Polizistin Minneapolis wegen Mordes angeklagt

Nächtliche Ausgangssperre für Minneapolis

Demonstranten verbrennen ein Arby's Fastfood-Restaurant in der Nähe der Polizei von Minneapolis. Foto: epa/Tannen Maury
Demonstranten verbrennen ein Arby's Fastfood-Restaurant in der Nähe der Polizei von Minneapolis. Foto: epa/Tannen Maury

Acht Minuten und 46 Sekunden drückte der weiße Polizist sein Knie auf den Nacken Floyds - obwohl der Schwarze fast drei Minuten lang kein Lebenszeichen mehr zeigte. Nun wird Anklage wegen Mordes erhoben. Kann das die Wut der Demonstranten eindämmen?

Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in der US-Großstadt Minneapolis wird einer der Beteiligten wegen Mordes angeklagt. Der inzwischen aus dem Polizeidienst entlassene weiße Verdächtige sei unter Mordverdacht verhaftet worden, sagte der zuständige Bezirksstaatsanwalt Mike Freeman am Freitag. Die Untersuchung der anderen drei an dem Einsatz beteiligten Polizisten dauere an.

Bei dem Angeklagten handelt es sich um den Polizisten, der sein Knie minutenlang an den Hals Floyds gedrückt hatte. Floyd hatte mehrfach um Hilfe gefleht, bevor er das Bewusstsein verlor, wie ein Video festgehalten hatte. Der 46-jährige Schwarze wurde bei seiner Ankunft im Krankenhaus für tot erklärt.

Die vier an dem Einsatz beteiligten Polizisten wurden entlassen. Sie waren zunächst aber weder festgenommen noch angeklagt worden, was zu Protesten geführt hatte. In Minneapolis kam es zu friedlichen Demonstrationen, aber auch zu schweren Ausschreitungen. Unter anderem wurde eine Polizeiwache in Brand gesteckt.

In anderen US-Städten kam es ebenfalls zu Demonstrationen, die zum Teil in Gewalt ausarteten. Auch vor dem Weißen Haus in Washington versammelten sich am Freitag Demonstranten. Der Sender CNN zeigte am Freitagabend (Ortszeit) Bilder von Ausschreitungen in Atlanta (Georgia) vor dem Hauptquartier des Senders.

Nach den Unruhen in Minneapolis verkündete der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, eine Ausgangssperre für Minneapolis und die Nachbarstadt St. Paul. Die Ausgangssperre gelte jeweils in der Nacht zu Samstag und Sonntag von 20.00 Uhr (Ortszeit/2.00 Uhr MESZ) bis 6.00 Uhr, teilte Walz mit. Er rief die Menschen in der Region dazu auf, sich daran zu halten - «es ist an der Zeit, unsere Gemeinschaft wieder aufzubauen».

Infolge von Floyds Tod war es in den vergangenen Nächten zu schweren Ausschreitungen in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota gekommen. Geschäfte gingen in Flammen auf, es kam zu Plünderungen. Demonstranten stürmten auch eine Polizeiwache und legten Feuer. Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein.

In dem am Freitag veröffentlichten Haftbefehl für den Ex-Polizisten hieß es, dieser habe sein Knie insgesamt acht Minuten und 46 Sekunden auf den Nacken Floyds gedrückt. In den letzten zwei Minuten und 53 Sekunden habe Floyd keine Lebenszeichen mehr gezeigt. Polizisten müssten auf Basis ihrer Ausbildung wissen, dass diese Art des Festhaltens eines Verdächtigen grundsätzlich gefährlich sei.

Im Haftbefehl hieß es weiter, der Gerichtsmediziner gehe nach vorläufigen Erkenntnissen davon aus, dass Floyd nicht erstickt sei. Der 46-Jährige habe unter anderen gesundheitlichen Problemen gelitten, die gemeinsam mit der Festsetzung und möglichen Rauschmitteln in seinem Blut vermutlich zu seinem Tod geführt hätten. Dem Ex-Polizisten werden Mord und Totschlag vorgeworfen. Ihm drohen nach den Gesetzen in Minnesota insgesamt bis zu 35 Jahre Haft.

