US-Justiz klagt fünf Ex-Polizisten nach Tod eines Schwarzen an

Polizeibeamte aus Memphis werden wegen des Todes von Tyre Nichols angeklagt. Foto: epa/Memphis Police Department / Handout
Polizeibeamte aus Memphis werden wegen des Todes von Tyre Nichols angeklagt. Foto: epa/Memphis Police Department / Handout

WASHINGTON: Fünf inzwischen gefeuerte Polizisten müssen sich in den USA für den Tod eines Schwarzen im Zuge einer Verkehrskontrolle verantworten. Die Anwälte der Familie sehen Parallelen zum Fall Rodney King in den 1990ern - die Veröffentlichung eines Videos könnte Proteste auslösen.

Nach dem Tod eines schwarzen Autofahrers infolge einer Verkehrskontrolle im US-Bundesstaat Tennessee ist Anklage gegen die fünf beteiligten Polizisten erhoben worden. Den inzwischen entlassenen Beamten - ebenfalls Schwarze - wird Mord, schwere Körperverletzung und Entführung vorgeworfen, wie Bezirksstaatsanwalt Steve Mulroy am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte. Am Freitag soll Videomaterial des Vorfalls in Memphis veröffentlicht werden - daraufhin werden Proteste erwartet. Präsident Joe Biden rief zu Besonnenheit auf. Demonstrationen müssten friedlich bleiben.

Staatsanwalt Mulroy sagte, die Polizisten hätten beim Tod des 29 Jahre alten Tyre Nichols unterschiedliche Rollen gehabt. «Sie sind aber alle dafür verantwortlich.» Der Mann war am 7. Januar von der Polizei wegen «rücksichtslosen Fahrens» angehalten worden. Einem Anwalt der Familie zufolge wurde er dann minutenlang zusammengeschlagen. Drei Tage später starb Nichols im Krankenhaus. Die fünf beteiligten Beamten wurden am Mittwoch aus dem Dienst entlassen. Inzwischen wurden sie nach Medienberichten festgenommen.

Die Polizei hatte erklärt, dass es zu einer «Konfrontation» gekommen sei, nachdem der 29-Jährige gestoppt worden sei. Er sei dann zu Fuß geflüchtet. Dabei habe es eine weiteren «Konfrontation» gegeben. Memphis' Polizeichefin Cerelyn Davis zeigte sich nun schockiert. «Dieser Vorfall war abscheulich, rücksichtslos und unmenschlich», sagte sie. «Das ist nicht bloß professionelles Versagen. Dies ist ein Versagen grundlegender Menschlichkeit gegenüber einer anderen Person.» Dies werde in dem Videomaterial deutlich.

Anwälte der Familie beschrieben die Aufnahmen als «abscheulich». Die Polizisten setzten demnach auch einen Elektro-Taser sowie Pfefferspray gegen Nichols ein und fesselten ihn. Der 29-Jährige erlitt nach einer von der Familie in Auftrag gegebenen Autopsie starke Blutungen durch heftige Schläge. Nichols hatte nach Angaben der Familie für einen Kurierdienst gearbeitet und war Vater eines vier Jahre alten Sohnes.

Die Anwälte prangerten rassistisches Vorgehen der US-Polizei gegen Schwarze im Land an und erinnerten an den Fall Rodney King: Der Afroamerikaner wurde 1991 in Los Angeles nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei brutal zusammenschlagen. Der Freispruch der Beamten führte damals zu Unruhen mit Dutzenden Toten. King selbst starb 2012.

Präsident Biden kondolierte Nichols' Familie. Sie verdiene eine rasche, vollständige und transparente Untersuchung. Zugleich rief er dazu auf, dass Demonstrationen friedlich bleiben. «Empörung ist verständlich, aber Gewalt ist niemals akzeptabel.» Dass Schwarze häufiger von tödlichen Zusammenstößen mit der Polizei betroffen seien, sei eine Tatsache. Vizepräsidentin Kamala Harris schrieb auf Twitter, die Familie und die Menschen in Memphis verdienten, dass Verantwortung übernommen werde. «Und alle Amerikaner verdienen ein Justizsystem, das seinem Namen gerecht wird.»

In den USA kommt es regelmäßig zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art. Stellvertretend dafür steht der Fall George Floyd: Der Afroamerikaner wurde im Mai 2020 bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis getötet. Einer der Polizisten saß Floyd mit dem Knie so lange im Nacken, bis er keine Luft mehr bekam. Auch dieser Fall führte zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus.

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