Völkermord in Ruanda: Zugriff auf Mitterands Präsidialarchiv gewährt

Francois Mitterand regierte im Hauptquartier der sozialistischen Partei, in Paris. Foto: epa/Christophe Petit Tesson
Francois Mitterand regierte im Hauptquartier der sozialistischen Partei, in Paris. Foto: epa/Christophe Petit Tesson

PARIS: Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht hat einem Forscher zum Völkermord in Ruanda Zugriff auf das Präsidialarchiv von Francois Mitterand gewährt. Der Forscher habe ein legitimes Interesse daran, diese Archive zu konsultieren, um zu seiner historischen Forschung beizutragen und so die Debatte über eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse zu beeinflussen, erklärte der Staatsrat am Freitag. «Der Schutz von Staatsgeheimnissen muss gegen das Interesse abgewogen werden, die Öffentlichkeit über diese historischen Ereignisse zu informieren.»

Zu den Archiven über Ruanda aus den Jahren 1990-1995 gehören von Beratern des Präsidenten verfasste Notizen und Protokolle von Regierungssitzungen. Sie unterliegen eigentlich einer Sperrfrist von 60 Jahren. Dem Forscher war der Einblick in die Archive vom Kultusministerium zunächst verwehrt worden.

Das Gericht merkte außerdem an, dass die Einsichtnahme bereits im Zusammenhang mit früheren Forschungsarbeiten genehmigt worden war. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte bereits 2019 eine Kommission berufen, um die Rolle Frankreichs bei dem Genozid untersuchen zu lassen.

Innerhalb von nur rund 100 Tagen töteten 1994 Vertreter der Hutu-Mehrheit rund 800.000 Angehörige der Tutsi-Minderheit sowie gemäßigte Hutu. Das Massaker wurde beendet, als die im Exil von Tutsi gegründete Ruandische Patriotische Front (RPF) mit dem heutigen Präsident Paul Kagame an der Spitze aus Uganda einmarschierte.

Frankreich wird immer wieder vorgeworfen - auch von Kagame - eine aktive Rolle bei der Vorbereitung und Ausführung des Völkermords gespielt zu haben. Beide Länder hatten in der Vergangenheit zwischenzeitlich ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen, sich gegenseitig Mitverantwortung für den Genozid vorgeworfen und komplexe juristische Verfahren eingeleitet.

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