Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Samstag

Foto: epa/dpa
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Selenskyj kündigt weitere ukrainische Sanktionen gegen Russland an

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat neue Sanktionen seines Landes gegen Russland und dessen Verbündete Iran und Syrien angekündigt. «Die ukrainischen Sanktionen sind Teil des globalen Drucks auf Russland», sagte der 45-Jährige am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Insgesamt betroffen seien 400 Personen und Firmen, darunter auch die Verantwortlichen für die Lieferungen der iranischen Shahed-Drohnen. Diese werden vom russischen Militär im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt. Die Sanktionen haben wohl vor allem eine symbolische Bedeutung, da die meisten Betroffenen keine Geschäfte mit Kiew unterhalten.

Selenskyj machte in seiner Videobotschaft die Passivität der Weltgemeinschaft in Syrien vor einigen Jahren, als Kremlchef Wladimir Putin dort Präsident Baschar al-Assad mit seinen Bomben an der Macht gehalten habe, für den Beginn des Kriegs in der Ukraine verantwortlich. «Die Menschen in Syrien haben keinen angemessenen internationalen Schutz erhalten, und dies hat dem Kreml und seinen Komplizen das Gefühl gegeben, straffrei zu sein», sagte Selenskyj.

«Es gibt nur einen Weg, das Leben zu schützen - es ist notwendig, die russische Armee von ukrainischem Boden zu vertreiben. Und wir werden es tun», versprach Selenskyj. Mit Blick auf die zurückliegende Woche wähnte er sein Land dabei auf einem guten Weg. So habe die Ukraine ein neues Rüstungspaket mit Munition, Artillerie und Kampfflugzeugen aus dem Westen bekommen. Zudem habe es in größerer Runde Verhandlungen mit den USA über weitere Rüstungshilfe gegeben, erklärte der ukrainische Staatschef.


Putin fliegt zu unangekündigtem Besuch auf annektierte Halbinsel Krim

SEWASTOPOL: Kremlchef Wladimir Putin ist zum neunten Jahrestag der russischen Annexion der Krim zu einem unangekündigten Besuch auf der Schwarzmeer-Halbinsel eingetroffen. «Unser Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin hat es drauf, zu überraschen», schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Hafenstadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Samstag in seinem Telegram-Kanal. Das Staatsfernsehen verbreitete Bilder, auf denen der Kremlchef bei der Eröffnung einer Kunstschule für Kinder in Sewastopol zu sehen war.

Außerdem besichtige Putin auch ein Kinderferienlager, das an der Ausgrabungsstätte der antiken Stadt Chersones auf dem heutigen Stadtgebiet von Sewastopol liegt und Kindern Geschichte näher bringen soll.

Es ist der erste Besuch des russischen Präsidenten auf der Krim zum Jahrestag der Annexion seit 2020. Damals überreichte er den Bauarbeitern der Krim-Brücke, die vom russischen Festland auf die annektierte Halbinsel führt, Orden. 2021 und 2022 beging Putin die Feierlichkeiten in Moskau bei einem Großkonzert.

Das letzte Mal auf der Krim war Putin nach Medienangaben im Juli 2020. Seit Beginn des von ihm befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine meidet der russische Präsident allgemein frontnahe Gebiete. Ende 2022 testete er immerhin die Befahrbarkeit der Krim-Brücke, die durch einen Anschlag im Herbst schwer beschädigt worden war.


Ukrainischer Regierungschef bestätigt anstehende Ministerentlassungen

KIEW: In der kommenden Woche werden in der ukrainischen Regierung nach offiziellen Angaben zwei Minister ausgetauscht. «Heute haben wir bei der Fraktionssitzung der politischen Partei «Diener des Volkes» Kaderveränderungen in der Regierung besprochen, die für die kommende Woche geplant sind», teilte Regierungschef Denys Schmyhal am Samstag über seinen Telegram-Kanal mit. Dies betreffe das Bildungs- und das Industrieministerium.

So soll der aktuelle Minister für Bildung und Wissenschaft, Serhij Schkarlet, durch Oksen Lisowyj ersetzt werden, der bislang Direktor der Kleinen Akademie der Wissenschaften war und als Freiwilliger in einer Luftlandebrigade gedient hat. Das Ministerium für strategische Industriesektoren soll der ehemalige Chef der ukrainischen Eisenbahn übernehmen, Olexander Kamyschin. Er wird Pawlo Rjabykin ersetzen. Darüber hinaus werden die Kompetenzen von Vizeregierungschef Mychajlo Fedorow erweitert, der künftig für Innovation, Bildung, Wissenschaft und Technologie verantwortlich sein wird.

