BERLIN: An deutschen Flughäfen müssen sich Reisende diese Woche erneut auf etliche Ausfälle einstellen. Das Bodenpersonal der Lufthansa legt die Arbeit nieder - nur wenige Tage nach dem letzten Ausstand.
Passagiere der Lufthansa müssen sich in dieser Woche erneut auf hunderte Flugausfälle an mehreren deutschen Airports einstellen. Die Gewerkschaft Verdi hat für Dienstagmorgen das Bodenpersonal der Lufthansa zu einem Warnstreik an den Standorten Frankfurt/Main, München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln-Bonn und Stuttgart aufgerufen. Der bis Mittwochmorgen geplante Warnstreik wird nach Angaben der Lufthansa mehr als 100.000 Fluggäste betreffen. Das Unternehmen arbeite aktuell an einem Sonderflugplan, der zeitnah veröffentlicht werde, teilte der Konzern am Sonntag weiter mit.
Der Ausstand soll am Dienstag ab 4.00 Uhr beginnen und am Mittwoch um 7.10 Uhr enden, teilte Verdi in Berlin mit. Da alle Bodenbeschäftigten von der Wartung bis zur Passagier- und Flugzeugabfertigung zum Warnstreik aufgerufen werden, werde es voraussichtlich zu größeren Flugausfällen und Verzögerungen kommen. Für die nicht «passagiernahen» Bereiche wie Fracht oder Technik gelten laut Verdi abweichende Zeiten.
Laut Lufthansa soll der insgesamt 35-stündige Warnstreik bereits am Montagabend ab 20.00 Uhr unter anderem im Cargo- und Technikbereich beginnen. Erst vor gut eineinhalb Wochen hatte Verdi das Bodenpersonal zu einem 27-stündigen Warnstreik aufgerufen - als Folge fielen 900 Flüge aus. Das waren etwa 90 Prozent aller Flüge.
Hintergrund sind die konzernweiten Vergütungstarifverhandlungen für die laut Verdi rund 25.000 Beschäftigten am Boden - unter anderem bei der Deutschen Lufthansa, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo, Lufthansa Technik Logistik Services, Lufthansa Engineering and Operational Services sowie weiteren Konzerngesellschaften. Lufthansa spricht von rund 20.000 Beschäftigen.
Die Lufthansa kritisierte den Warnstreik, der nun trotz deutlich verbesserten Angebots und vereinbarter Gesprächstermine angekündigt werde. Personalvorstand Michael Niggemann sagte, der weitere Warnstreik belaste sowohl Fluggäste als auch Beschäftigte erneut unverhältnismäßig. «Das ist nicht der Weg, um unserer gemeinsamen Verantwortung für unsere Mitarbeitenden, für unsere Gäste, für eine starke und verlässliche Lufthansa nachzukommen.» Der Ausstand sei besonders bitter, da die nächste Verhandlungsrunde bereits am Mittwoch stattfinde und Lufthansa ein weitreichendes Angebot vorgelegt habe.
Erst an diesem Montag um Mitternacht (23.59 Uhr) endet der dreitägige Pilotenstreik bei der Lufthansa-Tochter Discover. Der Ausstand der Vereinigung Cockpit (VC) hatte am Wochenende zu Flugausfällen in Frankfurt und München geführt. Für diesen Montag hofft das Unternehmen erneut, zwei Drittel sämtlicher Discover-Flüge anbieten zu können. Bei gestrichenen Flügen wollte der Konzern entweder Jets anderer Konzerngesellschaften einsetzen oder die betroffenen Passagiere umbuchen.
Für Montagvormittag hat die Gewerkschaft VC auch Piloten der Muttergesellschaft Lufthansa zu einem Solidaritätsstreik für die Discover-Kollegen aufgerufen. Bestreikt werden über einen Zeitraum von vier Stunden nur Flugzeuge vom Typ Boeing 787, von dem die Lufthansa bislang erst fünf Exemplare besitzt. In dem geplanten Streikzeitraum sind nach Angaben der Airline vier Abflüge potenziell betroffen. Hier sei man aber zuversichtlich, dass diese Abflüge wie geplant erfolgen. Andere Flugzeugtypen sind nicht betroffen.
Zum Tarifkonflikt beim Bodenpersonal teilte Verdi mit, auch in der dritten Verhandlungsrunde sei es zu keiner Einigung gekommen. Das Angebot der Arbeitgeber sei von der großen Mehrheit der Beschäftigten abgelehnt worden. Kritisiert werden demnach die nochmals erweiterten Nullmonate von bislang acht auf nun elf Nullmonate, außerdem die deutlich geringeren Erhöhungen für Bodenbeschäftigte im Vergleich zu anderen Berufsgruppen im Konzern, die Länge der Laufzeit sowie «völlig unbeantwortete Themen». Auch sei der Konzern bislang nicht bereit, den Beschäftigten einen Teil ihres Einkommensverzichts aus der Corona-Pandemie nun in Zeiten von Rekordgewinnen wieder zurückzugeben.
Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky sagte, «die Bodenbeschäftigten fühlen sich einmal mehr vor den Kopf gestoßen». Während der Konzern seinen Piloten mit Jahresgrundeinkommen von bis zu 270.000 Euro hohe zweistellige Vergütungserhöhungen zukommen lasse, sollen die Bodenbeschäftigten mit Einstiegsstundenlöhnen von teils 13 Euro noch nicht einmal die Preissteigerungen der letzten Jahre ausgeglichen bekommen. «Das ist krass unsozial.» Spätestens nach dem letzten Warnstreik hätte das Management zur Einsicht kommen müssen. Doch Lufthansa sei nicht bereit gewesen, über mehr als ihr einziges Angebot zu verhandeln. Neben der Verdi-Forderung nach 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten wird ebenfalls eine zusätzliche Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro gefordert.
Lufthansa betonte, man habe ein «deutlich verbessertes Angebot vorgelegt, das sich am von Verdi erzielten Abschluss im öffentlichen Dienst orientiert». Es sehe mindestens rund 10 Prozent Gehaltserhöhung in 12 Monaten vor sowie eine «zeitnahe Zahlung» von steuerfreien Inflationsausgleichsprämien von 3000 Euro in Summe. Bereits in den vergangenen 18 Monaten seien die Gehälter für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten im Mittel um 11,5 Prozent erhöht worden.