Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Sonntag

Foto: epa/dpa
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Selenskyj fordert mehr Unterstützung für Soldaten

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bevölkerung zu mehr Unterstützung der Soldaten im Krieg gegen Russland aufgerufen. «Die Situation an der Front steht immer im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit», sagte Selenskyj am Sonntagabend in einer Videoansprache. «Es ist falsch und ungerecht, wenn unsere Soldaten, die von der Front zurückkommen, das Gefühl haben, dass für viele im Hinterland der Krieg schon vorbei ist.» Gemeint seien vor allem Menschen, die weit entfernt von den Kampfzonen lebten, «und die geistig weit weg sind von den Schützengräben».

«Heute wie vor einem Jahr kann man sich gedanklich nicht weit vom Krieg entfernen - auch wenn die tatsächlichen Kämpfe dank unserer Soldaten für viele Menschen geografisch weit weg sind», sagte Selenskyj. Dann appellierte er an seine Landsleute: «Liebe Ukrainerinnen und Ukrainer, bitte unterstützen Sie unsere Soldaten, wann immer Sie können.» Die zurückkehrenden Soldaten brauchten jede nur mögliche Hilfe der Bevölkerung. Die Ukraine wehrt sich seit dem Februar vergangenen Jahres gegen den russischen Angriffskrieg.


Kiew: Serie von russischen Angriffen abgewehrt

KIEW: Die ukrainischen Truppen haben am Sonntag nach eigener Darstellung rund 50 Angriffe russischer Einheiten an verschiedenen Frontabschnitten im Osten des Landes abgewehrt. Die Schwerpunkte der Angriffe lagen nach Angaben des Generalstabs in Kiew rund um die Orte Limansk, Bachmut, Awdijiwka und Marijinsk. Die Vorstöße seien «mit professionellen und koordinierten Aktionen» abgeschlagen worden. Dabei hätten die russischen Einheiten erneut schwere Verluste erlitten. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Das russische Militär versucht bereits seit Wochen, die weitgehend starren Frontlinien im Osten der Ukraine zu durchbrechen. Russland hat im Februar des Vorjahres einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.


Ukrainische Drohne explodiert in Dorf

MOSKAU: Eine vermutlich von der Ukraine gestartete Drohne ist am Sonntag nach russischen Angaben knapp 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Moskau niedergegangen und detoniert. Bei der Explosion in dem Dorf Kirejewsk bei Tula seien drei Menschen verletzt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. An mehreren Gebäuden sei erheblicher Sachschaden entstanden. Die Angaben ließen sich von unabhängiger Seite zunächst nicht überprüfen.

Bei der Drohne handelt es sich nach Angaben russischer Ermittler um eine Tu-141 «Strisch» («Uferschwalbe»). Die in den 1970er-Jahren entwickelte Drohne diente ursprünglich zur Aufklärung, soll aber von den ukrainischen Streitkräften zur sogenannten Kamikaze-Drohne umgebaut worden sein. Russland führt seit 13 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine.


Kiew fordert Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zu Atomwaffen

KIEW: Die Ukraine hat eine sofortige Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur von Russland geplanten Stationierung taktischer Atomwaffen im Nachbarland Belarus verlangt. Die Pläne seien ein «weiterer provokativer Schritt des kriminellen Regimes» von Kremlchef Wladimir Putin, erklärte das Außenministerium am Sonntag in Kiew. Damit würden die Grundsätze des Atomwaffensperrvertrags, die nukleare Abrüstungsarchitektur und das internationale Sicherheitssystem insgesamt untergraben.

Russland gehört zu den Ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen in New York. An die vier anderen Ständigen Mitglieder - die USA, Großbritannien, Frankreich und China - appellierte die Ukraine, Maßnahmen gegen eine «nukleare Erpressung» zu beschließen. Zudem forderte Kiew die Gruppe der sieben Wirtschaftsmächte (G7) und die Europäische Union auf, Belarus vor den Folgen einer solchen Stationierung zu warnen»

Putin hatte am Samstagabend bekanntgegeben, dass sich Russland und Belarus auf die Stationierung taktischer Atomwaffen verständigt haben. Russland verstoße damit nicht gegen den internationalen Atomwaffensperrvertrag. Belarus ist sowohl Nachbarland Russlands als auch der Ukraine, die seit mehr als einem Jahr gegen eine Invasion russischer Truppen kämpft.


