Update: Grüne legen bei Parlamentswahl deutlich zu

BERN (dpa) - Vor der Parlamentswahl in der Schweiz sagten Umfragen eine grüne Welle voraus. Erste Ergebnisse bestätigen das. Federn lassen müssen die Rechtspopulisten der SVP.

Mit dem Thema Klimawandel in aller Munde haben die Schweizer Grünen bei der Parlamentswahl am Sonntag selbst die kühnsten Vorhersagen übertroffen. Nach einer ersten Hochrechnung überholten sie mit rund 13 Prozent eine der vier Regierungsparteien in der Wählergunst. Die Grünen wären damit viertstärkste Kraft. Verlierer war nach der Hochrechnung des Umfrageinstituts gfs.bern die rechtskonservative SVP mit minus 3,8 Prozentpunkten. Sie bleibt aber stärkste Kraft, wahrscheinlich mit 25,6 Prozent.

Zusammen kämen Grüne und Grünliberale, die Umweltschutz mit liberaler Wirtschaftspolitik verbinden, nach der Hochrechnung sogar auf gut 20 Prozent und würden zweitstärkste Kraft. Allerdings liegen sie außer beim Umweltschutz in ihren Positionen weit auseinander.

In der großen Kammer, dem Nationalrat, dürften die Grünen nach der Hochrechnung 16 Sitze dazugewinnen und kämen auf 27 Sitze. Die Grünliberalen kämen mit zusätzlich 8 Sitzen auf 15 Sitze. Die SVP müsste elf Sitze abgeben, die Sozialdemokraten und die liberale FDP je vier. Auch kleinere Parteien verlieren demnach Sitze. Die beiden konservativsten Fraktionen von SVP und FDP büßen demnach ihre absolute Mehrheit von 101 der 200 Nationalratssitze.

Dennoch dürfte sich der grüne Erdrutsch zunächst nicht in der Regierung niederschlagen: Nach Schweizer Gewohnheit wird eine Partei erst nach zwei Wahlen mit starkem Wählerzuwachs in die Regierung aufgenommen. So war es bei der rechtskonservativen SVP: sie bekam 2003 erst einen zusätzlichen Sitz in der Regierung, nachdem sie ihren Wähleranteil bei zwei Wahlen auf 26,7 Prozent fast verdoppelt hatte.

Die Grünen-Vorsitzende Regula Rytz ließ sich in ersten Interviews nicht darauf ein, ob sie einen grünen Bundesratssitz fordern will. Der Wählerwille müsse sich aber niederschlagen. Sie verlangte einen Klimagipfel mit Parteien und Klima-Forschern, um schnell konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der Klimaerwärmung auf den Weg zu bringen.

Die SVP, die von der AfD als großes Vorbild bezeichnet wird, war am Sonntag der große Verlierer. Die Partei, die gegen Migration und eine weitere Annäherung der Schweiz an die Europäische Union ist, büßte voraussichtlich drei Prozentpunkte ein, bleibt aber stärkste Partei, mit voraussichtlich gut 26 Prozent.

Das Land mit rund 8,4 Millionen Einwohnern wird seit Jahrzehnten von den vier größten Parteien mit klarer Mitte-Rechts-Mehrheit regiert. Diese Parteien stellen sieben Bundesräte, die die Ministerien unter sich aufteilen. Sie suche bei allen Politikgeschäften über die Parteigrenzen hinweg Kompromisse.

Im Kanton Genf steuerten die Grünen auf einen Wähleranteil von 20 Prozent zu und könnten dort stärkste Partei werden. Im konservativen Kanton Glarus rund 70 Kilometer südöstlich von Zürich schaffte ein grüner Politiker eine kleine Sensation. Mathias Zopfi stieß den amtierenden SVP-Vertreter in der kleineren Parlamentskammer, dem Ständerat, vom Sockel und gewann dessen Sitz. In Zürich waren die Grünen nach Hochrechnungen mit plus 4,4 Prozentpunkten und die Grünliberalen mit plus 6,8 Prozentpunkten erfolgreich.

Wahlberechtigt waren knapp 5,4 Millionen Bürger. Die Wahlbeteiligung lag aber zuletzt unter 50 Prozent. Politologen erklären das damit, dass die Schweizer mindestens vier mal im Jahr bei Volksabstimmungen ihre Meinung sagen können.

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Hermann Hunn 22.10.19 10:29
Das sind die ewig Gestrigen, ...
... die 5 vor zwölf noch das Stimmcouvert in die Wahllokale tragen. Noch nie von brieflicher Abstimmung gelesen oder gehört? Man hat doch wirklich genügend Zeit, das Couvert am Donnerstag vor dem Abstimmungssonntag unfrankiert! in den nächstbesten Postbriefkasten einzuwerfen. Dass die Urnen bis 18:00h geöffnet sein sollen, wird die freiwilligen Stimmenzähler arg treffen. Die wollen schliesslich am Montag Morgen ausgeschlafen zur Arbeit.
Norbert Kurt Leupi 21.10.19 21:17
Wirklichkeit der Demokratie
Werter Jürgen ! Na klar , das ist eine Schande , dass nicht mal mehr 50% der wahlberechtigten Stimmbürger zur Urne gehen ! Man müsste eine Busse einführen , wie es der Kanton Schaffhausen schon länger kennt ! Abstimmen ist eine Bürgerpflicht und wer sie nicht wahr nimmt , soll zur Kasse gebeten werden ! Aber die Wahllokale müssten dann auch bis 18 Uhr geöffnet sein ! In Basel standen Dutzende vor 12 Uhr noch vor dem Rathaus , wurden aber um Punkt 12 :00 h nicht mehr reingelassen ! Da herrschen bei uns bald Zustände wie im Pfefferland !
Jürgen Franke 21.10.19 13:55
Das ist die Wirklichkeit der direkten Demokratie
in der Schweiz. Noch nicht einmal die Hälfte der Bürger nimmt vom Wahlrecht gebrauch.
Norbert Kurt Leupi 21.10.19 10:35
Wahlen CH
Für die GRUENEN ein Hoch , auch Dank dem Greta - Effekt ( die man auch im FARANG mundtot machen wollte !) , für andere ein Teil-Erfolg und für die anderen leichtere Niederlagen ! Das Wichtigste aber ist für mich der LINKS-Rutsch , die " Burgeoisie " hat keine Mehrheit mehr im Parlament und in Basel ist der SVP`ler - Nationalrat im Abgrund verschwunden ! Das Schlechte aber an der Geschichte ist , dass die EURO-TURBOS durch den Linksrutsch an Aufwind gewonnen haben und die Stimmfaulen noch " fauler " geworden sind !