Ukraine hebt Schwelle für Gefängnis bei Kleindiebstahl an
KIEW: In der Ukraine gilt seit fast zweieinhalb Jahren das Kriegsrecht, das teils lange Gefängnisstrafen für Diebstahl vorsieht. Nun gibt es allerdings eine Anpassung.
Die Ukraine hat geringfügige Diebstähle wegen des geltenden Kriegsrechts neu definiert. Das im Juli vom Parlament verabschiedete Gesetz wurde von Präsident Wolodymyr Selenskyj unterschrieben, wie ukrainische Medien meldeten. Nach Inkrafttreten der Novelle werden Diebstähle im Wert von umgerechnet bis zu rund 67 Euro nicht mehr mit Gefängnis bestraft. Sie gelten vielmehr als Ordnungswidrigkeit und werden mit Ordnungsgeldern von umgerechnet bis zu etwa 114 Euro belegt. Im Wiederholungsfall drohen Geldstrafen von bis zu 380 Euro. Bisher galt ein Wert des Diebesguts von umgerechnet knapp 6,7 Euro als Höchstwert für geringfügige Diebstähle.
Die Entkriminalisierung wurde im Gesetzesvorhaben mit dem seit dem russischen Einmarsch geltenden Kriegsrecht begründet. Dieses sieht für Plünderungen und Diebstahl bis zu acht Jahre Gefängnis vor. Als begründendes Beispiel wurde unter anderem ein Windeldiebstahl in einem Supermarkt im Januar 2023 im Wert von umgerechnet knapp acht Euro in der westukrainischen Stadt Riwne angeführt. Darauf steht künftig keine Gefängnisstrafe mehr. Der Täter hatte in dem Fall jedoch noch eine Strafe von über drei Jahren Gefängnis erhalten.
Die Ukraine wehrt seit fast zweieinhalb Jahren eine russische Invasion ab.
Kämpfe in der Nähe: Russland verstärkt Schutz von Atomkraftwerk Kursk
KURSK: Überraschend hat die Ukraine einen Vorstoß über die russische Grenze im Gebiet Kursk unternommen. Die russische Nationalgarde verstärkt nun den Schutz eines nahen Atomkraftwerks.
Aufgrund des ukrainischen Vorstoßes ins russische Grenzgebiet Kursk hat die russische Nationalgarde den Schutz des Atomkraftwerks Kursk verstärkt. Außerdem seien zusätzliche Kräfte für die Bekämpfung von Sabotage- und Aufklärungstrupps in den Gebieten Kursk und Belgorod herangezogen worden, teilte die Behörde mit. Das geschehe in Kooperation mit den russischen Grenztruppen und der Armee. Das Atomkraftwerk mit vier Blöcken und einer Leistung von fast zwei Gigawatt befindet sich nur gut 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.
Tags zuvor hatten ukrainische Truppen unterstützt von Panzern und Artillerie die russische Grenze vom Gebiet Sumy aus bei Sudscha überschritten. Unbestätigten Berichten zufolge seien sie dabei bis zu 15 Kilometer in Richtung des AKWs vorgedrungen. Die Ukraine wehrt sich seit über zweieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion.
Ukraine evakuiert Orte im Grenzgebiet zum russischen Kursk
SUMY: Ukrainische Truppen sind ins russische Gebiet Kursk vorgedrungen. Nun unternimmt Kiew neue Maßnahmen, um die eigene Zivilbevölkerung in dem ukrainischen Grenzgebiet zu schützen.
Angesichts schwerer Kämpfe im russischen Gebiet Kursk haben die ukrainischen Behörden Evakuierungen weiterer Orte in der benachbarten Region Sumy angeordnet. Die Maßnahmen betreffen 23 Siedlungen, sagte der Militärgouverneur von Sumy, Wolodymyr Artjuch, im ukrainischen Fernsehen. Etwa 6.000 Menschen, darunter mehr als 400 Kinder und Jugendliche, sollen aus der grenznahen Region in Sicherheit gebracht werden.
Tags zuvor hatten ukrainische Truppen einen Vorstoß über die ukrainisch-russische Grenze in Richtung der Stadt Sudscha im Gebiet Kursk unternommen und waren dabei mehrere Kilometer weit auf russisches Staatsgebiet vorgedrungen. Moskau sprach von gut 1.000 mit schwerer Technik ausgerüsteten ukrainischen Soldaten. Kiew hat die Vorgänge bisher nicht kommentiert.
Aufgrund von regelmäßigem russischem Beschuss grenznaher Orte hatten die örtlichen Behörden bereits im Mai Evakuierungen aus einem Bereich von zehn Kilometern Entfernung von der Grenze angeordnet. Die Ukraine verteidigt sich seit fast zweieinhalb Jahren gegen die russische Invasion.
