss Nordkorea einen Teststopp für Atomwaffen und Langstreckenraketen. Doch ließ die Führung offen, ob sie zur kompletten Denuklearisierung bereit sei.

Kim dürfte nach Ansicht von Experten bestrebt sein, sein Land aus den Fesseln internationaler Sanktionen zu befreien. Nur muss die Annäherung eben so erfolgen, dass der Machthaber, der bisher eine harte Linie im Atomstreit verfolgt hat, nicht sein Gesicht verliert. Pjöngjang deutete an, dass die Denuklearisierung «synchrone» Maßnahmen, sprich Sicherheitsgarantien, eine Aufhebung der Sanktionen und einen Friedensvertrag, erfordern werde. Die USA wollen vor allem zuerst konkrete Abrüstungsschritte sehen.

Noch immer gelten die Motive Kims als nicht durchschaubar. «Ein Grund könnte die Furcht vor einem Zusammenbruch sein», sagt der Experte Lee Sang Hyun vom südkoreanischen Sejong-Institut. Aber Kim könne auch genug Selbstvertrauen haben, wenn er das Atomprogramm als vollendet betrachte. Die Treffen Kims mit Moon und Trump sieht der Experte gleichwohl als «Jahrhundert-Chance». «Doch wichtig ist, wie sie mit den Differenzen beim Thema Denuklearisierung umgehen.»

Was macht Trump?

Er ist eifrig bemüht, seinem Gipfel mit Kim von vornherein eine historische Dimension beizumessen. Immer wieder betont er, dass keiner seiner Vorgänger so weit gekommen sei. Entschieden verwahrte Trump sich gegen die Idee, er habe Kim zu viele Zugeständnisse gemacht. Auf Twitter erklärte er, Nordkorea habe sich zur Denuklearisierung bereit erklärt. Er nannte Kim einen «sehr ehrenwerten» Mann, dabei hatte er ihn in mehreren Reden für die schlechte Menschenrechtslage in dem Land verteufelt.

Dann wiederum sagte Trump, er würde vom Tisch aufstehen und das Treffen verlassen, sollte er mit dem Verlauf nicht einverstanden sein. Die «New York Times» berichtete, dass manche Regierungsmitarbeiter sich sorgten, Trump könne so sehr einen historischen Deal wollen, dass er sich womöglich von Nordkorea über den Tisch ziehen lassen werde und die Vereinbarung kein Bekenntnis zur Denuklearisierung enthalte.

Was macht seine Regierung?

Sie ist bemüht, einen Rahmenplan für den Gipfel zu umreißen. Das Weiße Haus verlangte von der Führung in Nordkorea konkrete Schritte zum Abbau von Atomwaffen, ehe amerikanische Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden könnten. Denuklearisierung bleibe das Ziel, erklärte Trumps Sprecherin Sarah Sanders.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.