Darüber hinaus kündigte US-Justizminister William Barr an, Bundesbehörden wie das FBI würden parallel zu den Ermittlungen der Behörden in Minnesota untersuchen, ob die betroffenen Polizisten Bürgerrechtsgesetze verletzt hätten. Er sei zuversichtlich, dass der Gerechtigkeit im Fall Floyd Genüge getan werde.

Minnesotas Gouverneur Tim Walz sicherte am Freitag zu, dass die Justiz das Vorgehen der Beteiligten schnell untersuchen werde. Der Gouverneur teilte das Entsetzen über den Vorfall. «Das Kapitel, das diese Woche geschrieben wurde, ist eines unserer dunkelsten Kapitel», sagte er. Walz rief Demonstranten eindringlich zum Gewaltverzicht auf. Probleme wie systematischer Rassismus müssten angegangen werden, dies könne aber nicht passieren, solange noch «Anarchie auf den Straßen herrscht», sagte er.

Nach Angaben der Behörden kam es bei den Unruhen in Minneapolis zu einer unbekannten Zahl von Festnahmen. Walz hatte am Donnerstag auch die Nationalgarde mobilisiert und den Notstand für die Stadt und umliegende Gebiete ausgerufen. Die Nationalgarde teilte mit, mehr als 500 Soldaten seien in die Region entsandt worden.

US-Präsident Donald Trump zeigte sich am Freitag zuversichtlich, dass die Nationalgarde weitere Ausschreitungen verhindern werde. Trump sagte im Weißen Haus, er habe mit Angehörigen Floyds gesprochen. «Großartige Leute.» Trump forderte zugleich ein sofortiges Ende der Ausschreitungen. Man könne nicht erlauben, dass die Lage weiter in «Anarchie und Chaos» abgleite, sagte der Präsident. Er sprach von einer «furchtbaren, furchtbaren Situation».

Trump hatte zuvor für eine Kontroverse gesorgt, als er auf Twitter mitteilte: «Habe gerade mit Gouverneur Tim Walz gesprochen und ihm gesagt, dass das Militär ganz an seiner Seite steht. Wenn es Schwierigkeiten gibt, werden wir die Kontrolle übernehmen, aber wenn die Plünderungen beginnen, beginnt das Schießen.» Twitter versah den Tweet mit einem Warnhinweis, weil der Beitrag gegen das Verbot von Gewaltverherrlichung bei dem Dienst verstoße.

Mit seinem Satz zu möglichen Schüssen auf Plünderer zitierte Trump einen Satz von 1967, mit dem der damalige Polizeichef von Miami ein hartes Vorgehen gegen die schwarze Bevölkerung angekündigt hatte. Trump relativierte seine Aussage am Freitag in einem weiteren Tweet. Er teilte mit, er habe nur gemeint, dass Plünderungen zu Waffengewalt führen könnten, was ein Fakt sei. Später sagte er, er habe das Ursprungszitat aus Miami gar nicht gekannt.


Trump: Habe mit Angehörigen Floyds gesprochen

WASHINGTON: Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis hat US-Präsident Donald Trump nach eigenen Angaben mit Angehörigen des Opfers telefoniert. «Ich habe mit Familienmitgliedern gesprochen», sagte Trump am Freitagabend (Ortszeit) bei einem Runden Tisch mit Industrievertretern im Weißen Haus. «Großartige Leute.»

Trump forderte zugleich ein sofortiges Ende der Ausschreitungen in Minneapolis, zu denen es infolge des Todes Floyds in der vergangenen Nächten gekommen war. Man könne nicht erlauben, dass die Lage weiter in «Anarchie und Chaos» abgleite, sagte der Präsident. Er sprach von einer «furchtbaren, furchtbaren Situation».


Gouverneur Cuomo: Stehe an Seite der Demonstranten von Minneapolis

MINNEAPOLIS/NEW YORK: Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in der US-Großstadt Minneapolis hat New Yorks demokratischer Gouverneur Andrew Cuomo den Demonstranten seine Unterstützung ausgesprochen. «Ich stehe - im übertragenen Sinn - auf der Seite der Demonstranten und ich denke, dass alle wohlmeinenden Amerikaner auf der Seite der Demonstranten stehen», sagte Cuomo am Freitag am Rande einer Pressekonferenz zur Corona-Krise in New York. «Genug ist genug. Dieses Land ist besser als das.» Gewalt der Demonstranten oder kriminelle Handlungen wie Plünderungen unterstütze er allerdings nicht, betonte Cuomo.

