Vettel-Führung futsch, aber gefühlter «König der Welt» - Hamilton top

Foto: epa/Fabrizio Radaelli
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MONZA (dpa) - Sebastian Vettel ist die WM-Führung erstmals in diesem Jahr los. Er wird beim emotionalen Ferrari-Heimrennen Dritter. Lewis Hamilton ist nun der Mann an der Spitze, er siegt in Monza von Rekordpole aus.

Auf dem Siegerpodium im roten Rauch der bengalischen Feuer durfte sich Sebastian Vettel dann doch noch ein bisschen als Gewinner fühlen. Für Lewis Hamilton hatten die Tifosi nach dem Großen Preis von Italien nur gellende Pfiffe übrig. Ausgerechnet im Ferrari-Mekka Monza entriss der britische Mercedes-Star dem Deutschen mit seinem überlegenen Sieg zum ersten Mal in diesem Jahr die WM-Führung in der Formel 1.

Vettel kam zum 70. Geburtstag von Ferrari beim Großen Preis von Italien am Sonntag nicht über den dritten Platz hinaus. In fließendem italienisch rief er den Tifosi aber noch auf dem Podest mit Blick auf die WM zu: «Wir werden es schaffen.»

Gegen den neuen Pole-Rekordinhaber Hamilton und dessen zweitplatzierten Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas hatte Vettel diesmal keine Chance. Er kam über 36 Sekunden nach Hamilton ins Ziel und hat in der Gesamtwertung nun drei Punkte Rückstand auf seinen Rivalen. «Es war vielleicht ein schwarzer Tag für uns bei der Punkteausbeute und was die Pace angeht, die Leute hier haben mir aber so viel Kraft und Mut gegeben», betonte Vettel. Auf der Auslaufrunde und dem Podium fühle man sich «wie der König der Welt».

Der Herrscher im Königlichen Park von Monza hieß aber mal wieder Hamilton. Seit Samstag ist der 32 Jahre alte Dreifach-Champion alleiniger Pole-Rekordhalter, am Sonntag verteidigte er seine 69. Pole mit für Ferrari erdrückender Souveränität. Als erstem Piloten gelangen Hamilton in der laufenden Saison zwei Siege nacheinander, sieben Tage zuvor hatte er ebenfalls von der Pole Position aus in Spa-Francorchamps gewonnen. «Es ist großartig, zwei Siege nacheinander zu holen. Mit all den Hochs und Tiefs jetzt vorne zu sein, ist toll», sagte Hamilton, der die Pfiffe gegen sich auf dem Podium sportlich nahm: «Ich liebe es hier in Italien. Ich liebe die Leidenschaft der Fans.»

Glücklich und zufrieden waren auch seine Chefs. «Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht», meinte Mercedes-Teamoberaufseher Niki Lauda. «Es war eher ein Problem an deren Auto als Dominanz von uns», befand allerdings Teamchef Toto Wolff mit Blick auf Ferrari.

Vettel büßte binnen zwei Rennen seinen 14-Punkte-Vorsprung ein, mit dem er sich in die Sommerpause verabschiedet hatte. Entsprechend deutlich fielen die Worte von Ferrari-Boss Sergio Marchionne aus. «Wir haben versagt, wir haben Monza unterschätzt. Wir haben das Auto von Belgien bis hierher schlechter gemacht», sagte er, aber man werde zurückkommen. In zwei Wochen wartet mit dem Stadtkurs von Singapur eine Strecke, die dem neuen Ferrari entgegenkommen sollte.

Für Vettel gab es vom Erlöschen der Roten Ampeln an nur ein Ziel: Unbedingte Aufholjagd zur Schadensbegrenzung nach der völlig verkorksten Regen-Qualifikation. Nur dank diverser Strafen rückte der Heppenheimer letztlich noch bis auf Startrang sechs vor. Als es losging, konnte Vettel aber erstmal keine Plätze gut machen. Immerhin: Er hielt sich auch aus möglichen Karambolagen raus auf dem Weg zur Schikane rund 700 Meter nach der Startlinie.

Vettel reihte sich nach acht von 53 Runden auf dem Highspeed-Kurs hinter Hamilton und Bottas ein. Der Finne war mit der Mercedes-Power binnen kürzester Zeit von Startrang vier an Esteban Ocon im Force India und Lance Stroll im Williams vorbeigerast. Am Teamkollegen Kimi Räikkönen fuhr Vettel ohne größere Probleme vorbei, Bottas aber verlor er schnell aus den Augen. Immerhin drohte Vettel keine große Gefahr von hinten. Das auf die Startpositionen zwei und drei gefahrene Red-Bull-Duo Max Verstappen und Daniel Ricciardo hatte wegen Strafversetzungen von den Plätzen 13 und 16 antreten müssen.

Verstappen blieb im Rennen das Pech treu: ein früher Boxenstopp wegen eines platten Reifens machte alle Hoffnungen auf einen der vorderen Plätze beim bereits sechsmal in diesem Jahr ausgeschiedenen Verstappen zunichte. Ricciardo versuchte alles, kam letztlich trotz einer furiosen Fahrt auch nicht an Vettel ran. Hamilton blieb für alle außer Reichweite. Auch für Vettel, der 2008 seinen ersten Grand-Prix-Sieg im Toro Rosso in Monza gefeiert hatte, im Ferrari aber weiter auf den Heimerfolg wartet. Seit 2010 gewann die Scuderia in Monza nicht mehr, dafür gab es von Vettel eine Liebeserklärung: «Danke an alle Tifosi. Ihr seid das beste Publikum der Welt.»

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