US-Kongress will Protestbewegunghelfen

China empört

Foto: epa/Jerome Favre
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WASHINGTON/PEKING (dpa) - Der US-Kongress hat Gesetzesentwürfe angenommen, die Menschenrechte und Demokratie in Hongkong stärken sollen. Wird US-Präsident Trump die Gesetze in Kraft treten lassen - und Peking damit weiter verärgern?

Trotz scharfen Widerstands aus China hat sich der US-Kongress demonstrativ hinter die Demokratiebewegung in Hongkong gestellt. Das Repräsentantenhaus billigte fast einstimmig zwei Gesetzesentwürfe zur Unterstützung der demokratischen Kräfte in der chinesischen Sonderverwaltungsregion, die am Vortag bereits der Senat beschlossen hatte. Mit Spannung wird erwartet, ob US-Präsident Donald Trump die Verordnungen unterzeichnen wird, damit sie in Kraft treten können. China forderte ihn am Donnerstag auf, sein Veto einzulegen, und drohte ansonsten «harte Gegenmaßnahmen» an.

Die Gesetzesvorhaben «billigen stillschweigend gewalttätige Kriminelle», sagte Chinas Außenminister Wang Yi bei einem Treffen mit dem früheren US-Verteidigungsminister William Cohen in Peking. Die «Menschenrechts- und Demokratieverordnung» sei eine unverhohlene Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas. Es gehe im Grunde darum, Hongkong weiter ins Chaos zu stürzen oder sogar zu zerstören.

Nach den Ausschreitungen Anfang der Woche war die Lage in Hongkong am Donnerstag ruhig. Allerdings harrten immer noch Dutzende junger Demonstranten auf dem von Sicherheitskräften abgeriegelten Gelände der Polytechnischen Universität aus. Die Polizei hatte die Aktivisten aufgefordert, den Campus zu verlassen. Doch fürchten sie ihre Festnahme als «Aufrührer». Rund 1.000 Demonstranten haben das Gelände verlassen. Einige Hundert wurden festgenommen. Minderjährige mussten ihre Personalien abgeben, konnten aber nach Hause gehen.

Einige der verbliebenen jungen Leute sind nach Angaben des Hongkonger Abgeordneten Ip Kun-yuen durch das Chaos am Wochenende auf dem Campus eingeschlossen worden. Die Zeit, die ihnen bis Sonntagabend gegeben worden sei, um das Gelände zu verlassen, sei zu kurz gewesen, zitierte ihn der Sender RTHK. Der Bildungsexperte hatte versucht, bei dem friedlichen Abzug der Demonstranten zu vermitteln.

Seit fünf Monaten dauern die Proteste in Hongkong schon an. Sie richten sich gegen die Regierung, das als brutal empfundene Vorgehen der Polizei und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Pekinger Führung. Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» unter Chinas Souveränität autonom regiert. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik genießen die sieben Millionen Hongkonger weitgehende Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Jetzt fürchten sie aber, dass ihre Freiheiten zunehmend eingeschränkt werden.

Der Aktivist Joshua Wong rief die Europäer zu einem stärkeren Einsatz für Hongkong auf. «Die EU tut bisher zu wenig», sagte Wong dem «Handelsblatt». Die Metropole erlebe eine humanitäre Krise. Die EU müsse eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt einfordern und Druck machen, «damit es zu einem Ende der Polizeibrutalität und zu freien Wahl in Hongkong kommt», sagte Wong, der als «Gesicht der Protestbewegung» gilt. Er begrüßte die Beschlüsse des US-Kongresses: «Die Regierung in Peking wird einsehen müssen, dass sie die Stimmen der internationalen Gemeinschaft nicht ignorieren kann.»

Trotz der Verärgerung in Peking hatte der US-Kongress die «Menschenrechts- und Demokratieverordnung» zu Hongkong am Mittwochabend in Washington angenommen. Aus Protest hatte Chinas Regierung zuvor schon den US-Geschäftsträger in Peking einbestellt. Der US-Präsident hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob er die Gesetze unterzeichnen oder ein Veto einlegen wird. Es könnte aber mit einer Zweidrittelmehrheit überstimmt werden. Bisher hatte sich Trump mit Kritik am Vorgehen Chinas in Hongkong zurückgehalten. Auch sucht er gerade eine Einigung im Handelskrieg der USA mit China.

Ein weiterer Gesetzesentwurf, der den Export unter anderem von Tränengas, Gummigeschossen, Wasserwerfern und Handschellen an Hongkongs Polizei untersagt, wurde ebenfalls sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat einstimmig angenommen. Die «Menschenrechts- und Demokratieverordnung» wurde im Senat einstimmig und im Repräsentantenhaus mit nur einer Gegenstimme beschlossen.

Der Gesetzentwurf droht Wirtschaftssanktionen an, indem Hongkong die bisher gewährte Vorzugsbehandlung in der amerikanischen Wirtschafts- und Handelspolitik gegenüber China entzogen werden könnte. So sind jährliche Berichte des Außenministeriums an den Kongress vorgesehen, ob Hongkong noch ausreichend autonom von China ist, um die bevorzugte Behandlung weiter zu rechtfertigen. Bürgerrechte sollen dabei besonders berücksichtigt werden. Der Entwurf sieht auch vor, dass der Präsident Sanktionen gegen Personen verhängt, die für schwere Menschenrechtsverletzungen in Hongkong verantwortlich gemacht werden.

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