Politologe: Putin will mit Atomwaffen in Belarus Westen einschüchtern

LONDON: Mit der Stationierung taktischer Atomwaffen im Nachbarland Belarus will Russlands Präsident Wladimir Putin nach Ansicht eines Experten den Westen abschrecken und von Fehlern ablenken. «Sie sollen den Westen einschüchtern, seine Waffenlieferungen für die ukrainischen Offensiven 2023 weiterzuführen», sagte der Politologe Maximilian Terhalle der Deutschen Presse-Agentur. «In erster Linie aber soll die Ankündigung davon ablenken, dass Putin zum Beispiel in Bachmut nicht den Fortschritt macht, den er zwingend braucht.»

Der Geopolitik-Experte, der am King's College in London gelehrt hat, warnte den Westen davor, aus Angst vor einem Atomschlag die Unterstützung für die Ukraine zu kürzen. «Das Muster einer taktischen Nukleardrohung bei konventionellem Nicht-Erfolg ist bereits bekannt vom letzten Oktober», sagte Terhalle. «Es ist ein gutes Anzeichen, dass die russische Armee und Wagner-Truppen nicht in der Lage sind, die Ukrainer zu brechen.» Die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine ist seit Monaten schwer umkämpft und heute praktisch zerstört.

Der Politologe betonte: «Wie 2022 wird Putin auch 2023 keine Nuklearwaffen einsetzen, weil er dadurch seine wichtigste Waffe, die Einschüchterung, die im Falle Deutschlands und der Panzerfrage erheblich die Nato beeinflusst hat, aus der Hand verlieren würde.» Gleichzeitig befördere der Kremlchef mit der Stationierung in Belarus unbeabsichtigt eine Debatte um die Notwendigkeit stärkerer nuklearer Fähigkeiten in Europa.


Russische Atomwaffen nach Belarus: Sofia ruft zu Verhandlungen auf

SOFIA: Bulgariens Vizepräsidentin Ilijana Jotowa hat angesichts der vom Kreml angekündigten Verlegung russischer Atomwaffen nach Belarus zu Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine aufgerufen. Die Lage werde «immer gefährlicher und furchterregender», sagte die Vizepräsidentin des südosteuropäischen Landes am Sonntag in Sofia. Deshalb riefen sie und der bulgarische Staatspräsident Rumen Radew immer wieder zu Verhandlungen auf: «Das sind keine leeren Worte», sagte Jotowa. Dies sei der Wunsch Bulgariens, weil mehr Rüstung in allen Ländern zu unvorhersehbaren Entscheidungen führe und nun in der Praxis ein ernsthafter Krieg drohe.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Samstagabend bekanntgegeben, dass sich Russland und Belarus auf die Stationierung taktischer Atomwaffen verständigt haben. Bulgariens Vize-Präsidentin Jotowa sagte dazu: «Ich hoffe, dass die Vernunft doch siegen wird. Und dass es in diesem Fall vielmehr um Drohungen geht, als um wirkliche Handlungen.»

Das bulgarische Parlament hatte erst Ende 2022 ein erstes militärisches Hilfspaket des südöstlichen EU-Landes für die Ukraine beschlossen. Doch Staatschef Radew hat diese Entscheidung der pro-westlichen Mehrheit in der inzwischen aufgelösten Volksversammlung immer wieder kritisiert.


London: Russland hat neue iranische Drohnen erhalten

LONDON: Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste neue Drohnen aus dem Iran für den Einsatz gegen die Ukraine erhalten. Nach zweiwöchiger Pause habe Russland seit März mindestens 71 iranische «Kamikaze-Drohnen» vom Typ Shahed gegen ukrainische Ziele eingesetzt, teilte das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mit. Das deute darauf hin, dass Russland aus dem Iran nun regelmäßige Lieferungen «einer kleinen Anzahl» von Shahed-Drohnen erhalte.

Für die unbemannten Flugkörper gebe es vermutlich zwei Startplätze: aus dem russischen Gebiet Brjansk im Nordosten der Ukraine sowie aus der Region Krasnodar im Osten. «Dies ermöglicht Russland, weite Bereiche der Ukraine anzugreifen und verkürzt die Flugzeit zu Zielen im Norden der Ukraine», erklärte das britische Ministerium.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

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