Kein Aufatmen im Handelskrieg mit China

​USA halten an Zöllen fest

Die Handelsbeauftragte der Vereinigten Staaten, Katherine C. Tai, sagt vor dem Finanzausschuss des Senats auf dem Capitol Hill in Washington, DC, aus. Foto: epa/Susan Walsh
Die Handelsbeauftragte der Vereinigten Staaten, Katherine C. Tai, sagt vor dem Finanzausschuss des Senats auf dem Capitol Hill in Washington, DC, aus. Foto: epa/Susan Walsh

WASHINGTON: Im Wahlkampf kritisierte Joe Biden den damaligen Präsidenten Trump wegen des Handelskriegs mit China. Fast neun Monate nach dem Amtsantritt verkündet Bidens Regierung ihre neue Strategie für den Umgang mit Peking. Es gibt einen neuen Ton - aber keine dramatische Kehrtwende.

Im Handelskrieg der beiden größten Volkswirtschaften der Welt ist keine Entspannung in Sicht: Die US-Regierung von Präsident Joe Biden will zunächst an den gegen China verhängten Strafzöllen festhalten. Zumindest soll es künftig mehr Ausnahmen zugunsten der US-Wirtschaft geben, wie die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai am Montag ankündigte. Sie will zudem sehr bald wieder direkte Gespräche mit Peking aufnehmen, um durchzusetzen, dass sich China an seine Zusagen aus einem gemeinsamen Handelsabkommen von Anfang vergangenen Jahres hält.

«Wie wir miteinander umgehen als die zwei größten Volkswirtschaften der Welt, betrifft nicht nur unsere beiden Länder. Es betrifft die ganze Welt und Milliarden Beschäftigte», sagte Tai in einer Rede zur neuen China-Strategie der Biden-Regierung. China verstoße regelmäßig gegen internationale Handelsregeln und den fairen Wettbewerb, was der US-Wirtschaft schade, betonte sie. Zudem sei es klar, dass Peking keine «bedeutsamen Reformen» plane, um die Bedenken der USA und der internationalen Gemeinschaft auszuräumen. «Wir müssen direkt und ehrlich sein über die Herausforderungen, vor denen wir stehen, und über das große Risiko, uns diesen nicht zu stellen», sagte Tai.

Bidens Regierung will nach eigenen Angaben insgesamt einen harten Kurs gegenüber Peking beibehalten, aber differenzierter und abgestimmter vorgehen als dies unter Ex-Präsident Donald Trump der Fall gewesen war. Deren Ansatz sei teils chaotisch und unberechenbar gewesen und habe Teilen der US-Wirtschaft geschadet, kritisierten ranghohe Beamte der US-Regierung vor Tais Rede. Es solle auch wieder ein Prozess gestartet werden, bei dem US-Firmen in bestimmten Fällen beantragen könnten, von Strafzöllen auf Einfuhren aus China befreit zu werden. Tai erklärte, die Zölle müssten «unseren wirtschaftlichen Interessen optimal dienen». US-Wirtschaftsvertreter hatten Ausnahmen angesichts von Kostensteigerungen durch die Zölle dringend gefordert.

Ziel der Regierung sei es nicht, die Handelsspannungen mit China weiter anzufachen, betonte Tai. Es gehe darum, zu einer «anhaltenden Koexistenz» zu gelangen, basierend auf Respekt und Einhaltung von Normen. Die US-Regierung werde aber falls nötig die volle Palette an Instrumenten nutzen, um die Interessen der US-Wirtschaft und ihrer Arbeiter durchzusetzen, sagte sie. Die Vertreter der Regierung hatten zuvor auf eine Nachfrage, ob im Zweifel auch neue Strafzölle denkbar seien, erklärt: «Wir wollen keine Optionen vom Tisch nehmen.»

Angefangen hatte der Handelskrieg der beiden größten Volkswirtschaften Mitte Juni 2018: Mit Strafzöllen auf Einfuhren aus China in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar startete Trump den Konflikt. Er wollte das Handelsdefizit mit China senken und warf Peking unfaire Handelsmethoden vor. Der Konflikt schaukelte sich hoch, bis Trump ein Jahr später auf fast alle Importe aus China im Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar Strafzölle verhängt hatte. Peking reagierte daraufhin ebenfalls mit neuen Zöllen.

Der Rückgang der Warenströme und die von dem Handelskrieg verursachte Unsicherheit hatten auch das globale Wachstum gedämpft. Im Januar 2020, gerade als die Corona-Pandemie in China begann, einigten sich beide Seiten dann zumindest auf eine Teilvereinbarung in ihrem Konflikt. Diese wurde oft als Waffenstillstand in dem Handelskrieg beschrieben, weil damit zumindest neue oder höhere Zölle verhindert wurden. Ein Kernpunkt des sogenannten Phase-Eins-Abkommens war das Versprechen Chinas, bis Ende 2021 für 200 Milliarden US-Dollar mehr Waren in den USA zu kaufen - vor allem Öl und Gas (50 Milliarden), Industriegüter (80 Milliarden) und Agrar-Produkte (32 Milliarden).

China habe Teile des Abkommens eingehalten, in anderen Bereichen sei dies nicht der Fall, sagte Tai. Dies wolle sie in ihren Gesprächen mit ihren chinesischen Kollegen offen ansprechen. Insgesamt betonte sie, dass Abkommen befasse sich nur mit einigen Aspekten der Handelsbeziehung und habe «die Bedenken, die wir angesichts von Chinas Handelspraktiken und deren schädlichen Auswirkungen für die US-Wirtschaft haben, nicht ausgeräumt». Chinas Regierung unterstütze weiterhin bestimmte Wirtschaftszweige mit Milliardensubventionen und verzerre damit den internationalen Wettbewerb. Tai ließ dabei offen, ob die USA auch formell die in dem Handelsabkommen vorgesehenen Mechanismen zur Durchsetzung der Vorgaben einsetzen wollen.

Bidens Regierung räumt China eine herausgehobene Stellung in ihrer Außenpolitik ein: Der US-Präsident betrachtet China als mächtigsten Konkurrenten und geopolitische Herausforderung Nummer eins. Die Handelsvereinbarung mit China und die Strafzölle gegen Peking hatte der Demokrat nach seinem Amtsantritt zunächst nicht angetastet, sondern eine umfangreiche Überprüfung der Handelspolitik gegenüber China angeordnet. Diese ist nun abgeschlossen.

Tai betonte, die US-Regierung wolle sich nicht nur auf Handel und Zölle konzentrieren, sondern alle Aspekte der Wirtschaftsbeziehungen zu China in Betracht ziehen. Dabei wolle Washington seinen Kurs auch verstärkt mit seinen internationalen Partnern abstimmen, sagte Tai.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Thomas Sylten 06.10.21 06:30
Möglicherweise hatte Eisenhower recht damit, dass es nach ihm schlicht egal wäre, wer unter dem militärisch-industriellen Komplex Präsident der USA sei - die exekutierte Politik sei davon völlig unabhängig.