Kein Schuldiger für undichte Stelle gefunden 

​Abtreibungsurteil

WASHINGTON: Das in den USA mit Spannung erwartete Abtreibungsurteil war im Mai letzten Jahres bereits vor der Urteilsverkündung ans Licht gelangt - rund acht Monate später hat der Oberste Gerichtshof die undichten Stelle noch immer nicht gefunden. Das teilte das Gericht in seinem Untersuchungsbericht am Donnerstag mit. Man habe monatelang vergeblich nach der Person gesucht, die den ersten Urteilsentwurf von Richter Samuel Alito vergangenen Mai an die Medien durchgesteckt habe, hieß es in dem Bericht. Im Rahmen der Untersuchungen habe man fast 100 Mitarbeiter teilweise mehrfach befragt, ohne jedoch eindeutige Beweise gefunden zu haben.

Mit dem Urteil, das im Juni verkündet wurde und das dem vorab veröffentlichten Urteilsentwurf im Wesentlichen entsprach, kippte der Oberste Gerichtshof das seit 1973 geltende Recht auf Abtreibung in den USA. Der Richterspruch sorgte für Wut und Entrüstung im ganzen Land. Tausende gingen in verschiedenen amerikanischen Städten auf die Straße, um gegen die Entscheidung zu demonstrieren. Seitdem haben etliche Bundesstaaten Abtreibungsverbote erlassen. Das Urteil spielte auch eine wichtige Rolle in der Mobilisierung von Wählern für die Zwischenwahlen vergangenen November. Gerade Wähler der Demokraten, die für ein Recht auf Abtreibung sind, wurden durch den Richterspruch wachgerüttelt.

Der Fall sorgte auch deswegen für Aufsehen, weil noch nie zuvor ein kompletter Urteilsentwurf des Obersten Gerichtshofs vor der Urteilsverkündung an die Öffentlichkeit gelangt war. Es handle sich bei dem Vorgang um «einen der schlimmsten Vertrauensbrüche» in der Geschichte des Gerichts, hieß es in dem Untersuchungsbericht.

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