Viele Tote bei zwei Anschlägen und Gefechten

Foto: epa/Hedayatullah Amid
Foto: epa/Hedayatullah Amid

KABUL (dpa) - Einem Abkommen über Wege zu Frieden in Afghanistan zwischen den USA und den Taliban soll nur der Segen des US-Präsidenten fehlen. Dennoch setzen die Islamisten ihre Angriffsserie fort. Auch ausländische Soldaten kommen dabei um.

Die radikalislamischen Taliban setzen ihre Angriffswelle in Afghanistan fort: Bei zwei Autobombenanschlägen in der Hauptstadt Kabul und in der östlichen Provinzhauptstadt Pul-i-Alam sind Behördenangaben zufolge am Donnerstag mindestens 16 Menschen getötet worden, darunter zwei Nato-Soldaten. In der Nacht zu Mittwoch kamen zudem in der nördlichen Provinzhauptstadt Pul-e Chumri 33 Zivilisten und Sicherheitskräfte bei Gefechten um, wie erst am Donnerstag bekannt wurde.

Am Donnerstagmorgen detonierte zuerst im Zentrum Kabuls ein mit Sprengstoff beladener Minibus bei einem Kontrollposten, der mit Kräften des afghanischen Geheimdienstes NDS, der Polizei und Armee besetzt war. Dabei kamen laut Innenministerium mindestens zehn Zivilisten ums Leben, weitere 42 seien verletzt worden.

Zudem wurden am Donnerstag ein rumänischer und ein US-Soldat in Kabul getötet, teilte die Nato-Mission «Resolute Support» mit. Während «Resolute Support» keine weiteren Details bekanntgab, hieß es aus dem rumänischen Verteidigungsministerium, der rumänische Soldat sei in der Nähe des Attentats ums Leben gekommen, als er gerade mit einer Patrouille unterwegs war.

Der Soldat ist der zweite in Afghanistan getötete rumänische Staatsbürger in dieser Woche. Bei einem Autobombenanschlag am Montag in Kabul auf eine Ausländersiedlung war ein Mitglied des diplomatischen Korps der rumänischen Botschaft ums Leben gekommen. Mit dem heute getöteten US-Soldaten sind seit Jahresbeginn 16 US-Soldaten in Afghanistan ums Leben gekommen.

In unmittelbarer Nähe des Kontrollpostens befinden sich Einrichtungen des Geheimdienstes sowie das Hauptquartier der Nato-Mission «Resolute Support». Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Ihr Sprecher Sabiullah Mudschahid teilte über WhatsApp mit, die Autobombe sei detoniert, als ein Konvoi mit Ausländern die Stelle passiert habe.

In der Hauptstadt der östlichen Provinz Logar detonierte am frühen Donnerstagnachmittag (Ortszeit) ein mit Sprengstoff beladener Klein-Lkw, als ein Konvoi mit Spezialkräften in eine Militärbasis zurückkehren wollte. Dabei seien mindestens vier Zivilisten getötet und weitere elf verletzt worden, sagte der Kommandeur der Militärbasis. Die Taliban bekannten sich auch zu diesem Angriff.

In der Provinz Baghlan dauern die Gefechte gegen Taliban-Kämpfer weiter an. Am Sonntag hatten diese versucht, die Provinzhauptstadt Pul-e Chumri zu überrennen. In der Nacht zu Mittwoch seien im Zuge der Kämpfe mindestens 33 Zivilisten und Sicherheitskräfte getötet worden, teilten zwei Provinzräte am Donnerstag mit.

In der östlichen Stadt Dschalalabad wurden darüber hinaus vier Männer von Spezialkräften des Geheimdienstes getötet. Diese seien Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gewesen, hieß es vom NDS. Familienangehörige sagten gegenüber lokalen Behördenvertretern allerdings, die vier Brüder hätten keine IS-Verbindungen. Rund 400 Menschen brachten die Leichen der Brüder vor das Gebäude des Provinzrates und hielten eine Demonstration ab.

Mit den beiden Autoanschlägen am Donnerstag haben die Taliban innerhalb von fünf Tagen fünf großangelegte Angriffe durchgeführt.

Gleichzeitig führen die Islamisten seit dem Vorjahr Gespräche mit den USA über eine politische Beilegung des fast 18 Jahre dauernden Konflikts. Der US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad sagte am Montag, man habe sich «grundsätzlich» auf ein Abkommen geeinigt.

Die «grundsätzliche» Einigung zwischen den USA und den Taliban sei aber erst endgültig, wenn sich US-Präsident Donald Trump damit einverstanden erkläre, sagte Khalilzad. Sollte Trump zustimmen, könne das Abkommen in den kommenden Tagen verkündet werden. Bei den Gesprächen geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. In der Folge sollen innerafghanische Friedensgespräche geführt werden.

Dem afghanischen Militärexperten Mohammada Gul Mudschahid zufolge sehen die Taliban militärische Gewinne als wichtiges Druckmittel in den Gesprächen mit den USA. Die Botschaft an die USA sei: Obwohl wir mit euch sprechen, können wir Städte überfallen und großangelegte Angriffe ausführen. «Und die Botschaft an die afghanische Bevölkerung ist: Wenn ihr uns nicht akzeptiert, werden wir euch alle abschlachten», sagte Mudschahid.

Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte der Deutschen Presse-Agentur, es stimme, dass man an der Schwelle zu einem Abkommen mit den USA stehe. Aber es sei noch nicht unterzeichnet. Wenn dem so sei, werde man sich an die Inhalte halten. Zudem seien die Taliban-Angriffe Reaktionen auf die andauernden Nacht-Einsätze und Luftangriffe durch die Regierungskräfte und ihre Verbündeten. Zuletzt war die Zahl der getöteten Zivilisten durch diese Luftangriffe und nächtlichen Operationen signifikant gestiegen.

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