Nach Medienberichten tritt zumindest Bildungsminister Schkarlet aus eigenem Antrieb zurück. Zu den Gründen ist nichts bekannt. Zuletzt war die ukrainische Regierung von mehreren Korruptionsskandalen erschüttert worden, die zu einigen Absetzungen geführt hatten.


Erdogan: Russland und Ukraine verlängern Getreideabkommen

ISTANBUL: Russland und die Ukraine haben sich auf eine Verlängerung des Getreideabkommens geeinigt.

Das teilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Samstag mit.


Festveranstaltungen auf der Krim zum Jahrestag der Annexion

SIMFEROPOL: Zum neunten Jahrestag der russischen Krim-Annexion haben landesweit Festveranstaltungen begonnen. «Heute sagen wir unserem Präsidenten für seine Entscheidung Danke, den Krim-Bewohnern für ihre Geschlossenheit und ihren Willen und allen Russen dafür, dass sie uns damals unterstützt haben», schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Krim, Sergej Aksjonow, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal. Besonders rege sind die Aktivitäten auf der Halbinsel selbst. Dort startete eine patriotisch aufgeladene Auto- und Motorrad-Rallye mit dem kremlnahen Biker-Clubs «Nachtwölfe».

Daneben sind auf der Halbinsel eine Reihe von patriotischen Konzerten geplant. In der russischen Hauptstadt Moskau wurden im Stadtzentrum zwei Jahrmärkte zu dem Thema «Wiedervereinigung» aufgebaut. Das alljährliche Großkonzert im Moskauer Luschniki-Stadion, an dem sonst auch Kremlchef Wladimir Putin teilnahm, wurde aber in diesem Jahr abgesagt. Eine offizielle Begründung gibt es nicht. In den Medien mehrten sich Spekulationen über Angst vor einem Terroranschlag.

Die kremlnahe Tageszeitung «Iswestija» veröffentlichte zum Jahrestag eine Umfrage, wonach 86 Prozent der Russen die Annexion der Krim weiter befürworten. Russland entriss der Ukraine die Halbinsel 2014. International wird die Annexion als Völkerrechtsbruch verurteilt.


Scholz zu Putin-Haftbefehl: Niemand steht über Recht und Gesetz

TOKIO: Nach dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Bundeskanzler Olaf Scholz betont, dass niemand über Recht und Gesetz stehe. «Der internationale Strafgerichtshof ist die richtige Institution, Kriegsverbrechen zu untersuchen», sagte Scholz am Samstag auf einer Pressekonferenz mit dem japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida in Tokio zu der Entscheidung. Er fügte hinzu: «Und es ist so, dass niemand über Recht und Gesetz steht.» Der Haftbefehl des Gerichts im niederländischen Den Haag war wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten Gebieten in der Ukraine nach Russland ergangen.

Kishida sagte, der Haftbefehl sei «der erste konkrete Schritt». Die Ermittlungen würden nun fortgesetzt. «Als Japan werden wir die weiteren Ermittlungen des Strafgerichtshofs weiter mit großem Interesse verfolgen.»

Zur Reise des chinesischen Präsidenten Xi Jinping nach Moskau in der kommenden Woche sagte Scholz, es müsse dabei klar werden, «dass dieser Krieg nur beendet werden kann, wenn Russland Truppen zurückzieht». Außerdem äußerte der Kanzler die Erwartung, dass Xi auch Kontakt zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufnimmt. Xi will von Montag bis Mittwoch erstmals seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Putin in Moskau treffen.


London: Russland weitet Wehrpflicht zur Verstärkung der Truppen aus

LONDON: Russlands Behörden bereiten sich nach Einschätzung britischer Geheimdienste wahrscheinlich auf eine Ausweitung des Wehrdienstes vor, um die Streitkräfte zu verstärken. Am 13. März sei im russischen Unterhaus ein Gesetzentwurf eingebracht worden, wonach künftig Männer im Alter zwischen 21 und 30 Jahren einberufen werden sollen statt wie bisher Männer zwischen 18 und 27 Jahre, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstag mit. «Das Gesetz wird voraussichtlich verabschiedet und würde dann im Januar 2024 in Kraft treten», hieß es in London.

Seit der Zeit der Sowjetunion beruft Russland zweimal jährlich Wehrpflichtige ein. «Offiziell schließt Russland Wehrpflichtige weiterhin von Operationen in der Ukraine aus, obwohl mindestens Hunderte wahrscheinlich zum Einsatz gekommen sind - durch Verwechslungen der Behörden oder nachdem sie zum Unterzeichnen von Verträgen gezwungen worden sind», schrieb das britische Ministerium.

