Vermieter vergiftet - 23-Jähriger bestreitet Mord-Absicht

Eine Angeklagte (l) sitzt neben ihrem Verteidiger Frank-Eckhard Brand (2.v.l.), ein weiterer Angeklagter (2.v.r.) sitzt zwischen zwei weiteren Verteidigern. Foto: Markus Scholz/Dpa
Eine Angeklagte (l) sitzt neben ihrem Verteidiger Frank-Eckhard Brand (2.v.l.), ein weiterer Angeklagter (2.v.r.) sitzt zwischen zwei weiteren Verteidigern. Foto: Markus Scholz/Dpa

LÜBECK (dpa) - Glaubt man den Angeklagten, sollte es nur ein Streich sein, um dem Vermieter eins auszuwischen. Doch der stirbt qualvoll an einem Giftcocktail. Jetzt stehen drei junge Leute in Lübeck vor Gericht.

Der groß gewachsene Hauptangeklagte wirkt am Boden zerstört. Seinen Kopf hält er meist tief gesenkt. Die grüne Anstaltskleidung aus der Untersuchungshaft lässt ihn hager erscheinen. Nur wenn die Vorsitzende Richterin ihn fragt, blickt er kurz auf und versucht zu erklären, was nicht zu erklären ist: den Giftmord an seinem Vermieter.

Der Prozess um den tödlichen Giftanschlag in Lütjensee (Schleswig-Holstein) beginnt mit dem Geständnis. «Die Tat gestehe ich», sagte der 23-Jährige am Freitag vor dem Lübecker Landgericht. Der Deutsche muss sich wegen heimtückischen Mordes verantworten.

Er soll aus einer mit «Achtung! - E605 Gift - Eine Kappe auf 1 Liter Wasser» beschrifteten Flasche aus dem Besitz des Opfers etwas in dessen angebrochene Portweinflasche geschüttet und diese ins Wohnzimmer zurückgestellt haben. Der 56-Jährige nimmt den tödlichen Schluck daraus am nächsten Morgen, als er von der Nachtschicht zurückkehrt. Er kann noch einen Notruf absetzen, stirbt aber im Rettungswagen.

Er habe «ganz sicher nur einen Tropfen» aus der Giftflasche in den Portwein gegeben, betonte der 23-Jährige auf ungläubige Fragen der Richterin. Dass das nicht stimmen kann, sagt später ein toxikologischer Sachverständiger. Demnach müsste es mindestens die 33- bis 50-fache Menge eines Tropfens gewesen sein.

Er habe aber nicht gewusst, was E605 ist, meint der Hauptangeklagte. Er habe gedacht, es sei ein Schädlingsbekämpfungsmittel für den Außenbereich: «Ich ging von Bauchschmerzen, Durchfall oder Erbrechen aus.» Er wollte dem Vermieter einen Denkzettel verpassen. Sein Tatmotiv: Ärger über den 56-Jährigen, der von ihm Miete wollte, während die zwei Mitbewohner - und jetzigen Mitangeklagten – nichts hätten zahlen müssen.

Zudem habe der Vermieter ihn «verspottet und beleidigt», ihn als Lügner dargestellt und begleitet von drei Bekannten aus der Dachwohnung rausgeschmissen, sagt der Angeklagte. Er rief deswegen die Polizei und kehrte in die Wohnung zurück, während der 56-Jährige zur Nachtschicht fuhr.

Die kleine Flasche mit dem E605 (ein Pflanzenschutzmittel) sei ihm in die Hand gefallen, als er im Wohnzimmer des Vermieters nach dem Mietvertrag gesucht habe. «Ich wollte ihm einen Streich spielen. Er hat mich die ganze Zeit gepiesackt, mich rausgeschmissen, über WhatsApp bedroht.» Eine Tötungsabsicht bestreitet er nachdrücklich: «Ich habe nie gedacht, dass er sterben würde.»

Die beiden Mitbewohner berichteten allerdings, dass der 23-Jährige gesagt habe, er könne den Vermieter aus Wut umbringen, würde auf dessen Grab tanzen und bei seinem Tod eine Hausparty veranstalten. Sie hätten aber nicht geglaubt, dass das ernst gemeint gewesen sei. Auch der 23-Jährige betonte, er habe das einfach so gesagt.

Die Mitangeklagten sind wegen Nichtanzeigens einer Straftat angeklagt. Das junge Paar soll von der Tat gewusst, das Opfer aber weder gewarnt noch die Polizei informiert haben. Sie sind dabei, als der 23-Jährige im Wohnzimmer des Opfers die Flasche präpariert. Was ihr Kumpel da gemixt habe, hätten sie nicht gewusst. Sie hätten zwar drüber nachgedacht, die Flasche zu entsorgen, sie dann aber aus Angst nicht weggenommen. Sie fürchteten sich demnach davor, dass es Ärger mit dem alkoholsüchtigen Vermieter geben könne. Nach ihren Aussagen fragte der Hauptangeklagte sogar nach einer Spritze, um Lebensmittel im Kühlschrank zu präparieren.

Das Urteil könnte Ende September fallen.

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