Viel Komfort mit Datenschutzrisiken

​Nicht alle Funktionen von Smart-TVs sind nützlich – und erst recht nicht sicher

Jeder hochwertigere Fernseher ist inzwischen ein Smart-TV. Die Geräte streamen Inhalte aus dem Netz, verbinden sich mit mobilen Geräten und werden zu Steuergeräten für das Smart-Home. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn
Jeder hochwertigere Fernseher ist inzwischen ein Smart-TV. Die Geräte streamen Inhalte aus dem Netz, verbinden sich mit mobilen Geräten und werden zu Steuergeräten für das Smart-Home. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Die Zahl der internetfähigen Fernseher nimmt zu. Filme oder Sendungen in den Mediatheken schauen, wann man will, oder die Bilder vom Smartphone auf dem großen TV-Display anschauen - die Geräte bieten viele Annehmlichkeiten. Aber eben nicht nur.

In fast der Hälfte aller deutschen Haushalte (46 Prozent) stand im Mai 2018 ein Smart-TV. Das hat eine Umfrage des Branchenverbands gfu ergeben. Der Anteil dürfte inzwischen weiter gewachsen sein. Doch was fängt man mit dem Gerät an? Welche Apps und Funktionen bringen etwas? Und wie viel gibt man bei der Nutzung von sich preis? Antworten auf solche Fragen sucht das Institut für Rundfunktechnik (IRT), das neue Technologien für die öffentlich-rechtlichen Sender erprobt.

IRT-Referent Klaus Merkel sieht den Hauptvorteil von Smart-TVs ganz klar in der Möglichkeit, auf einem großen, qualitativ hochwertigen Bildschirm Videos aus dem Internet anzuschauen. „Auch der Komfort ist dabei gegenüber Computer oder etwa Tablet größer.“ Er verweist auf die gewohnte Fernbedienung, mit der sich bequem alles steuern lässt.

Deutliches Wachstum sei bei allen entsprechenden App-Angeboten zu messen, sowohl bei kostenlosem wie auch kostenpflichtigem Video on Demand (VoD), sagt Merkel. Als weitere geeignete Dienste nennt der Experte Nachrichtenportale, Programmführer und Spiele-Apps. Auch auf programmbegleitende Informationen wie Gebärdendolmetscher weist er hin, die allerdings noch wenig genutzt würden.

Für ungeeignet hält Merkel Versuche, Kommunikations-Apps auf den TV-Geräten zu etablieren. „Es fehlt entweder die integrierte Kamera für Bildtelefonie oder eine komfortable Texteingabe.“ Es gebe zwar vereinzelt Fernbedienungen mit erweiterten Tastaturen. Doch auch dies sei zu umständlich. „Eine Chance sind neue Spracheingabekonzepte.“ Aber er ist sich nicht sicher, ob diese nutzungsorientiert genug ausfallen, um Akzeptanz zu finden.

Für Roland Seibt sind es vor allem Video- und Filmangebote, die Smart-TVs attraktiv machen. Dank VoD und Festplattenanschluss könne der Fernseher inzwischen auch den Videorekorder ersetzen, erklärt der Redakteur der Fachzeitschrift „video“.

Partner für „Internet der Dinge“

Für Seibt ist der Smart-TV aber noch mehr. Er sieht ihn als „IoT“-Partner. IoT steht für Internet der Dinge. Und in dem Bereich kann sich der Fernseher als Zentrale bewähren. Das „Spiegeln“ des Bildschirminhalts vom Smartphone auf das TV-Display nennt Seibt ebenso wie die Verbindung zur Sicherheitskamera an der Haustüre.

Dank neuer Sprachassistenten, die bei den höherpreisigen Markengeräten nun vermehrt Einzug halten, qualifiziert er den Fernseher sogar als mögliches, gut funktionierendes Steuergerät für die Hausautomation. „Dann lenkt man etwa auch die Rollläden über den TV per Sprachaufforderung.“

Die vielseitigen Möglichkeiten bergen aber auch Tücken. Viele Informationen können an die genutzten Dienste fließen. Die beiden Fachleute wollen jedoch nicht Alarm schlagen. Sie sind sich einig, dass man bei durchschnittlicher Nutzung eines Smartphones deutlich mehr von sich preisgibt, als es mit dem TV möglich ist. Dennoch ist Aufmerksamkeit angebracht.

Bereits bei den von vielen TV-Herstellern integrierten Empfehlungsautomatismen ist es nach Angaben der Fachleute zwingend notwendig, zu beobachten, welche TV-Programme und Filme man bevorzugt. Wie sehr und ob man schließlich manipuliert wird, bestimmte Filme oder Nachrichten zu konsumieren, bleibt offen: „Man kennt die Algorithmen der jeweiligen Services nicht. Das wird nicht offengelegt“, erklärt Merkel. Er hält es für wichtig, dass TV-Nutzer sich dieser Problematik bewusst sind und „Augen und Ohren offen halten“. Schon allein wegen möglicher technischer Pannen sei kritisches Konsumieren wichtig.

Roland Seibt sieht aber auch Vorteile in dem Prinzip: „Mir ist gezielte und dafür weniger Werbung, die mich dazu noch interessieren könnte, lieber als der übliche Einheitsbrei.“

Protokollierung des Nutzerverhaltens

Man sollte sich bewusst sein: „Auch auf Smart-TVs wird, wie generell im Internet, das Nutzerverhalten in vielen Details protokolliert“, so Merkel. Konkret hängt das von den Geräteherstellern und den genutzten Apps ab. Wem seine Daten lieb sind, sollte jedenfalls sorgfältig die Datenschutzbestimmungen der Dienste lesen.

Noch auf einen weiteren wichtigen Punkt macht der IRT-Experte aufmerksam: „Oft werden Daten ohne Personenbezug gesammelt und kommen in einen großen Topf.“ Etwa, um zu ermitteln, wie oft bundesweit eine bestimmte Sendung in einer Mediathek aufgerufen wird.

Sobald man aber einen Account mit seinem Namen anlegt, sei man nicht mehr anonym. Das gelte es vor allem dann zu berücksichtigen, wenn das TV-Menü gleich während der Erstinstallation dazu auffordert, sich für erweiterte Service- oder Update-Dienste zu registrieren – dann sei das Gerät klar einer Person oder Familie zuzuordnen, so Merkel.

Ein wichtiger Tipp: An keiner Stelle blind zustimmen. Bei der TV-Erstinstallation sollte man seine Haken bewusst setzen und nicht einfach Daten preisgeben. Bei Verweigerung sei es zwar möglich, dass bestimmte Diens-te nicht funktionieren. Über das TV-Menü lassen sich die getroffenen Entscheidungen im Nachhinein aber wieder ändern.

Was auch zu beachten ist: „Wenn man den TV verkauft, sollte man ihn unbedingt auf Werkseinstellungen zurücksetzen, um alle gespeicherten Zugangsdaten zu löschen“, sagt Seibt.

Wer über sein Gerät nur das normale Fernsehprogramm schauen möchte, schließt es einfach nicht ans Internet an. Und gibt damit auch keine persönlichen Daten von sich preis.

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