Selenskyj mahnt bei Waffenlieferungen zur Eile
KIEW: Der Westen hat der Ukraine anhaltende Unterstützung in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland versprochen. Doch viele Waffen kommen verspätet an die Front - mit fatalen Folgen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zur schnellstmöglichen Umsetzung der Hilfsvereinbarungen mit dem Westen aufgerufen. «Der Kriegsverlauf hängt direkt von der Qualität der Logistik bei den Lieferungen und der Erfüllung aller Versprechen der Partner ab», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Waffen und Gerät müssten rechtzeitig ankommen, um Erfolg zu haben. «Was im September gebraucht wird, muss im September an unsere Truppen geliefert werden.»
Die Ukraine wehrt seit zweieinhalb Jahren mit westlicher Unterstützung eine großangelegte russische Invasion ab. Dabei ist Kiew massiv unter Druck geraten, nachdem die Hilfslieferungen aus den USA durch einen innenpolitischen Streit in Washington monatelang gestockt hatten. Auch weil Waffen und Material fehlten, konnten die ukrainischen Truppen einige wichtige und gut befestigte Frontabschnitte nicht halten. Bis jetzt konnte der Generalstab in Kiew speziell die Lage im Osten nicht vollständig stabilisieren.
Lawrow: Westen will nicht ehrlich über Ukraine verhandeln
RIAD: Russland stellt sich als gesprächsbereit im Ukrainekonflikt dar. Kiews Position lehnt Moskau aber von vornherein ab - und unterstellt dem Westen Unehrlichkeit
Russland hat dem Westen nach dem diplomatischen Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz Unehrlichkeit im Ukraine-Streit vorgeworfen. «Der Westen will nicht ehrlich verhandeln», sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow nach einem Treffen mit arabischen Kollegen des Golfkooperationsrats in Riad. Westliche Staatschefs klammerten sich an die für Moskau unannehmbare Initiative des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Das bedeute, dass der Westen weiterhin alles tue, um Russland eine strategische Niederlage auf dem Schlachtfeld zuzufügen. Die Initiative Selenskyjs sieht als eine Forderung den Abzug russischer Truppen von ukrainischem Gebiet vor.
Lawrow ging in seiner Kritik auch auf den Vorstoß von Scholz ein. Nach dessen Worten über die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung gebe es in der deutschen Presse Andeutungen darüber, dass eine Lösung die russischen Eroberungen berücksichtigen müsse. Es gehe aber nicht um Territorien, behauptete Lawrow. «Wir haben niemals fremden Boden gewollt, wir wollten nur, dass man den Menschen, die Teil der russischen Welt, der russischen Kultur, russischen Sprache, Geschichte, Religion sind, human begegnet, wie dies das internationale Recht, viele Menschenrechts- und Minderheitskonventionen und vor allem die Satzung der Vereinten Nationen fordert», sagte der Minister.
Im Gegensatz zur Aussage Lawrows hat Kremlchef Wladimir Putin mehrfach Ansprüche auf die eroberten Territorien und weitere Teile der Ukraine erhoben. So verglich er sich mit Zar Peter dem Großen und sprach im ersten Jahr seines Angriffskriegs davon, dass es auch darum gehe, russischen Boden «zurückzuholen». Teile der Süd- und Ostukraine bezeichnete er als Neurussland. Moskaus Forderungen begründete er teilweise mit jahrhundertealten Karten.
Trümmer russischer Drohnen gefunden
BUKAREST: Nach Beschuss ukrainischer Ziele durch die russische Armee sind im benachbarten Rumänien erneut Trümmer russischer Drohnen gefunden worden. Sie stürzten in unbewohntes Gebiet.
Rumäniens Armee hat an der Grenze zur Ukraine bei Periprava Trümmer einer russischen Drohne gefunden. Das teilte das Verteidigungsministerium in Bukarest am Montag mit. Man habe die Suche eingeleitet, nachdem am Sonntag der Überflug von Drohnen gemeldet worden war. In der Region kam es seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu mehreren derartigen Vorfällen.
Periprava liegt an der Donau, weniger als 500 Meter von der ukrainischen Grenze entfernt. Derzeit untersuche man auch eine weitere mögliche Drohnen-Absturzstelle bei Caraorman im Donaudelta, rund 40 Kilometer landeinwärts von der Grenze zur Ukraine. Es handle sich in beiden Fällen um unbewohnte, sumpfige Gebiete, hieß es weiter aus dem Ministerium.
Am Sonntag hatten Rumäniens Behörden die Bevölkerung der grenznahen Region bei Constanta und Tulcea vor möglichen Drohnenabstürzen gewarnt. Zwei rumänische Kampfflugzeuge vom Typ F-16 stiegen auf, um den Flug der Drohne zu beobachten. Die Nato hatte den Vorgang mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, jedoch darin keinen vorsätzlichen Angriff Russlands auf Bündnispartner gesehen.
«Latvijas Avize»: Wiederaufbau der Ukraine schön und gut, aber...
RIGA: Die lettische Zeitung «Latvijas Avize» kommentiert am Montag Debatten über Hilfen für die Ukraine für den Wiederaufbau im Gegensatz zu militärischer Unterstützung des Landes angesichts dessen, dass die ukrainische Armee im eigenen Land in der Defensive gegen die russischen Besatzungstruppen ist:
«Von Zeit zu Zeit ist es nützlich, darüber nachzudenken, vielleicht sogar zu berechnen, in welchem Umfang es notwendig und möglich sein wird, der Ukraine nach dem Krieg zu helfen, aber das ist im Moment nicht das Wichtigste. Denn der größte militärische Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ist in vollem Gange und es gibt keine Anzeichen für ein baldiges Ende. Es hat keinen Sinn, Zeit zu verschwenden, Diskussionen zu führen, Kaffeetische vorzubereiten und darüber zu diskutieren, wie wir gemeinsam mit den Ukrainern das Zerstörte wieder aufbauen können. Zumindest dies sollte jetzt verständlich sein!»
«La Repubblica»: Brandenburg-Wahl könnte über Ukraine entscheiden
ROM: Zum Krieg in der Ukraine und den Anstrengungen von Bundeskanzler Olaf Scholz diesen zu beenden schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» am Montag:
«Olaf Scholz hat einen Plan: Er will als Friedenskanzler in die Geschichte eingehen. Überwältigt von den verheerenden Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen und verfolgt von den Gerüchten, dass eine Niederlage in Brandenburg ihn zum Rücktritt zwingen könnte, hat der Kanzler beschlossen, die ukrainische Karte zu spielen, um aus der Ecke zu kommen.
Offenbar arbeitet er mit Getreuen in der SPD an einer Art Minsk III, was womöglich auch die Abtretung von Teilen des ukrainischen Territoriums vorsehen könnte, wie es aus Kreisen heißt. Und im TV sagte Scholz erst kürzlich, die Zeit sei gekommen, darüber zu diskutieren, wie man schneller aus einer Kriegssituation herauskommt und zum Frieden gelangt. (...)
Scholz hat es eilig. Die Wahlen in Thüringen und Sachsen haben gezeigt, dass es zweifellos eine Müdigkeit unter den Deutschen gibt: Fast jeder Zweite hat für Parteien gestimmt, die «Frieden in der Ukraine» fordern. (...) Kurzum: So wie die Wahlen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 leider über das Schicksal Griechenlands entschieden - Merkel verzögerte das europäische Rettungspaket um Monate und verteuerte es um das Dreifache - könnten die Wahlen in Brandenburg in knapp zwei Wochen das Schicksal der Ukraine bestimmen.»