Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Samstag

Das Foto zeigt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenski (l., v.) und den kanadischen Premierminister Justin Trudeau am 10. Juni 2023 in Kiew. Foto: epa/Presidential Press Service
Das Foto zeigt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenski (l., v.) und den kanadischen Premierminister Justin Trudeau am 10. Juni 2023 in Kiew. Foto: epa/Presidential Press Service

Selenskyj bedankt sich für Waffenhilfe aus Kanada

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich nach dem Besuch von Kanadas Premierminister Justin Trudeau für neue Militärhilfe aus Ottawa bedankt. Wichtig sei vor allem die Lieferung von Artilleriemunition vom Kaliber 155, sagte er am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Er lobte zudem Kanadas Einsatz für eine internationale Koalition, die der Ukraine bei der Beschaffung westlicher Kampfjets helfen soll. Trudeau hatte zuvor bei seinem Besuch etwa die Fortsetzung eines Ausbildungsprogramms für ukrainische Piloten verkündet. Insgesamt beläuft sich das neue Rüstungspaket Kanadas auf umgerechnet rund 350 Millionen Euro.

Die Ukraine sehe den Sinn internationaler Beziehungen im Geben und Nehmen, sagte Selenskyj. Daher sei Kiew auch bereit, Kanada bei der Bekämpfung der Waldbrände zu helfen, falls eine solche Unterstützung nötig sei. Zugleich rief Selenskyj internationale Hilfsorganisationen erneut dazu auf, sich nach der Flutwelle in der Südukraine infolge der Staudamm-Zerstörung auf dem von Russland besetzten Gebiet zu engagieren. Am rechten, von Kiew kontrollierten Dnipro-Ufer, seien inzwischen 3000 Menschen vor den Wassermassen in Sicherheit gebracht worden. Im russisch kontrollierten Gebiet erhielten die Menschen aber von Moskau keine wirkliche Hilfe, sagte Selenskyj.

Auf die Lage an der Front ging er vor dem Hintergrund schwerer Kämpfe im Süden des Landes nur am Rande ein. «Ich danke allen, die ihre Positionen halten und die nach vorn stoßen», sagte Selenskyj.

Medien hatten zuletzt über den Beginn der erwarteten ukrainischen Gegenoffensive im Süden des Landes berichtet. Während das russische Militär behauptet, die Angriffe abgewehrt zu haben, gibt es von ukrainischer Seite keine Angaben zum Verlauf der Kämpfe.


Macron macht Druck auf Iran: Drohnenlieferungen an Russland stoppen

PARIS: Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat Teheran in einem Telefonat mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi aufgefordert, die militärische Unterstützung für Russland zu beenden. Macron habe vor den schwerwiegenden sicherheitspolitischen und humanitären Folgen der iranischen Drohnenlieferungen an Russland gewarnt, teilte der Élyséepalast am Samstag in Paris mit. Er habe die Führung in Teheran aufgefordert, ihre Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sofort einzustellen.

Außerdem habe Macron seine Besorgnis über den aktuellen Kurs des iranischen Atomprogramms zum Ausdruck gebracht. Wichtig sei, dass Teheran konkrete und überprüfbare Deeskalationsmaßnahmen ergreife und seinen internationalen Verpflichtungen nachkomme und die im März gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde eingegangenen Verpflichtungen vollständig und unverzüglich umsetze, hieß es.


Kanada kündigt neue millionenschwere Militärhilfen für Kiew an

NEW YORK/KIEW: Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat der Ukraine bei einem unangekündigten Besuch in Kiew weitere Militärhilfen im Umfang von etwa 500 Millionen kanadischen Dollar (knapp 350 Millionen Euro) zugesagt. Das sagte Trudeau am Samstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Außerdem werde sich Kanada dem multinationalen Ausbildungsprogramm ukrainischer Kampfpiloten und der Wartung von Kampfpanzern des Typs Leopard anschließen.

Mit Blick auf die Zerstörung des Kachowka-Staudamms stelle Kanada außerdem weitere zehn Millionen kanadische Dollar (knapp sieben Millionen Euro) für humanitäre Hilfe bereit. Trudeau bekräftigte die fortlaufende Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. «Kanada steht an der Seite der Ukraine mit allem, was nötig ist und solange es nötig ist», sagte er. «Das ist ein folgenreicher Moment für die Ukraine, aber auch ein folgenreicher Moment für die Welt.»