Nach Angaben der Geheimdienste beantragen viele 18- bis 27-Jährige derzeit die Befreiung von der Wehrpflicht, indem sie darauf verweisen, dass sie sich in der Hochschulausbildung befinden. Die Behörden änderten die Altersspanne nun wahrscheinlich, um die Truppenstärke zu erhöhen, hieß es. «Selbst wenn Russland weiterhin auf den Einsatz von Wehrpflichtigen im Krieg verzichtet, werden zusätzliche Wehrpflichtige eine größere Zahl von professionellen Soldaten für Kampfhandlungen verfügbar machen.»

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.


Putin ratifiziert umstrittenes Fakenews-Gesetz über «Freiwillige»

MOSKAU: Kremlchef Wladimir Putin hat die Verschärfungen des umstrittenen Gesetzes zur Bestrafung von «Verleumdung» oder «Diskreditierung» Kriegsfreiwilliger unterzeichnet. Schwer bestraft wird damit nicht nur Kritik an der regulären Armee, sondern auch an «Freiwilligen», die im Nachbarland kämpfen. Das Gesetz «Über die Eintragung von Änderungen in das Strafgesetzbuch» wurde am Samstag auf dem offiziellen Gesetzesportal der russischen Regierung veröffentlicht. Bei einer Verurteilung nach dem neuen Gesetz drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Die Gesetzesverschärfung geht vor allem auf eine Forderung des Chefs der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, zurück. Dieser hatte für den Krieg gegen die Ukraine reihenweise Schwerverbrecher rekrutiert. Von der Politik forderte der 61-Jährige, die Söldner - die offiziell als Freiwillige gelten - vor übler Nachrede zu schützen.

Schon in den vergangenen Monaten beschnitt die russische Führung im Zusammenhang mit ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine die Meinungsfreiheit im eigenen Land massiv. Wegen angeblicher «Diskreditierung der russischen Armee» oder Verbreitung von Falschmeldungen wurden in den vergangenen Monaten etliche Kriegsgegner zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. International gelten viele als politische Gefangene.


Tony Blair: Kriege in Irak und Ukraine nicht vergleichbar

LONDON: Kurz vor dem 20. Jahrestag des Irak-Kriegs hat der frühere britische Premierminister Tony Blair Vergleiche zwischen der Intervention einer westlichen Allianz im Irak und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zurückgewiesen. Das machte Blair in einem Exklusiv-Interview mit der Deutschen Presse-Agentur und den europäischen Nachrichtenagenturen AFP, ANSA und EFE deutlich.

Der damalige irakische Präsident Saddam Hussein habe sein eigenes Volk brutal behandelt, sei in zwei völkerrechtswidrige Kriege verwickelt gewesen und habe mit chemischen Waffen an einem einzigen Tag 12.000 Menschen töten lassen. «Der Idee, dass man das gleichsetzt mit der Invasion eines Landes, das einen demokratisch gewählten Präsidenten hat, der meines Wissens nie einen regionalen Konflikt begonnen hat oder irgendeine Aggression gegen seine Nachbarn begangen hat (...), muss entschieden entgegengetreten werden», sagte Blair.

Er gab zu, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats durchgeführte Invasion in den Irak im Jahr 2003 zur Rechtfertigung seines Angriffskriegs nutzen könnte. «Aber wenn Putin nicht diese Ausrede nutzen würde, wäre es eine andere», sagte der Labour-Politiker. Die Konstellation im UN-Sicherheitsrat mit Russland und China als Vetomächten mache eine internationale regelbasierte Weltordnung «sehr schwierig», so Blair weiter.

Eine Staatenkoalition unter der Führung der USA hatte am 20. März 2003 den Irak angegriffen mit dem Ziel, dessen autoritär herrschenden Präsidenten Saddam Hussein von der Macht zu entfernen. Das Ziel war bald erreicht. Doch das Land versank in Instabilität. Hunderttausende Menschen kamen seit Kriegsbeginn gewaltsam ums Leben. Das politische Chaos nutzte auch das Terrornetzwerk Islamischer Staat (IS), das zeitweise große Teile des Landes unter seine Kontrolle bringen konnte.

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OTTO ULLMANN 18.03.23 20:30
Internationaler Strafgerichtshof:
Dem Chefankläger würde ich nie, mein Kinder anvertrauen.