Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Montag

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Atomdrohungen: USA warnen Moskau vor außerordentlichen Konsequenzen

WASHINGTON: Die US-Regierung hat Russland erneut mit deutlichen Worten vor dem Einsatz nuklearer Waffen gewarnt. Die Konsequenzen wären «außerordentlich» und «real», sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, am Montagabend (Ortszeit) dem Sender CNN. Man habe dies auch Moskau sehr deutlich gemacht. «Wir haben den Russen nicht den Hauch eines Zweifels gelassen», sagte Price. Die US-Regierung meine es ernst. Price wollte nicht sagen, wie genau diese Konsequenzen aussehen würden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche die Mobilisierung von 300.000 Reservisten für den Angriffskrieg gegen die Ukraine angekündigt - er sagte dabei auch: «Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht wird, werden wir zum Schutz Russlands und unseres Volkes unbedingt alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen. Das ist kein Bluff.» Beobachter sahen darin eine Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen. US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits am Wochenende von «katastrophalen» Folgen gesprochen.


Selenskyj: Russland will Moment der Niederlage hinauszögern

KIEW: Mit der laufenden Teilmobilmachung der Streitkräfte will Russland Aussagen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge lediglich den Moment der eigenen Niederlage hinauszögern. «Sie haben gefühlt, dass sie verlieren werden. Und sie versuchen einfach, diesen Moment hinauszuzögern, um zumindest etwas Aktivität an der Front zu haben», sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Dienstag. «Leider ist sich die russische Bevölkerung noch nicht der gesamten Brutalität der russischen Regierung gegenüber ihrem eigenen Volk bewusst», so Selenskyj weiter. Das müsse den Russen klar gemacht werden.

Rund sieben Monate nach Kriegsbeginn hatte Russlands Präsident Wladimir Putin am vergangenen Mittwoch eine Mobilmachung von Reservisten angeordnet. Seitdem herrscht vielerorts in Russland Entsetzen. Landesweit gibt es Proteste. Mehrfach gab es auch schon Angriffe auf Einberufungszentren.


Russland nimmt japanischen Konsul fest - wegen «Spionage»

WLADIWOSTOK: Russlands Inlandsgeheimdienst FSB hat eigenen Angaben zufolge einen japanischen Konsul unter Spionageverdacht festgenommen.

Der Angehörige des japanischen Konsulats in der ostrussischen Stadt Wladiwostok am Pazifik sei «auf frischer Tat» ertappt worden, wie er gegen Bezahlung geheime Informationen unter anderem über die Auswirkungen westlicher Sanktionen erhalten habe, teilte der FSB am Montag mit. Der Diplomat wurde darüber hinaus zur «unerwünschten Person» erklärt. Es wurde auch ein Video veröffentlicht, das ein Verhör zeigen soll.


Keine EU-Lösung für Umgang mit russischen Kriegsdienstverweigerern

BRÜSSEL: Die EU-Staaten suchen weiter nach einer gemeinsamen Linie im Umgang mit russischen Kriegsdienstverweigerern, die ihre Heimat verlassen wollen. Ein erstes Krisentreffen der 27 EU-Botschafter brachte am Montag keine Lösung. Man habe die EU-Kommission dazu aufgefordert, die jüngsten Leitlinien zur Visavergabe «unter Berücksichtigung der Sicherheitsbedenken der Mitgliedstaaten zu überprüfen, zu bewerten und gegebenenfalls zu aktualisieren», teilte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft anschließend lediglich mit.

Nachdem Russland vergangene Woche eine Teilmobilisierung im Krieg gegen die Ukraine angekündigt hatte, stellt das Thema möglicher Deserteure und Kriegsdienstverweigerer die EU vor eine Herausforderung. Deutschland und andere Staaten dringen auf eine einheitliche Linie. Die Positionen liegen teils jedoch weit auseinander. Bundesinnenministern Nancy Faeser stellte Deserteuren Asyl in Aussicht. Die baltischen Staaten und Polen lehnen die Aufnahme dieser Menschen strikt ab. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb auf Twitter, dass sein Land jenen, «die nur vor der Verantwortung davonlaufen», kein Asyl gewähren werde. «Die Russen sollten bleiben und kämpfen. Gegen Putin.»

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte am Montag, man sei mit den Mitgliedstaaten in Kontakt. Für Dienstag sei ein Treffen auf Arbeitsebene geplant, an dem auch die für Migration und Sicherheit zuständigen EU-Agenturen teilnehmen würden.


Kriegsdienstverweigerer zündet sich selbst an

RJASAN: Aus Verzweiflung über seine drohende Einberufung zum Krieg gegen die Ukraine hat sich ein Mann in Russland Medienberichten zufolge selbst angezündet. Das Medium «Nowaja Gaseta» veröffentlichte am Montag das Video einer Überwachungskamera, auf dem zu sehen ist, wie sich eine Person mit einer Flüssigkeit übergießt und kurz darauf am ganzen Körper brennt. Augenzeugen zufolge rief der brennende Mann am Busbahnhof in der Stadt Rjasan rund 200 Kilometer südöstlich von Moskau: «Ich will nicht an die Front!»

Polizisten sollen das Feuer gelöscht haben, und der Mann soll verletzt in ein Krankenhaus gekommen sein. Über seinen genauen Gesundheitszustand gab es in russischen Medien unterschiedliche Angaben. Offizielle Mitteilungen zu dem Vorfall, der sich bereits am Sonntag ereignet haben soll, gab es zunächst nicht.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am vergangenen Mittwoch eine Teilmobilmachung von Reservisten angeordnet. Er reagierte damit auf jüngste Niederlagen seiner Armee im Krieg gegen die Ukraine, den Russland vor mehr als sieben Monaten begonnen hat. Offiziell sollen insgesamt 300.000 Russen für die Front eingezogen werden - bei vielen Bürgern löste das Panik aus. Seit Tagen kommt es landesweit immer wieder zu Protesten und Angriffe auf Einberufungsstellen.

