Unter der Asche

Philippinische Vulkaninsel wird zum Niemandsland

Eine dicke Ascheschicht bedeckt die Bäume und Dächer der Häuser in der Provinz Batangas, südlich von Manila. Foto: Girlie Linao/Dpa
Eine dicke Ascheschicht bedeckt die Bäume und Dächer der Häuser in der Provinz Batangas, südlich von Manila. Foto: Girlie Linao/Dpa

MANILA (dpa) - Die Bilder aus den Philippinen gehen um die Welt: Der Vulkan Taal schleudert Asche in die Luft. Mehr als 140.000 Menschen sind auf der Flucht. Und es könnte noch gefährlicher werden. Ein Besuch vor Ort.

Merlinda Villanueva hat nicht viel geschlafen. Die 56-Jährige ist mit ihrer Familie auf der Flucht, seit es bei einem Vulkanausbruch in der Nähe von Manila Asche und Steine geregnet hat. Die Bilder aus den Philippinen gingen um die Welt.

Die Vulkaninsel Taal liegt in einem See, sie ist Villanuevas Zuhause. Ein anderes kennt sie nicht. «Wir haben gewusst, dass es dort gefährlich ist, weil es ein aktiver Vulkan ist», sagt sie. Aber es ist die Heimat der Familie. Sie kommen dort gut über die Runden. Villanueva hat einen kleinen Laden für Touristen. Nun ist ihr Haus unter der Asche begraben. Doch sie möchte wieder zurück.

Ob das geht? Aktuell mehren sich die Anzeichen, dass der Taal noch gefährlicher werden könnte. An einem Touristenwanderweg hätten Experten einen dampfenden Riss entdeckt, sagt Renato Solido, Leiter des seismologischen Instituts Phivolcs, am Freitag. Seit Sonntag gilt dort die Warnstufe 4 von 5. Das heißt: Innerhalb von Stunden oder Tagen ist ein «gefährlicher, explosiver Ausbruch» möglich.

Die Philippinen liegen auf dem Pazifischen Feuerring. Das ist die geologisch aktivste Zone der Erde mit mehr als 450 Vulkanen. Aber so schlimm wie am Taal trifft es die Menschen selten - 140.000 mussten aus dem Umland fliehen. Am Hauptkrater dampfe es ständig, es gebe unregelmäßig schwache Explosionen, erklären die Experten. Bereits zuvor entdeckte Risse in Städten der Umgebung wurden breiter. Der Vulkan ist so gefährlich wie seit mehr als 40 Jahren nicht mehr.

Die Gegend war malerisch, bevor sie sich in eine Katastrophenzone verwandelte. Touristen konnten mit dem Pferd den Hang hoch reiten. Der Vulkan und der See, eine spektakuläre Kulisse. Jetzt ist das üppige Grün von dicker grauer Asche bedeckt, die sich über Häuser und Felder zieht. Die Luft ist schwer vor Schwefel, der Kratersee ausgetrocknet. Kadaver von Tieren schwemmen ans Ufer.

Die nahe gelegene Stadt Tagaytay ist normalerweise ein beliebtes Ziel, wenn man einen Wochenendausflug aus Manila machen oder heiraten will. Besonders dramatisch war die Hochzeit von Iza und Jezreel Autor: Als vergangenen Sonntag der Vulkanausbruch begann, gaben sich die beiden 30-Jährigen gerade in einem Garten das Jawort. Sie hätten das wohl deswegen gar nicht bemerkt, erzählt Iza. Die Zeremonie musste abgekürzt werden, weil viele der 100 Gäste vor der Asche fliehen mussten.

Das Paar sei glücklich über ihre Hochzeit an einem so denkwürdigen Tag. Aber die beide seien auch traurig wegen der vielen Menschen, die der Vulkanausbruch getroffen habe. Einer davon ist der Fischer Hilario Barion aus Agoncillo. «Unser Haus ist unter der Last der Asche zusammengebrochen, alles ist mit Asche bedeckt», erzählt der 37-Jährige.

In ihrer Notunterkunft erzählt auch Merlinda Villanueva, was sie traurig macht: Die Landschaft sei so schön gewesen, nun sei sie eine Wüste. Ihr Haus sei erst vor wenigen Monaten fertig geworden. «Nichts ist mehr da», sagt sie.

Villanueva weiß, dass sie vielleicht nie wieder auf die Vulkaninsel zurückkehren kann. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat sie zum Niemandsland erklärt. Die Menschen sollen dauerhaft umgesiedelt werden. Und natürlich hätten sie auch Angst vor der Rückkehr, sagt Villanueva: «Wer will schon sterben?»

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