Biden: Ukraine kann auf US-Unterstützung zählen - aber wenig Zeit
WASHINGTON: US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine nach der Verabschiedung eines Hauhalts ohne weitere Hilfen für das angegriffene Land die Unterstützung der USA zugesichert. «Ich möchte unseren amerikanischen Verbündeten, dem amerikanischen Volk und dem ukrainischen Volk versichern, dass sie auf unsere Unterstützung zählen können und wir uns nicht zurückziehen werden», sagte der Demokrat am Sonntag. Biden warnte zugleich, dass nicht mehr viel Zeit bleibe, um neue Hilfe zu genehmigen. «Wir haben Zeit, nicht viel Zeit, und es gibt ein überwältigendes Gefühl der Dringlichkeit.»
Auf die Frage, was er der Ukraine und Verbündeten zu sagen habe, betonte Biden: «Sehen Sie mich an. Wir kriegen das hin.» Mit Blick auf die Genehmigung weiterer Hilfen machte der Präsident deutlich, dass er einen Deal mit dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen habe. Ob man diesem vertrauen könne, werde sich nun zeigen. Er wolle nicht glauben, dass Republikaner und Demokraten «aus rein politischen Gründen noch mehr Menschen in der Ukraine unnötig sterben lassen», so Biden weiter.
Der Kongress hatte am Samstag einen Übergangshaushalt bis Mitte November verabschiedet und so einen sogenannten Shutdown abgewendet. Die Einigung enthält allerdings keine weitere Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine. Die Spitzen der Demokraten und Republikaner kündigten im Zuge der Abstimmung an, dafür zu sorgen, dass so schnell wie möglich über zusätzliche Unterstützung für das angegriffene Land abgestimmt werden soll. Die US-Unterstützung für die Ukraine endet nun nicht von jetzt auf gleich. Aber die bereits genehmigten Hilfsgelder gehen zur Neige, weshalb bald neue Mittel genehmigt werden müssen.
Borrell setzt auf fortdauernde Hilfe der USA für die Ukraine
KIEW: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell setzt darauf, dass die USA die Ukraine ungeachtet des Haushaltsstreits weiter unterstützen. «Wir glauben, dass das nicht das letzte Wort ist», kommentierte Borrell in Kiew die Entscheidung in Washington, einen Übergangshaushalt ohne Geld für die Ukraine zu beschließen. Dies sei tief zu bedauern, sagte Borrell am Sonntag. «Ich habe die Hoffnung, dass dies nicht die endgültige Entscheidung ist und dass die USA die Ukraine weiter unterstützen.» Der US-Kongress hatte in letzter Minute mit einem Kompromiss eine Haushaltssperre abgewendet - um den Preis, dass die Hilfe für die Ukraine darin nicht festgeschrieben ist.
Borrell sprach nach eigenen Angaben mit dem neuen ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow über die Prioritäten der EU und ihrer Mitglieder bei Militärhilfe und Training. «Unsere Militärhilfe hat die Zahl von 25 Milliarden Euro erreicht», sagte er. Humanitäre, wirtschaftliche und finanzielle Hilfe dazugerechnet werde Europa das von Russland angegriffene Land mit 85 Milliarden Euro unterstützen.
Von einer Million Artilleriegeschosse, die in der EU beschafft werden sollen, könnten 300.000 schon geliefert werden. Der EU-Außenbeauftragte stellte klar, dass die EU-Hilfe unabhängig von der Lage auf dem Gefechtsfeld sei. «Unsere Unterstützung für die Ukraine hängt nicht davon ab, wie der Krieg in den nächsten Tagen oder Wochen verläuft.» Es gehe um «dauerhafte und strukturelle» Hilfe gegen eine existenzielle Bedrohung.
Borrell war am Samstag in die Ukraine gekommen und hatte zunächst die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer besucht.
