STRAßBURG/KÖLN (dpa) - Islamistische Radikalisierung im Gefängnis wie sie offenbar beim Attentäter von Straßburg stattfand, ist nach Expertenansicht auch in Deutschland ein ernstzunehmendes Problem.
Die Gefängnisse seien «Brutstätten für Radikalisierung», sagte der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), René Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Der mutmaßliche Attentäter von Straßburg soll sich im Gefängnis islamistisch radikalisiert haben. Er war auch in Deutschland inhaftiert gewesen. Er tötete bei dem Terroranschlag vor einer Woche fünf Menschen, zahlreiche weitere wurden verletzt.
Zahlen gebe es nicht, sagte Müller. Die Dunkelziffer ist nach seiner Einschätzung aber deutlich höher als bisher angenommen. Grundsätzlich laufe jeder Straftäter Gefahr, radikalisiert zu werden, wenn er auf die falschen Leute treffe, «die ihren Glauben in extremem Gusto auf geschickte Weise vermitteln.» In den Justizvollzugsanstalten gebe es besonders viele labile Personen aus zerrütteten Verhältnissen, denen gesellschaftliche Anerkennung verwehrt bleibe - sie seien besonders anfällig für das Werben der Islamisten.
Im Justizvollzug als «elementarem Sicherheitsbestandteil» brauche es mehr Ressourcen und Schulung für JVA-Bedienstete, um eine Radikalisierung besser zu erkennen und zu vermeiden. Auch für die bekannten rund 170 islamistischen Gefährder in Gefängnissen gibt es laut BSBD «keinen adäquaten Plan, wie man mit denen umgeht.»