Venezuelas Staatschef Maduro schwört Soldaten auf sich ein

Foto: epa/Handout
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CARACAS (dpa) - Die Rebellion einiger weniger Soldaten war nur ein Strohfeuer - das Militär steht weiterhin treu an der Seite der Regierung. Jetzt setzt der selbsternannte Interimspräsident Guaidó auf Streiks. Welche Pfeile hat er noch im Köcher?

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro hat nach dem gescheiterten Umsturzversuch der venezolanischen Opposition das Militär auf die Verteidigung seiner sozialistischen Regierung eingeschworen. «Die Bolivarischen Streitkräfte stehen vor einer historischen Aufgabe. Soldaten des Vaterlandes: Die Stunde des Kampfes ist gekommen», sagte er am Donnerstag in der Festung Tiuna in Caracas vor Tausenden Soldaten. «Wir müssen das heilige Feuer der militärischen Werte entfachen, um den Imperialismus, die Verräter und Putschisten zu besiegen.»

Am Dienstag hatte der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó einige Soldaten auf seine Seite gezogen und den seit Jahren festgesetzten Oppositionsführer Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit. Allerdings scheiterte sein Versuch, größere Teile der Streitkräfte zum Überlaufen zu bewegen und Maduro aus dem Amt zu fegen. Die Militärführung gelobte dem sozialistischen Staatschef abermals die Treue.

«Wir sind hier, um das Vaterland zu verteidigen», sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino. «Wir stehen treu zur Verfassung, zum venezolanischen Volk und zu Präsident Nicolás Maduro.» Die Soldaten salutierten und riefen: «Immer loyal, niemals Verräter.»

Maduro drohte den an der Rebellion Beteiligten mit harten Konsequenzen. «Alle Sicherheitskräfte suchen nach diesen Putschisten, die isoliert, alleine und besiegt sind», sagte der Staatschef. «Früher oder später werden sie ins Gefängnis kommen und für ihren Verrat bezahlen.»

Am Donnerstag stellte ein Gericht einen Haftbefehl gegen Oppositionsführer López aus. Der Geheimdienst Sebin solle ihn festsetzen und ins Militärgefängnis Ramo Verde bringen, teilte das Strafgericht in Caracas mit. López befindet sichderzeit in der spanischen Botschaft in den venezolanischen Hauptstadt.

Der Gründer der Oppositionspartei Voluntad Popular saß seit 2014 in Haft. Damals waren bei Protesten gegen die Regierung mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen. Ein Gericht verurteilte López wegen Anstachelung zur Gewalt zu fast 14 Jahren Haft. Zuletzt saß der Oppositionsführer im Hausarrest. Zahlreiche Regierungen und Menschenrechtsorganisationen betrachten López als politischen Gefangenen.

Bei den jüngsten Protesten gegen die Regierung kamen nach Angaben der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) mindestens vier Menschen ums Leben, rund 130 wurden verletzt. Regierungsgegner und Sicherheitskräfte lieferten sich zum Teil heftige Auseinandersetzungen. Demonstranten schleuderten Steine und Brandsätze auf die Beamten, Nationalgardisten feuerten mit Tränengas und Schrotmunition auf die Regierungsgegner.

Guaidó rief seine Anhänger dazu auf, ab Donnerstag die Arbeit niederzulegen und schließlich in einen Generalstreik zu treten. Als Zeichen der Zugehörigkeit zur Opposition sollten sie blaue Armbinden tragen. «Wenn das Regime glaubt, wir hätten bereits den maximalen Druck erreicht, dann täuscht es sich», sagte er. «Unsere Opfer waren nicht umsonst. Wir erobern uns Räume zurück und bleiben auf der Straße, bis wir die Freiheit für Venezuela erlangt haben.»

Mit seinem jüngsten Coup hat Guaidó wieder Bewegung in den zuletzt festgefahrenen Machtkampf gebracht. Der junge Abgeordnete hatte sich am 23. Januar selbst zum Interimspräsidenten ernannt und seither vergeblich versucht, einen Machtwechsel in dem südamerikanischen Erdölland zu erzwingen. Die USA, viele EU-Staaten und zahlreiche Länder in Lateinamerika haben ihn zwar als Übergangspräsidenten anerkannt, China, Russland, die Türkei sowie Kuba, Bolivien und Nicaragua hingegen stützen aber weiterhin Maduro.

Die USA und Russland beschuldigen sich gegenseitig, die Krise in Venezuela zu verschärfen. Washington unterstützt seit der ersten Stunde Guaidó und hat die Führungsriege um Maduro mit Sanktionen belegt. Russland wiederum schickte Militärberater zur Unterstützung der regierungstreuen Streitkräfte nach Venezuela.

Ein Telefonat zwischen US-Außenminister Mike Pompeo und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow trug zuletzt kaum zur Entspannung bei. Es werde «drastischste Konsequenzen» zur Folge haben, wenn Washington seine «aggressiven Schritte» in Venezuela fortsetze, hieß es nach dem Gespräch aus Moskau. Das US-Außenministerium wiederum sprach von einer «Intervention» Russlands und rief den Kreml auf, die Unterstützung für Maduroaufzugeben.

Inmitten der Spannungen könnten sich die Kontrahenten nun in der kommenden Woche in Finnland persönlich treffen. Beide Ressortchefs würden am Montag bei einer Sitzung des Arktischen Rates im finnischen Rovaniemi erwartet, hieß es am Donnerstag aus dem US-Außenministerium. Es gebe dort auch die Möglichkeit für ein Gespräch der beiden zu diversen Themen, darunter auch zu Venezuela. Festgemacht sei aber noch nichts.

Bundesaußenminister Heiko Maas sprach sich klar gegen eine militärische Intervention aus. «Wir stellen an vielen Plätzen der Welt fest, dass militärisch gelöste Konflikte in Wahrheit keine gelösten Konflikte sind, sondern nur verschobene Konflikte», sagte er nach einem Treffen mit seinem mexikanischen Kollegen Marcelo Ebrard in Mexiko-Stadt. «Deshalb verfolgen wir nach wie vor das Ziel einer politischen Lösung und keiner militärischen.»

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