US-Sanktionen gegen Irans Ölwirtschaft treffen Europäer

US-Außenminister Mike Pompeo. Foto: epa/Michael Reynolds
US-Außenminister Mike Pompeo. Foto: epa/Michael Reynolds

WASHINGTON (dpa) - Die USA wollen den Iran mit Sanktionen wirtschaftlich zermürben. Nicht nur der deutschen Wirtschaft stößt das sauer auf. Doch es gibt offene Fragen. Denn die Strafandrohungen gelten nicht für alle.

Ungeachtet internationaler Proteste setzen die USA an diesem Montag schwere Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft. Die Maßnahmen sollen die Öl- und Bankwirtschaft des Landes schädigen und die Islamische Republik zu außenpolitischen Zugeständnissen nötigen. Washington will ausländische Unternehmen hart bestrafen, die sich den Sanktionen nicht beugen. Besonders abschreckend wirkt dabei, dass solche Unternehmen keinen Zugang mehr zum US-Finanzsystem haben werden und damit auch keine Geschäfte in US-Dollar abwickeln können. Bedroht sind auch deutsche Unternehmen mit Interessen im Iran.

Washington will Medienberichten zufolge bei Ölimporten aus dem Iran für einige Staaten übergangsweise eine Ausnahmeregelung gelten lassen. Diese soll beispielsweise für die vier größten Importeure von iranischem Öl gelten, das sind China, Indien, Südkorea und die Türkei. Für die Europäer werden die USA dagegen keine Ausnahme machen, wie US-Außenminister Mike Pompeo am Sonntag noch einmal in einem Interview mit dem Sender CBS klarstellte.

Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte dazu, es sei schlicht unfassbar, dass anscheinend türkische und japanische Firmen von den Sanktionen ausgenommen würden, aber nicht die europäischen. «Das wirft ein dramatisches Bild auf die respektlose Sichtweise des Weißen Hauses auf die transatlantische Partnerschaft», sagte er.

US-Außenminister Pompeo wollte sich zu weiteren Einzelheiten am Sonntag in einem Interview mit dem Sender Fox News nicht äußern. Er verwies darauf, dass der Iran bereits jetzt eine Million Barrel Rohöl pro Tag (1 Barrel = 159 Liter) weniger exportiere. Diese Zahlen würden weiter sinken. 2018 exportierte der Iran pro Tag rund 3,8 Millionen Barrel. Ölexporte sind die wichtigste Einnahmequelle des Landes.

Die USA waren aus dem internationalen Atomabkommen von 2015 ausgestiegen. Damals wurde vereinbart, dass der Iran auf die Entwicklung von Kernwaffen verzichtet, wofür Sanktionen gegen ihn ausgesetzt oder aufgehoben wurden. Die USA werfen der Islamischen Republik eine aggressive Außenpolitik und eine Destabilisierung des Nahen Ostens vor.

Ein weiterer Vorwurf lautet, dass der Iran Geld aus Öleinnahmen zur Finanzierung von Terror einsetzt. Der Iran unterstützt im Syrienkrieg Präsident Baschar al-Assad, im Irak schiitische Milizen, im Libanon die schiitische Hisbollah-Miliz, im Jemen die schiitischen Huthi-Rebellen und die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas, die in mehreren westlichen Ländern auf der Terrorliste steht.

Die anderen Unterzeichner - Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China - wollen das Abkommen allerdings retten, zumal die Internationale Atomenergiebehörde IAEA dem Iran attestiert, sich an die Vereinbarungen zu halten. Die USA seien zuversichtlich, dass der Iran als Reaktion auf die Sanktionen keine Entscheidung trifft, sein Atomprogramm wieder aufzunehmen, sagte Pompeo am Sonntag.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dankte am Samstag dem US-Präsidenten Donald Trump für die Iran-Sanktionen und verwies darauf, dass die iranische Wirtschaft schon jetzt schrumpfe.

Der Oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, erklärte am Samstag dagegen, die Sanktionen der letzten Jahrzehnte hätten den Iran nur unabhängiger und selbstständiger gemacht. Der einstige Sprecher der iranischen Atom-Unterhändler, Sejed Hussein Mussawian, sagte der Deutschen Presse-Agentur, das ultimative Ziel der USA sei ein Regierungswechsel im Iran. Allerdings habe Washington seit rund vier Jahrzehnten keinen Umsturz in Teheran erreicht. Die US-Regierung bestreitet, dass sie einen «Regimewechsel» im Sinne hat und spricht stattdessen davon, dass sie einen «Wechsel im Verhalten» der iranischen Führung anstrebe.

Auch Russland verurteilte «das zerstörerische Vorgehen der USA». Washington umgehe den UN-Sicherheitsrat und treffe auch Partner des Irans. Wenn die USA den Iran an einer nuklearen Bewaffnung hindern wollten, sollten sie mit ihm darüber verhandeln, erklärte das Außenministerium in Moskau.

Um zumindest einen Teil der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran aufrechtzuerhalten, arbeiten EU-Staaten an einer Zweckgesellschaft, die die Bezahlung von Irangeschäften ermöglichen soll, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen verweigern. Die Zweckgesellschaft könnte zum Beispiel Tauschgeschäfte ermöglichen, bei denen kein Geld fließt. Wann sie ihre Arbeit aufnehmen kann, ist noch unklar. Aus EU-Kreisen hieß es, es gebe schwierige technische, rechtliche und auch politische Fragen zu klären.

Diplomaten weisen zudem darauf hin, dass die Zweckgesellschaft europäische Unternehmen vermutlich nicht vor US-Sanktionen schützen kann. Sie sei daher vor allem für solche Unternehmen interessant, die lieber im Iran als in den USA Geschäfte machen wollten und deswegen einen Marktausschluss in den Vereinigten Staaten nicht fürchteten.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte, mit der einseitigen Wiedereinführung der Sanktionen wachse das Risiko der politischen Destabilisierung im Nahen Osten. «Die Instrumentalisierung der Weltwirtschaft für politische Ziele der USA belastet die internationalen Beziehungen und die transatlantische Partnerschaft», sagte BDI-Präsident Dieter Kempf der dpa.

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