US-Studentin kämpft vor Israels Höchstem Gericht um Einreiserecht

Foto: rtbf.be/Screenshot
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JERUSALEM (dpa) - Seit zwei Wochen sitzt Lara Alkasem am Tel Aviver Flughafen fest. Sie hat einen Studienplatz in Jerusalem - doch Israel verweigert der Amerikanerin die Einreise. Jetzt muss das Höchste Gericht entscheiden.

«Reserviert für Lara Alkasem», steht auf einem leeren Stuhl in der Hebräischen Universität in Jerusalem - auf Hebräisch, Englisch und Arabisch. Die 22-jährige US-Studentin wollte eigentlich in dieser Woche an der renommierten Hochschule ihr Magisterstudium beginnen - mit dem Schwerpunkt Menschenrechte. Stattdessen sitzt die junge Frau mit palästinensischen Wurzeln schon seit mehr als zwei Wochen am internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv fest. Jüdische und arabische Studenten haben deshalb in der Universität Protest-Flyer aufgehängt.

Die israelischen Behörden verweigern Alkasem seit dem 2. Oktober die Einreise, obwohl sie mit einem Studentenvisum gelandet war. Begründet wird dies damit, dass die Studentin früher die Boykottbewegung gegen Israel unterstützt habe. Israels Höchstes Gericht befasst sich am Mittwoch mit dem brisanten Fall. Bis zu einer endgültigen Entscheidung darf Alkasem nicht in die USA abgeschoben werden.

Das Urteil sei sehr wichtig und betreffe nicht nur Alkasem, sondern «viele andere Leute», sagt Alkasems israelischer Anwalt Jotam Ben Hillel. In letzter Zeit mehren sich Berichte über besonders strenge Befragungen von Einreisenden - darunter auch jüdische Amerikaner und linksorientierte Israelis. Der Inlandsgeheimdienst Schin Bet fragte Reisende Medienberichten zufolge auch nach ihrer Ansicht über den rechtsorientierten Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Israel hat den Kampf gegen die Bewegung BDS (Boycott, Divestment, and Sanctions) deutlich verschärft - das Land sieht sie als schwere Bedrohung an. Ein 2017 verabschiedetes Gesetz ermöglicht es dem Innenministerium, Ausländern die Einreise zu verweigern, wenn sie öffentlich zu einem Boykott Israels aufgerufen haben, einschließlich der Siedlungen im Westjordanland. Zu Jahresbeginn wurde eine schwarze Liste von rund 20 Organisationen veröffentlicht, die zu einem Boykott des Landes aufrufen. Aktivisten dieser Gruppierungen soll die Einreise verweigert werden.

Alkasems Anwalt betont jedoch, die junge Frau unterstütze die Positionen der Boykottbewegung gegen Israel schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Sie war früher Vorsitzende einer Zweigstelle der Organisation Students for Justice in Palestine (Studenten für Gerechtigkeit in Palästina) an der Universität Florida. Israels Minister für strategische Angelegenheiten, Gilad Erdan, nannte die Organisation «eine der extremsten und hasserfülltesten BDS-Gruppen in den USA».

Anwalt Ben Hillel argumentiert jedoch, Alkasem habe keine aktive Rolle in der Gruppe gespielt. Es sei absurd, seiner Mandantin heute Boykottbestrebungen vorzuwerfen: «Die Hebräische Universität versteht sehr gut, dass Lara sie nicht boykottieren will - sie will ja dort studieren!» Die Hochschule hat sich in der Tat ganz klar an die Seite der jungen Amerikanerin gestellt. Israels Vorgehen helfe nicht im Kampf gegen BDS, hieß es in einer Stellungnahme der Universität. Vielmehr schade es «den Bemühungen der akademischen Gemeinschaft, Studenten und Dozenten aus aller Welt dazu zu ermutigen, Israel zu besuchen und hier zu studieren».

Lara Alkasem könnte zwar in die USA zurückreisen - sie harrt jedoch am Flughafen aus, um weiter für ein Recht auf Einreise zu kämpfen. Ein direkter Kontakt mit der jungen Frau ist für Journalisten nicht möglich. Ihr Anwalt sagt, man habe ihr Handy beschlagnahmt, sie sitze in einem Gebäude auf dem Flughafengelände in Abschiebehaft.

«Von außen sieht es aus wie ein normales Gebäude», berichtet er. «Innen gibt es mehrere Zimmer mit Menschen, die aus Israel abgeschoben werden sollen.» Der Ort erinnere an ein Gefängnis. Alles werde streng kontrolliert, die meisten Dinge aus der Außenwelt dürfe man Alkasem nicht mitbringen. «In der ersten Nacht hatte sie ein Problem mit Wanzen in ihrem Bett, doch inzwischen hat man sie in ein anderes Zimmer verlegt.» Es gebe nur ein Telefon für alle Insassen, für dessen Gebrauch man meistens anstehen müsse.

Wie das Höchste Gericht in Alkasems Fall entscheiden werde, sei völlig offen, sagt der Anwalt. «Es ist alles möglich - von rascher Abschiebung bis zur Einreisegenehmigung. Aber ich bin optimistisch.»

Den Beginn des Studienjahrs hat die 22-Jährige schon verpasst. Doch die Universität werde ihr den Platz frei halten, auch wenn es noch Tage oder Wochen dauern sollte, betont Sprecherin Tali Aronsky. «Wir werden ihr dabei helfen, das Verpasste nachzuholen.»

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