EUGENE: Gelingt Speerwerfer Julian Weber der große Wurf und der Gewinn der ersten WM-Medaille für Deutschland? Das Finale erreichte er mühelos. Das Coronavirus setzte Medaillenanwärter und Geher Christopher Linke matt. Die Angst davor versetzte Lauftalent Mohamed Mohumed in Panik.
Speerwerfer Julian Weber will das deutsche Leichtathletik-Team erlösen und endlich für die ersehnte erste WM-Medaille in Eugene sorgen. «Mache ich, auf jeden Fall», versprach der 27 Jahre alte Mainzer beschwingt und selbstbewusst. Die Qualifikation hakte er am Donnerstag (Ortszeit) im ersten Versuch mit 87,28 Metern und jener Leichtigkeit ab, die seinen Nationalmannschaftskollegen nach trost- und erfolglosen WM-Tagen bisher fehlte.
«Es hat sich total leicht angefühlt, das hat Spaß gemacht. Ich mache mein Ding», sagte der Olympia-Vierte und WM-Sechste, der es nun im Finale in der Nacht zum Sonntag (3.35 Uhr MESZ/ZDF) wissen und endlich auf das Siegerpodest schaffen will. «Vollgas» will Weber geben - und nicht nur das: «90 Meter und eine Medaille ist mein Ziel.» An die Weiten-Barriere der Speerwerfer hat er sich in diesem Jahr schon mit 89,54 Metern herangekämpft. Favoriten sind Titelverteidiger Anderson Peters aus Grenada und der indische Olympiasieger Neeraj Chopra. Peters warf in der Qualifikation 89,91 Meter weit, Chopra kam auf 88,39 Meter.
Der in Berlin lebende Weber genießt es nach den Jahren im Schatten der bei der WM verletzt fehlenden großen Werfer Johannes Vetter und Thomas Röhler, endlich im Rampenlicht zu stehen. «Das ist eine schöne Situation, auch mal vorne zu stehen», bekannte Weber, der die WM-Teamkollegen nach Pleiten am laufenden Band in Schutz nahm: «Jeder gibt sein Bestes in der Situation.» Dies versuchte auch der EM-Zweite Andreas Hofmann, der aber mit drei ungültigen Versuchen ausschied. Er begründete das deprimierende Aus mit Rückenproblemen: «In zwei Wochen haben sich zwei Wirbel verdreht.»
Überhaupt setzte sich die Pech- und Pleiten-Serie ohne Medaillen und bisher nur einem Top-Acht-Platz auch am siebten Wettkampftag abseits von Weber fort. Deutschlands Lauftalent Mohamed Mohumed ging im Vorlauf über 5000 Meter die Puste aus. Nachdem der 23-Jährige aus Dortmund anfangs noch in der Spitzengruppe mithalten konnte, verließen ihn die Kräfte. Er landete abgeschlagen nach 13:52,00 Minuten auf dem insgesamt 33. Platz.
«Morgens, als ich aufwachte, ging es mir nicht so gut», sagte Mohumed, der daraufhin etwas Panik bekam. «Ich hatte zuvor engen Kontakt zu meinem Trainer, der positiv getestet worden war», berichtete er. Mit großer Unsicherheit ging er deshalb ins Rennen. «Man stellt sich an die Startlinie, weil es das größte Leichtathletik-Ereignis der Welt ist. Wenn man qualifiziert ist, will man auch laufen», meinte Mohumed, der nach dem WM-Start Entwarnung bekam: Ein Corona-Test fiel negativ aus, wie der deutsche Verband mitteilte. Ins Finale eingezogen ist dagegen der Frankfurter Sam Parsons, der in 13:24,50 Minuten auf den 14. Platz kam.
Kein Glück hatte Geher Christopher Linke bei dieser WM. Nach seinem Ausstieg über 20 Kilometer erwischte ihn nun das Coronavirus, so dass er am Sonntag nicht mehr über 35 Kilometer antreten kann. «Ich bin natürlich megaenttäuscht, aber ich kann es nicht ändern», sagte der WM-Fünfte von 2019 und -Vierte von 2017. «Mir fehlt einfach immer wieder das nötige Glück zu der Medaille.»
Das bisher extrem schlechte Abschneiden der Asse des Deutschen Leichtathletik-Verbandes stimmt den Ex-Präsidenten Clemens Prokop nachdenklich. «Medaillen zu gewinnen ist manchmal Glück. Das sehe ich nicht so dramatisch», sagte er. «Nachdenkenswert ist, dass wir so gut wie keine Endkampfplatzierungen haben.» Dies sei stets ein strategisches DLV-Ziel für eine WM gewesen. Angesichts der zahlreichen Absagen von Medaillenkandidaten wie Vetter oder Christin Hussong sei aber nicht zu viel erwarten gewesen: «Wir wussten deshalb, dass es nicht die beste WM aller Zeiten werden würde.»
Dafür gehörten die beiden spektakulären 200-Meter Finals zu den schnellsten der Geschichte. Shericka Jackson in der zweitbesten jemals gestoppten Zeit und Noah Lyles mit überragenden 19,31 Sekunden holten im Höchsttempo jeweils Gold. Nur Weltrekordhalterin Florence Griffith-Joyner war mit ihren 21,34 Sekunden bei den Frauen jemals schneller als die Jamaikanerin Jackson, die nach 21,45 Sekunden ins Ziel kam. Titelverteidiger Lyles rannte die viertbeste jemals über diese Distanz gestoppte Zeit. Usain Bolts Weltrekord von 19,19 Sekunden blieb aber noch unerreichbar. «Ich habe endlich tun können, wovon ich seit Jahren geträumt habe», sagte Lyles, der Michael Johnson als amerikanischen Rekordhalter ablöste.