BERLIN (dpa) - Der konservative Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber (CSU), sorgt mit seiner Ablehnung der Ostseepipeline Nord Stream 2 auch in den eigenen Reihen für Unmut. «In diesem Stadium kann und darf dieses Infrastrukturprojekt nicht mehr in Frage gestellt werden», sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist eines der letzten großen Projekte, die wir im beiderseitigen Interesse mit Russland realisieren. Deshalb führte ein Stopp zu mehr Unsicherheit und nicht zu mehr Sicherheit.»
Weber tritt bei der Europawahl vom 23. bis 26. Mai als Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei an, einer konservativen Parteienfamilie, zu der CDU und CSU gehören. Er will im Fall eines Wahlsiegs Präsident der EU-Kommission werden.
In einem am Dienstag veröffentlichten Interview der polnischen Zeitung «Polska Times» hatte Weber gesagt, Nord Stream 2 sei nicht im Interesse der EU, weil es die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen erhöhe. Damit nahm er die Position der schärfsten Kritiker des deutsch-russischen Projekts ein, zu denen die USA und osteuropäische Staaten wie Polen zählen. «Als Chef der EU-Kommission werde ich alle Vorschriften anwenden, um Nord Stream 2 zu blockieren», sagte Weber. Welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt, blieb aber zunächst unklar.
Wadephul wies die Befürchtung zurück, dass eine einseitige Abhängigkeit von Russland aus dem Bau der 2400 Kilometer langen Gas-Röhren entstehen werde. «Letztlich entsteht daraus eine beiderseitige Abhängigkeit», sagte er. «Es kann auch nicht in unserem Interesse liegen, dass Russland allein von China als Erdgasimporteur abhängig würde.» Deutschland habe einen wachsenden Bedarf an Gas. Dieses sei der einzige grundlastfähige Energieträger, der die wegfallende Kernenergie und Braunkohle ersetzen könne. «Russland hat sich in der Vergangenheit stets als verlässlicher Lieferant gezeigt.»