PARIS/STRAßBURG: Für ein folgenschweres Bahnunglück mit elf Toten im Elsass müssen sich die SNCF, der Lokführer und weitere Angeklagte vor Gericht verantworten. Jetzt fallen in Paris die Urteile.
Neun Jahre nach der Entgleisung eines TGV-Testzugs im Elsass mit elf Toten und 42 Verletzten werden in Paris die Urteile gegen die Staatsbahn SNCF, den Lokführer und weitere Angeklagte erwartet. Der aus Paris kommende Zug war am 14.11.2015 kurz vor Straßburg am Ende der Schnellfahrstrecke viel zu spät abgebremst worden und mit überhöhtem Tempo in einer Kurve entgleist. Der mit Bahnpersonal, Technikern und Gästen besetzte Testzug stürzte bei Eckwersheim teils in den Rhein-Marne-Kanal.
Verantwortung für die Entgleisung umstritten
Die Bahn, zwei Tochtergesellschaften und drei Beschäftigte müssen sich in dem Prozess wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Vor Gericht hatten die Angeklagten die Schuld auf jeweils andere Beteiligte geschoben und die Verantwortung von sich gewiesen. Für den im Führerstand des TGV für das Bestimmen des Bremspunktes verantwortlichen Eisenbahner hatte die Anklage zwei Jahre Haft auf Bewährung und für den Lokführer selber ein Jahr Haft auf Bewährung gefordert. Die SNCF soll nach Willen der Anklage 400.000 Euro Strafe zahlen und zwei ihrer Tochtergesellschaften jeweils 300.000 und 225.000 Euro.
Damals ging es um die Vorbereitungen für die Inbetriebnahme des zweiten Abschnitts der Schnellfahrstrecke von Paris nach Straßburg. Am Unglückstag sollte der Zug bei der Testfahrt schneller als im späteren regulären Verkehr auf der Strecke unterwegs sein. Ein Sicherungssystem, das den Zug bei zu hohem Tempo normalerweise vor der Kurve zwangsweise abgebremst hätte, war dazu außer Betrieb gesetzt worden.
Falsche Bremsberechnung führte zur Katastrophe
Die Eisenbahner nahmen dann keine korrekte Berechnung des Punktes vor, ab dem sie den Zug abbremsen mussten. Statt mit erlaubtem Tempo 176 erreichte der Zug die Kurve mit 265 Kilometern pro Stunde.