Republikaner McCarthy nach Attacke aus Fraktion: «Werde überleben»
WASHINGTON: Der Top-Republikaner Kevin McCarthy gibt sich nach der Drohung eines Parteikollegen, ihn aus dem Amt zu jagen, gelassen. «Ich werde überleben», sagte der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses am Sonntag im US-Fernsehen. «Wenn er verärgert ist, weil er versucht hat, uns in einen Shutdown zu treiben, und ich dafür gesorgt habe, dass die Regierung nicht stillsteht, dann sollten wir darüber reden», so McCarthy über Matt Gaetz. Der radikale Republikaner hatte nach der vorläufigen Einigung im Streit über den Haushalt angekündigt, einen Antrag einzubringen, um McCarthy von dessen Posten zu entfernen.
Hintergrund des Streits ist, dass McCarthy am Samstag einen Übergangshaushalt zur Abstimmung gebracht hat, den die Ultraradikalen in seiner Partei ablehnen. Der Haushalt passierte den US-Kongress - damit konnte ein sogenannter Shutdown im letzten Moment verhindert werden. Der Übergangshaushalt enthielt zwar keine Hilfen für die Ukraine - diese lehnen die Radikalen in der Fraktion der Republikaner ab. Aber er sah auch keine Ausgabenkürzungen vor - diese hatten die Radikalen gefordert. Der Haushalt konnte nur mit Unterstützung der Demokraten verabschiedet werden.
Die Republikaner haben im Repräsentantenhaus nur eine sehr knappe Mehrheit. Das hat zur Folge, dass ein kleinerer Kreis an extremen Abgeordneten den Vorsitzenden McCarthy vor sich hertreiben kann. Sollte Gaetz einen solchen Antrag wirklich einbringen, bedeutet dies noch nicht automatisch, dass McCarthy seinen Posten verliert. Eine Abstimmung kann mit Anträgen verhindert werden. Hinzu kommt, dass es unter den Republikanern keinen eindeutigen Nachfolger für McCarthy gebe, hinter dem sich alle Flügel der Partei vereinen könnten.
Ukrainischer Drohnenangriff auf russischen Flughafen Sotschi
KIEW: Die Ukraine hat nach inoffiziellen Angaben den wichtigen russischen Flughafen Sotschi am Schwarzen Meer mit Kampfdrohnen angegriffen. Ziel sei ein Abstellplatz für Hubschrauber gewesen, berichteten ukrainische Medien am Sonntag unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Der Angriff sei eine Aktion des Militärgeheimdienstes gewesen.
Russlands wichtigster Badeort Sotschi, von dem aus Präsident Wladimir Putin oft seine Amtsgeschäfte führt, liegt etwa 800 Kilometer von ukrainisch kontrolliertem Gebiet entfernt. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, über dem Gebiet Krasnodar sei eine feindliche Drohne abgeschossen worden. Sotschi gehört zu diesem Verwaltungsgebiet.
Der Flughafen von Sotschi in der Stadt Adler war nach Angaben von Bürgermeister Alexej Kopajgorodski morgens zeitweise geschlossen. Anfliegende Flugzeuge wurden umgeleitet.
Ukrainische Drohnenangriffe wurden am Sonntag auch aus den russischen Gebieten Smolensk und Belgorod gemeldet. Über der von Russland annektierten Halbinsel Krim wurden nach Moskauer Militärangaben zwei ukrainische Raketen abgefangen. Dies war indes nicht unabhängig überprüfbar. Nahe der Ortes Dschankoj im Norden der Krim wurden schwere Explosionen verzeichnet.
Russland meldet Abschuss von Raketen über der Krim
MOSKAU/SIMFEROPOL: Das russische Militär hat nach eigenen Angaben zwei ukrainische Raketen über der Halbinsel Krim abgefangen. «Die Trümmer der abgeschossenen ukrainischen Raketen sind auf das Gebiet des Landkreises Dschankoj heruntergefallen», teilte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal mit.