Kanada hat Kiew nach eigenen Angaben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bislang bereits Militärhilfen im Umfang von mehr als einer Milliarde Dollar zur Verfügung gestellt.


Kanadischer Premier Trudeau zu Überraschungsbesuch in Kiew

KIEW: Der kanadische Premierminister Justin Trudeau ist zu einem unangekündigten Besuch in Kiew eingetroffen. «Willkommen in der Ukraine», twitterte der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk am Samstag ein Foto, das zeigt, wie er Trudeau am Bahnhof in Empfang nimmt. Medienangaben nach hat die Visite mit einer Kranzniederlegung für die ukrainischen Gefallenen nahe dem St. Michaelskloster im Zentrum der Hauptstadt begonnen. Auch ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sei vorgesehen, teilte das Büro des kanadischen Premierministers später mit.

Zusammen mit Trudeau ist auch die kanadische Vize-Regierungschefin Chrystia Freeland nach Kiew gereist. Ottawa gilt als einer der größten Unterstützer Kiews bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg und hat der Ukraine unter anderem auch Panzer vom Typ Leopard übergeben. Trudeau selbst war bereits im Mai 2022 in der ukrainischen Hauptstadt. Damals besuchte er auch den stark zerstörten Vorort Irpen.


Selenskyj: Ukrainische Gegenangriffe laufen

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Beginn von ukrainischen Gegenangriffen entlang der Front bestätigt. Im Rahmen der Verteidigung liefen Gegenangriffe in der Ukraine, sagte er am Samstag bei einer Pressekonferenz in Kiew. «In welchem Stadium sie sind, werde ich detailliert nicht sagen.» Er ließ damit offen, ob es sich um den Beginn der seit Monaten erwarteten ukrainischen Gegenoffensive handelt.

Zugleich widersprach Selenskyj Russlands Präsident Wladimir Putin, der am Vortag erklärt hatte, die ukrainische Gegenoffensive habe begonnen, jedoch habe Kiew seine selbst gestellten Ziele dabei nicht erreicht. Er würde weder Telegram-Kanälen noch Putin glauben, die das Scheitern der Offensive erklärten, sagte Selenskyj. Er sei täglich im Gespräch mit seinen Generälen und die seien «in guter Stimmung». «Das können Sie Putin so mitteilen.» Vertrauen könne man nur dem ukrainischen Militär.

Der ukrainische Generalstab hat bislang öffentlich noch nichts zum Beginn der Gegenoffensive mitgeteilt. Die Offensive wird seit März erwartet. Für ihre Durchführung hat Kiew von westlichen Verbündeten zahlreiche Waffensysteme bekommen, unter anderem deutsche Schützenpanzer vom Typ Leopard. Mit der Großoffensive will die ukrainische Führung von Russland besetzte Territorien des eigenen Landes zurückerobern. Zuletzt gab es Berichte über schwere Gefechte im Süden der Ukraine.

Russland hatte die Ukraine im Februar 2022 überfallen und Tod und Zerstörung über das Land gebracht.


Behörden: Pegelstand im Stausee sinkt weiter schnell ab

CHERSON: Der Stausee des Dnipro im Süden der Ukraine hat nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms laut Behördenangaben inzwischen mehr als ein Drittel des im Frühjahr angesammelten Hochwassers verloren. «Stand 12.00 Uhr am 10. Juni ist das Niveau des Kachowka-Stausees im Raum Nikopol auf 10,2 Meter gesunken», teilte der ukrainische Wasserkraftversorger Ukrhidroenerho am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Die Wasserkraftanlagen arbeiten nach Angaben des Betreibers mit halber Kraft.

Zugleich teilte Ukrhidroenerho mit, dass am Oberlauf des Dnipro nun stärker Wasser angestaut werde, um im Sommer Strom generieren zu können. Der Dnipro ist als drittgrößter Fluss Europas in der Ukraine an sechs Stellen für die Stromproduktion aufgestaut.

In der Nacht zum Dienstag ist der Kachowka-Staudamm zerstört worden. Im südukrainischen Gebiet Cherson stehen große Landstriche unter Wasser - sowohl auf der von Kiew kontrollierten rechten Flussseite als auch am russisch besetzten linksseitigen Dnipro-Ufer. Die Ukraine und der Westen werfen Russland die Zerstörung des Damms vor. Moskau bestreitet dies und gibt Kiew die Schuld für die Katastrophe.


