Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Sonntag

Foto: epa/dpa
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Selenskyj gratuliert Erdogan zum Wahlsieg

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen türkischen Amtskollegen Tayyip Recep Erdogan zum Wahlsieg beglückwünscht. «Ich gratuliere dem Präsidenten der Türkei @RTErdogan anlässlich des Siegs bei den Präsidentenwahlen», schrieb Selenskyj am Sonntagabend bei Twitter. Er zähle auf die weitere Zusammenarbeit im bilateralen Bereich sowie bei der Stärkung der Sicherheit Europas.

Die Türkei hat sich während des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine als Vermittler angeboten. Ankara ist es gelungen, weiter gute Beziehungen sowohl zu Moskau als auch zu Kiew zu erhalten. So haben die Kriegsgegner Russland und Ukraine im vergangenen Sommer auch unter türkischer Vermittlung ein Getreideabkommen geschlossen. Das sieht ein Ende der russischen Blockade ukrainischer Seehäfen für die Wiederaufnahme des Getreideexports vor, der wichtig für die Stabilität der internationalen Lebensmittelpreise ist.


Selenskyj richtet Kampfansage an russische Führung

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Sturz der russischen Führung nach deren Niederlage in ihrem Angriffskrieg vorausgesagt. «Kiew und alle unsere Städte, unsere gesamte Ukraine werden den Schlusspunkt unter die Geschichte des Moskauer Despotismus setzen, der viele verschiedene Völker über sehr lange Zeit hinweg versklavt hat», sagte er am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. Der Staatschef war dabei nicht wie üblich in einem abgeschirmten Raum, sondern im Abendlicht auf der Straße vor dem Präsidentenbüro in Kiew zu sehen.

Der ukrainischen Flugabwehr sei es gelungen, einen der größten russischen Drohnenangriffe seit Kriegsbeginn fast völlig abzuwehren, sagte Selenskyj. Russland habe so versucht, den Kiewern den Stadtgeburtstag zu verderben. Doch Kiew habe in seiner Geschichte schon verschiedenste Gräueltaten überlebt und werde auch die Angriffe der Russen überstehen und diesen die Eroberung nicht ermöglichen, so der 45-Jährige. Seinen Worten nach können Waffen wie die Shahed-Drohnen Russlands Machthaber nicht retten. Weil es das Leben und die Kultur verachte, könne Russland den Krieg nur verlieren, prognostizierte er.

Russland begann vor mehr als 15 Monaten seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nach einigen Erfolgen zu Beginn musste die russische Armee dabei mehrere schmerzliche Niederlagen einstecken und sich aus dem Gebiet Charkiw und Teilen des Gebiets Cherson zurückziehen. Trotzdem kontrolliert Moskau einschließlich der 2014 annektierten Krim immer noch rund ein Fünftel des ukrainischen Territoriums.


Selenskyj bringt Sanktionen gegen Iran ins Parlament ein

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Sanktionen mit einer Dauer von 50 Jahren gegen den Iran eingeleitet. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Unian am Sonntag unter Verweis auf eine im ukrainischen Parlament eingegangene Gesetzesinitiative des Präsidenten. Verboten werden sollen etwa der Handel mit militärischer Ausrüstung und sogenannten Dual-Use-Gütern, die zivil und militärisch genutzt werden können.

Zudem will die Ukraine auch ihre wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Iran einstellen und die Ausfuhr von Kapital in die Islamische Republik unterbinden. Vorgeschlagen wird zudem ein Verbot für Technologietransfer und Investitionen im Iran. Es wird erwartet, dass das ukrainische Parlament der schon vom nationalen Sicherheitsrat abgesegneten Entscheidung zustimmt.

Hintergrund der Spannungen zwischen Kiew und Teheran sind die anhaltenden russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine. Moskau nutzt dabei nach ukrainischen Angaben vorwiegend Drohnen des iranischen Typs Schahed. Der Iran bestreitet dies. Erst am Sonntag war bekannt geworden, dass der Iran seine Exporte nach Russland im vergangenen persischen Kalenderjahr (bis Ende März) um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 744 Millionen US-Dollar (rund 693 Mio Euro) gesteigert hat.