Der von Moskau eingesetzte Statthalter der Krim, Sergej Aksjonow, berichtete, dass durch die Raketentrümmer Lagergebäude in der Stadt beschädigt worden seien. «Tote und Verletzte hat es nicht gegeben», fügte er hinzu. Über das Ausmaß der Schäden machte er keine Angaben.
Zuvor hatten oppositionelle Telegram-Kanäle von einer lauten Explosion im Norden der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel berichtet. Die Ukraine hat seit einigen Wochen ihre Angriffe auf die Krim verstärkt. So wurden im September beispielsweise bei einem Angriff auf eine Kriegswerft in der Hafenstadt Sewastopol ein Landungsschiff und ein U-Boot beschädigt, kurz darauf ein modernes russisches Flugabwehrsystem ausgeschaltet und schließlich sogar das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte bei einem Raketenangriff schwer getroffen.
Britischer Minister: Militärausbildung soll stattfinden
LONDON: Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps will Ausbildungsmissionen für ukrainische Soldaten künftig in das von Russland angegriffene Land selbst verlegen. Auch sollten britische Rüstungsunternehmen möglichst in der Ukraine selbst produzieren, sagte der konservative Politiker dem «Sunday Telegraph». Er habe zudem bei einem Besuch in Kiew kürzlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj darüber gesprochen, wie die britische Marine eine «aktivere Rolle» im Schwarzen Meer spielen könne, wo zivile Schiffe von Russland ins Visier genommen würden, so Shapps.
Premierminister Rishi Sunak, für den am Wochenende der erste Parteitag als Tory-Vorsitzender begann, relativierte die Äußerungen seines Verteidigungsministers jedoch rasch. Es habe da Fehler in der Berichterstattung gegeben, sagte Sunak am Sonntag vor Reportern. Die Pläne seien längerfristig und nicht für das «Hier und Jetzt». Shapps habe über eine Möglichkeit an einem Zeitpunkt in der Zukunft gesprochen. Es gebe keine britischen Soldaten, die zum Kampf in dem aktuellen Konflikt geschickt würden.
Großbritannien hat eigenen Angaben zufolge seit Anfang 2022 bereits mehr als 20.000 ukrainische Soldaten auf britischem Boden ausgebildet. Nato-Staaten haben bisher - zumindest offiziell - von der Entsendung von Ausbildern in die Ukraine abgesehen, um die Gefahr einer direkten Auseinandersetzung mit Russland zu reduzieren.
Shapps hatte zwar keinen Zeitplan genannt, aber den Eindruck erweckt, es gehe um Pläne für die nähere Zukunft. «Besonders im Westen des Landes, denke ich, dass es jetzt eine Gelegenheit gibt, mehr Dinge in dem Land zu tun, und nicht nur Ausbildung», sagte Shapps dem «Sunday Telegraph». Der britische Luftfahrt- und Rüstungskonzern BAE habe beispielsweise bereits teilweise Produktion in die Ukraine verlegt. «Ich bin sehr interessiert daran, dass andere britische Unternehmen ebenfalls ihren Beitrag leisten, indem sie dasselbe tun», sagte Shapps.
London: Russland stellt sich wohl noch auf mehrere Jahre Krieg ein
LONDON: Moskau bereitet sich nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten in der Ukraine auf mehrere weitere Jahre Krieg vor. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine am Sonntag hervor. Demnach dürfte das Ausmaß der von Moskau geplanten Militärausgaben im kommenden Jahr etwa 30 Prozent der gesamten russischen Staatsausgaben erreichen. Zwar sei es wahrscheinlich, dass dies das Jahr hindurch durchgehalten werden könne, doch es dürfte zu Lasten der Gesamtwirtschaft gehen, so die Briten.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.