Rheinmetall-Chef: Bewertung von 17 Milliarden Euro realistisch

BERLIN: Angesichts der gestiegenen Nachfrage geht der Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall davon aus, dass der Wert des Unternehmens in den kommenden Jahren deutlich steigt. «Eine Bewertung von 17 Milliarden Euro ist für Rheinmetall mittelfristig realistisch», sagte Armin Papperger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Im Moment wird Rheinmetall an der Börse mit gut 10 Milliarden Euro bewertet.

Der Manager sagte, er sei mit der Wertentwicklung seines Unternehmens sehr zufrieden. Auch will der Konzern nach seinen Worten nicht zu einem reinen Rüstungshersteller werden. Man suche zwar nach einem Käufer für das Kolbengeschäft. «In anderen zivilen Bereichen investieren wir. Zum Beispiel liefern wir künftig besonders leise Kompressoren für Wärmepumpen», sagte Papperger. Rheinmetall sei ein Technologiekonzern und bleibe das auch.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine versuchen vor allem viele europäische Länder, ihre Armeen besser mit Waffen und Munition auszustatten. Davon profitieren Rüstungshersteller. Zudem werden Waffen und Munition von Rheinmetall auch in die Ukraine geliefert.


Großbritannien: Ukraine macht Fortschritte in umkämpften Landesteilen

LONDON: Inmitten von Spekulationen über den möglichen Beginn der lang erwarteten ukrainischen Großoffensive geht Großbritannien in einigen Gebieten von militärischen Fortschritten der Streitkräfte des angegriffenen Landes aus. In den vergangenen 48 Stunden habe es wichtige ukrainische Militäroperationen im Osten und Süden des Landes gegeben, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstagmorgen mit. Während in einigen Gegenden gute Fortschritte erzielt und die erste russische Verteidigungslinie durchbrochen worden sei, gehe es für die Ukrainer anderswo langsamer voran. Genauere Angaben zu den Gebieten wurden nicht gemacht.

Außerdem berichteten die Briten in ihrem täglichen Geheimdienst-Update davon, dass die russische Luftwaffe über der Südukraine ungewöhnlich aktiv gewesen sei. Unklar bleibe jedoch, ob taktische Luftangriffe wirkungsvoll gewesen seien.

Mehr als 15 Monate nach Beginn des von ihm angeordneten Angriffskriegs hatte der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag gesagt, die seit längerem erwartete ukrainische Gegenoffensive habe vor einigen Tagen begonnen. Zuvor hatten bereits einige internationale Medien unter Berufung auf ukrainische Militärvertreter vermutet, dass die Aktion zur Befreiung von Russland besetzter Gebiete seit einigen Tagen laufe.

Kiew selbst hält sich bedeckt, hatte allerdings auch immer betont, dass es sich nicht zum Beginn der eigenen Offensive äußern werde. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in seiner abendlichen Videoansprache von «besonders schwierigen Schlachten» gesprochen.


Mehrere Tote und Verletzte bei nächtlichem Drohnenangriff auf Odessa

ODESSA: In der ukrainischen Hafenstadt Odessa sind durch nächtliche russische Drohnenangriffe mehrere Menschen verletzt und getötet worden. «Infolge eines Luftkampfes sind Trümmer einer Drohne in die Wohnung eines mehrgeschossigen Hauses gestürzt und haben ein Feuer ausgelöst», teilte das Oberkommando der ukrainischen Heeresgruppe Süd am Samstag auf Facebook mit. Durch die Flammen seien drei Zivilisten ums Leben gekommen. 26 weitere Personen wurden demnach verletzt.

Die ukrainische Luftwaffe teilte später mit, dass Russland 35 Drohnen und acht Raketen auf Ziele in der Ukraine gelenkt habe. 20 Drohnen des iranischen Typs Shahed und zwei ballistische Raketen seien abgeschossen worden. Die russischen Angriffe richteten sich demnach neben Odessa auch gegen Ziele in der Region Poltawa und in Charkiw.

Russland hat vor mehr als 15 Monaten seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet und beschießt das Nachbarland seit Monaten regelmäßig mit Drohnen und Raketen. Moskau behauptet, damit strategisch wichtige Ziele und Militäreinheiten anzugreifen. Allerdings werden auch immer wieder Zivilisten Opfer dieser Attacken. Zuletzt kamen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mehrere Menschen bei solchen nächtlichen Angriffen ums Leben.

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