Gouverneur russischer Grenzregion meldet ukrainischen Beschuss

BELGOROD: Die westrussische Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine ist nach Angaben der Behörden erneut unter Beschuss geraten. Schwerpunkt der gestrigen Angriffe seien die Landkreise Schebekino und Graiworon gewesen, teilte der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal mit. In Graiworon, wo es Anfang der Woche zu schweren Kämpfen kam, seien 115 Granaten eingeschlagen, im Kreis Schebekino habe es 103 Einschläge gegeben.

Bei den Angriffen auf Schebekino ist Gladkow zufolge ein Wachmann ums Leben gekommen, drei Personen wurden verletzt, darunter zwei Minderjährige. Sie würden im Krankenhaus behandelt. Sowohl in Schebekino als auch im Kreis Graiworon sind nach seinen Angaben Wohnhäuser durch den Beschuss beschädigt worden.

Russland hat vor mehr als 15 Monaten seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Der Beschuss ukrainischer Städte gehört zum Kriegsalltag, ebenso wie getötete Zivilisten auf ukrainischer Seite. Allerdings beklagt Russland auch einen zunehmenden Beschuss der eigenen grenznahen Regionen durch Artillerie und Drohnen. Die Region Belgorod wurde Anfang der Woche von schweren Kämpfen erschüttert. Die Verantwortung für die Angriffe auf das Gebiet haben Freiwilligenkorps russischer Staatsbürger übernommen. Kiew selbst dementiert eine direkte Beteiligung an den Attacken.


London: Russische Bürger werden zu Opfern für den Krieg aufgerufen

LONDON: Bürgerinnen und Bürger in Russland werden laut britischen Geheimdienstexperten vermehrt dazu aufgerufen, aktiv Opfer für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu bringen. «Staatlich unterstützte russische Medien und Unternehmensgruppen haben das Wirtschaftsministerium ersucht, angesichts der wirtschaftlichen Anforderungen des Krieges eine Sechs-Tage-Woche für die Arbeiter zu genehmigen, anscheinend ohne zusätzliche Bezahlung», hieß es am Sonntag im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London.

Am 21. Mai habe die führende russische Propagandistin Margarita Simonjan dafür plädiert, dass Bürger nach ihren regulären Jobs jeden Tage zwei Stunden extra in Munitionsfabriken arbeiten sollten, berichteten die Geheimdienstexperten. Der sich entwickelnde Ton in der Öffentlichkeit spiegele deutlich ein sowjetisches Gefühl des gesellschaftlichen Zwangs wider. «Er unterstreicht auch, dass die Führung sehr wahrscheinlich die wirtschaftliche Leistung als einen entscheidenden Faktor für den Sieg im Krieg ansieht», hieß es.

Das Verteidigungsministerium in London veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.


Massiver nächtlicher Drohnenangriff gegen die Ukraine

KIEW: In der Nacht hat Russland einen der schwersten Drohnenangriffe seit Monaten gegen die Ukraine durchgeführt. «Insgesamt wurde der Start von einer Rekordzahl an Kamikaze-Drohnen registriert: 54!», teilte der Pressedienst der ukrainischen Luftwaffe am Sonntagmorgen auf Telegram mit. Obwohl nach Angaben der Behörden 52 der unbemannten Fluggeräte abgeschossen werden konnten, gab es einen Toten und eine Verletzte zu beklagen.

Die Attacke galt demnach hauptsächlich der Hauptstadt Kiew. Nach Angaben der dortigen Militärverwaltung wurden über Kiew 40 Drohnen abgeschossen. Es sei bereits der 14. Angriff seit Anfang Mai, teilte Militärgouverneur Serhij Popko auf Telegram mit. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko wurde eine 35-Jährige durch Trümmer einer herabfallenden Drohne verletzt, ein 41-Jähriger kam ums Leben. Mehrere Gebäude wurden beschädigt, es kam zu Bränden.

Schäden wurden auch aus der Gebietshauptstadt Schytomyr, rund 120 Kilometer westlich von Kiew, gemeldet. Es habe aber keine Todesopfer gegeben, teilte Bürgermeister Serhij Suchomlyn auf seiner Facebook-Seite mit.

Neben den Drohnenangriffen meldeten die ukrainischen Behörden zudem den Artilleriebeschuss der Region Sumy an der Grenze zu Russland und der Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk. Nikopol liegt am Nordufer des Dnipro gegenüber Enerhodar, wo sich das von Russen seit Kriegsbeginn besetzte Atomkraftwerk Saporischschja befindet. Nikopol ist daher seit Monaten immer wieder unter Beschuss.

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