Linkspopulisten gewinnen Parlamentswahl in der Slowakei
BRATISLAVA: Der Linkspopulist Robert Fico hat die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen, steht aber vor einer schwierigen Regierungsbildung. Seine linksnationale Oppositionspartei «Richtung - Slowakische Sozialdemokratie» (Smer-SSD) kam nach dem offiziellen Endergebnis auf 22,9 Prozent der Stimmen, wie die staatliche Wahlkommission am Sonntag in Bratislava bekannt gab. Den zweiten Platz belegte die bisher noch gar nicht im Parlament vertretene liberale Partei «Progressive Slowakei» (PS) unter Führung des EU-Abgeordneten Michal Simecka mit 18 Prozent. Die Wahlbeteiligung erreichte 68,5 Prozent der 4,4 Millionen Stimmberechtigten.
Als wahrscheinlich galt am Sonntag, dass Fico die drittplatzierte Partei «Stimme - Sozialdemokratie» (Hlas-SD) seines ehemaligen Stellvertreters Peter Pellegrini zu Koalitionsgesprächen einlädt. Diese liberalere Sozialdemokraten-Partei hatte sich vor drei Jahren von Ficos Smer-SSD abgespalten. Sie kam nun mit 14,7 Prozent auf Platz drei.
Fico will dem von Russland angegriffenen Nachbarland Ukraine nur mehr zivile Güter, aber keine Waffen liefern. Pellegrini hingegen befürwortet wie fast alle anderen Parteien eine weitere Militärhilfe.
Biden unterschreibt Übergangshaushalt - Shutdown noch abgewendet
WASHINGTON: US-Präsident Joe Biden hat mit seiner Unterschrift einen vom Kongress beschlossenen Übergangshaushalt in Kraft gesetzt, damit der Regierung nicht das Geld ausgeht.
Der Demokrat unterschrieb das Gesetz am späten Samstagabend (Ortszeit) nach einer Abstimmung im Senat. Beide Kammern des Kongresses hatten am Samstag - nur ganz kurz vor Fristablauf in der Nacht zu Sonntag - für einen Übergangshaushalt bis Mitte November votiert und so einen sogenannten Shutdown abgewendet. Die Einigung enthält allerdings keine weitere Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine. Der Demokrat Biden hatte das zuvor mit deutlichen Worten kritisiert.
Spannende Parlamentswahl : Linksnationale Smer in Front
BRATISLAVA: Entgegen ersten Prognosen dürften doch die linksnationalen Sozialdemokraten des ehemaligen Langzeit-Regierungschefs Robert Fico stärkste Kraft bei der Parlamentswahl im Ukraine-Nachbarland Slowakei werden. Nach Auszählung von 95 Prozent der Wahlbezirke kam die Oppositionspartei «Richtung - Slowakische Sozialdemokratie» (Smer-SSD) auf 23,6 Prozent der Stimmen. Die bisher noch nicht einmal im Parlament vertretene liberale Partei «Progressive Slowakei» (PS) lag demnach an zweiter Stelle mit 16,25 Prozent. Zwei am Samstagabend von TV-Sendern veröffentlichte Nachwahlbefragungen hatten PS knapp vor Smer-SSD gesehen.
Der Abstand zwischen den beiden Parteien dürfte sich bis zur Auszählung aller Stimmen noch verkleinern. Zunächst wurden nämlich die kleineren Gemeinden fertig ausgezählt, in denen traditionell die Fico-Partei stark ist. Bratislava und die anderen Städte hingegen, in denen die Auszählung länger dauert, gelten als liberale Hochburgen. Die Wahlbeteiligung lag demnach vorläufig bei 67,9 Prozent.
Für Ficos Smer-Partei dürfte es aber nicht leicht werden, eine Koalition mit ausreichender Mehrheit zu bilden. Als Partner braucht sie vor allem die von ihr abgespaltenen liberaleren Sozialdemokraten unter Ex-Ministerpräsident Peter Pellegrini. Diese Partei mit dem Namen «Stimme - Sozialdemokratie» (Hlas-SD) kommt sowohl für Smer-SSD als auch für PS als Koalitionspartner infrage. Beim Auszählungsstand von 95 Prozent lag Hlas-SD mit 15,3 Prozent an dritter Stelle. Im Unterschied zu Fico ist Pellegrini für militärische Hilfe an die Ukraine.