Grenzschutz hindert knapp 50 Männer an der Flucht
ODESSA: Viele ukrainische Männer sind nicht bereit, gegen die russische Armee zu kämpfen. Nun hat der ukrainische Grenzschutz eine Rekordzahl an Wehrpflichtigen an der Flucht ins benachbarte Moldau gehindert.
Der ukrainische Grenzschutz hat im Süden des Landes 48 wehrpflichtige Männer in einem Lastkraftwagen an der Flucht in das von prorussischen Kräften kontrollierte moldauische Gebiet Transnistrien gehindert. Die Zahl stelle einen neuen Rekord dar, teilte die Behörde mit. Drohnenaufnahmen zeigen, wie mehrere Gruppen von Männern nacheinander auf die Ladefläche des Lkw steigen und dieser später von Grenzschützern angehalten wird.
Die Festnahmen erfolgte den Angaben nach im Odessaer Gebiet bei dem Dorf Tschorna gut zehn Kilometer von der Grenze entfernt. Die Männer sollen dem Fluchthelfer umgerechnet jeweils mehr als 3300 Euro gezahlt haben. Ihnen droht nun neben einer Ordnungsstrafe für den versuchten illegalen Grenzübertritt auch die Einberufung in die ukrainische Armee.
Die Ukraine wehrt sich seit fast zweieinhalb Jahren gegen die russische Invasion. Im Land gilt das Kriegsrecht, und es wurde eine Mobilmachung angeordnet. Zwangsrekrutierungen sind an der Tagesordnung. Wehrpflichtige Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren können nur in Ausnahmefällen ausreisen. Trotzdem versuchen es viele über die grüne Grenze oder mit gefälschten Dokumenten. Mehrere Dutzend kamen bei der Flucht aus dem osteuropäischen Kriegsland bereits ums Leben.
Putin wirft Kiew neue große Provokation gegen Russland vor
MOSKAU: Russland musste in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder auch Gegenschläge auf sein Staatsgebiet hinnehmen. Nun steht Kremlchef Putin einmal mehr unter Handlungsdruck.
Nach schweren ukrainischen Angriffen auf die russische Grenzregion Kursk hat Kremlchef Wladimir Putin dem «Kiewer Regime» eine schwere neue Provokation vorgeworfen. Es sei mit Raketen auch auf zivile Objekte und Wohnhäuser geschossen worden, sagte Putin bei einer vom Kreml bei Telegram in Teilen übertragenen Regierungssitzung. Bei einem Treffen mit dem Verteidigungsministerium, mit dem Generalstab der russischen Streitkräfte und dem für den Grenzschutz zuständigen Inlandsgeheimdienst FSB werde er sich in Kürze weitere Lageberichte anhören, sagte der Präsident.
Das Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass die Kampfhandlungen in der Grenzregion andauerten. Im Einsatz seien Soldaten und FSB-Kräfte. Das Ermittlungskomitee in Moskau leitete indes ein Strafverfahren ein wegen eines, wie es offiziell hieß, Terroranschlags gegen russisches Staatsgebiet. Die Behörde sprach von Dutzenden Verletzten. Es gab nach offiziellen Angaben auch mindestens drei Tote.
Aus den beschossenen Ortschaften flohen nach russischen Behördenangaben Tausende Menschen. Aus Kiew gab es dazu zunächst keine offizielle Stellungnahme. Die Ukraine hat in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg immer wieder auch Ziele im benachbarten Land angegriffen. Die Attacken dienten nach Angaben aus Kiew in der Regel der Störung des militärischen Nachschubs aus Russland.
Kursks Gouverneur: Tausende Menschen aus Grenzorten geflohen
KURSK: Die russische Grenzregion Kursk ist immer wieder Ziel ukrainischer Angriffe. Nun bekommt das Gebiet den Abwehrkampf des Nachbarlandes gegen Moskaus Angriffskrieg besonders stark zu spüren.
Aus den von ukrainischer Seite angegriffenen Grenzortschaften im russischen Gebiet Kursk sind nach Behördenangaben bisher schon Tausende Menschen geflohen. Die Bürger hätten ihre Wohnungen in Privatfahrzeugen verlassen, sagte der geschäftsführende Gouverneur Alexej Smirnow in einer Videobotschaft. Zudem seien 200 Menschen in Transportfahrzeugen und Bussen aus den beschossenen Ortschaften in Sicherheit gebracht worden.
Smirnow sagte, er habe noch in der Nacht mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Der Präsident habe die Situation unter persönliche Kontrolle genommen. Es seien auch Notunterkünfte mit rund 2.500 Plätzen eingerichtet worden. Dort seien auch Psychologen im Einsatz.
Laut russischem Verteidigungsministerium wird die Region Kursk seit Dienstag massiv von ukrainischen Streitkräften mit Drohnen und Panzertechnik angegriffen. Aus Kiew gab es dazu zunächst keine Stellungnahme. Es gab mehrere Tote und mehr als 20 Verletzte. Die Ukraine hat in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg immer wieder auch Ziele im benachbarten Land angegriffen.