Es handele sich nicht um einen isolierten Vorfall, sondern um den neuesten in einer Reihe von immer wieder vorkommenden Vorfällen, sagte Cuomo. In New York beispielsweise war 2014 der Afroamerikaner Eric Garner nach einem Polizeieinsatz gestorben.

Auslöser der Unruhen in Minneapolis war der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz am Montag. Seiher war es dort und in vielen anderen US-Städten - darunter auch New York - zu teils gewaltsamen Protesten gekommen. Der Polizei wird Rassismus vorgeworfen, viele Demonstranten fordern Gerechtigkeit für Floyd.


Gouverneur von Minnesota an Trump: Tweets sind «nicht hilfreich»

MINNEAPOLIS: Der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, hat Trumps jüngste Tweets nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd als «nicht hilfreich» bezeichnet. Die Stadt Minneapolis tue alles in ihrer Macht stehende, die teils gewaltsamen Proteste unter Kontrolle zu bringen, sagte Walz am Freitag bei einer Pressekonferenz. «Im gegenwärtigen Moment, in so einer unberechenbaren Lage, ist alles, was wir tun, um weiteres Öl ins Feuer zu gießen, wirklich, wirklich eine große Herausforderung», sagte Walz. Die Lage könne unter Kontrolle gebracht werden, ohne das Feuer weiter anzuheizen.

Falls es Untersuchungen zu einem möglichen Fehlverhalten der örtlichen Behörden geben solle, sei die Zeit dafür später, sagte Walz. Trump hatte in der Nacht zum Freitag angesichts der Ausschreitungen in Minneapolis über Twitter erklärt: «Habe gerade mit Gouverneur Tim Walz gesprochen und ihm gesagt, dass das Militär ganz an seiner Seite steht. Wenn es Schwierigkeiten gibt, werden wir die Kontrolle übernehmen, aber wenn die Plünderungen beginnen, beginnt das Schießen», twitterte Trump. «Diese Schlägertypen entehren das Andenken an George Floyd, und das werde ich nicht zulassen.» Twitter versah kurz darauf den Tweet mit einem Warnhinweis, weil der Beitrag gegen das Verbot von Gewaltverherrlichung bei dem Dienst verstoße.

Der Afroamerikaner Floyd war am Montag infolge eines brutalen Polizeieinsatzes gestorben. Seiher kommt es dort zu teils gewaltsamen Protesten. Der Polizei wird Rassismus vorgeworfen, viele Demonstranten fordern Gerechtigkeit für Floyd. Der Fall hat in den USA Entsetzen hervorgerufen. Die beteiligten Polizisten wurden entlassen, aber bislang weder festgenommen oder angeklagt.


Afrikanische Union verurteilt Tötung von Afroamerikaner Floyd

ADDIS ABEBA: Die Afrikanische Union (AU) hat die Tötung des Afroamerikaners George Floyd in den USA aufs Schärfste verurteilt. Die AU lehne die «anhaltenden diskriminierenden Praktiken gegen schwarze Bürger der USA ab», erklärte AU-Kommissionschef Moussa Faki Mahamat am Freitag in Addis Abeba. Zudem ermahnte er die amerikanischen Behörden ihre Bemühungen zu verstärken, jede Form von Diskriminierung aufgrund von ethnischer Herkunft zu beseitigen.

Floyd war am Montag nach einem brutalen Polizeieinsatz in der US-Stadt Minneapolis gestorben. Ein Video zeigt, wie ein weißer Polizist sein Knie mehrere Minuten lang an den Hals des 46-Jährigen drückte. Floyd starb kurz danach in einem Krankenhaus. Seitdem kommt es in Minneapolis und anderen US-Städten zu Protesten.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 30.05.20 17:45
Jedes Land dieser Welt wird von seinen
Bewohnern geprägt. Der Rassismus in den USA ist nach wie vor vorhanden.
Thomas Sylten 30.05.20 17:41
Floyd starb NICHT "kurz danach in einem Krankenhaus" - dort wurde sein Tod FESTGESTELLT: Das ist ein Unterschied. Dass er wohl schon beim Abtransport einige Minuten tot war, wird von den Notärzten berichtet und kann man auf dem Video auch recht klar erkennen.