In der Kleinstadt Tarussa rund 130 Kilometer südlich von Moskau warfen Unbekannte Medienberichten zufolge einen Molotow-Cocktail auf das Gebäude eines Rekrutierungszentrums. In der russischen Teilrepublik Dagestan im Kaukasus, wo es am Sonntag größere Proteste gegeben hatte, wurde nun über rund 120 Festnahmen berichtet.


USA unterstützen ukrainische Strafverfolgung mit Millionensumme

WASHINGTON: Die US-Regierung stellt zur Unterstützung der ukrainischen Strafverfolgungs- und Strafjustizbehörden eine Millionensumme bereit. US-Außenminister Antony Blinken sagte der ukrainischen Regierung hierfür am Montag zusätzlich 457,5 Millionen US-Dollar (rund 474 Millionen Euro) zu. Seit Mitte Dezember 2021 haben die USA damit insgesamt mehr als 645 Millionen US-Dollar (rund 668 Millionen Euro) für diesen Bereich zur Verfügung stellt, unter anderem für die Polizei des Landes, wie es hieß. Ein Teil der neuen Mittel sei auch vorgesehen zur Unterstützung der ukrainischen Regierung «bei der Dokumentation, Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung der von den russischen Streitkräften begangenen Gräueltaten» in dem Ende Februar von Russland begonnenen Krieg.

Die USA hatten Kiew in den vergangenen Monaten vor allem im großen Stil mit militärischer Ausrüstung versorgt und dafür in schneller Folge mehrere Milliarden-Pakete auf den Weg gebracht.


London verhängt neue Sanktionen wegen Scheinreferenden in der Ukraine

LONDON: Großbritannien hat als Reaktion auf die in Teilen der Ukraine abgehaltenen Scheinreferenden neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Betroffen seien mehr als 30 Funktionäre und «Kollaborateure», die an der Organisation und Durchführung der Abstimmungen beteiligt seien, teilte das britische Außenministerium am Montag mit.

Darüber hinaus werden auch gegen vier weitere Oligarchen, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstützen sollen, Reisesperren verhängt und mögliches Vermögen in Großbritannien eingefroren. Betroffen ist außerdem die Firma IMA Consulting, nach Angaben der Briten Putins «Lieblings-PR-Agentur», die eine Kampagne für die Scheinreferenden entwickelt haben soll.

«Scheinreferenden, die unter Einsatz von Waffen abgehalten werden, können nicht frei oder fair sein, und wir werden ihre Ergebnisse niemals anerkennen», sagte der neue britische Außenminister, James Cleverly, einer Mitteilung zufolge. «Sie folgen einem klaren Muster von Gewalt, Einschüchterung, Folter und Zwangsabschiebungen in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine.»

Die international als Völkerrechtsbruch kritisierten Abstimmungen in besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine über einen Beitritt zu Russland sollen am Dienstag enden. Es handelt sich um Scheinreferenden, weil sie ohne Zustimmung der Ukraine, unter Kriegsrecht und nicht nach demokratischen Prinzipien ablaufen.


Freiwillige fischen mehr als acht Tonnen Müll aus der Donau

BUKAREST: Mehr als acht Tonnen Müll haben rumänische Umweltschützer binnen nur einer Woche aus der Donau eingesammelt. Wie die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax am Montag berichtete, waren von den insgesamt 8,3 Tonnen Müll 5,4 Tonnen aus Plastik. An der Aktion des rumänischen Vereins Mai Mult Verde (Mehr Grün) auf einer fast 1000 Kilometer langen Donaustrecke beteiligten sich mehr als 300 Freiwillige sowie die lokalen Behörden.

Schon seit Jahrzehnten häuft sich der Müll in Rumäniens Landschaften, an den Flussufern sowie in Touristengebieten in den Karpaten. Seit 2008 hat der Verein Mai Mult Verde nach eigenen Angaben landesweit mehr als 283 Tonnen Müll vor allem aus Wäldern und Flüssen eingesammelt. Rumäniens Recycling-Unternehmen beklagen seit langem, dass der rumänische Staat zu wenig dafür tue, dass Wertstoffe wie Plastikmüll einer Wiederverwendung zugeführt werden. In Rumänien wird die Trennung des Hausmülls nur in wenigen Orten durchgeführt. Viele Touristen entsorgen Müll in der Natur.

Der Unterlauf der Donau berührt auf einer Strecke von 1075 Kilometern rumänisches Territorium. Der Strom bildet hier streckenweise Rumäniens Grenze zu Serbien, Bulgarien, Republik Moldau und zur Ukraine. Die jüngste Reinigungsaktion von Mai Mult Verde erstreckte sich auf 985 Fluss-Kilometer, von Bazias im Nordwesten bis Galati im Südosten, in der Nähe des Donaudeltas. Der Verein lebt von staatlichen Subventionen, EU-Mitteln sowie weiteren Sponsoren und privaten Spendern.


BMW peilt leichtes Wachstum an - Elektroabsatz soll rasant zulegen

MÜNCHEN: Der Autobauer BMW will im kommenden Jahr angetrieben von einer starken Nachfrage nach Elektroautos wieder mehr Autos verkaufen. Nachdem die Münchener für das laufende Jahr wegen der Probleme mit Lieferketten, bei Halbleitern und infolge des Ukraine-Kriegs mit einem leichten Rücksetzer bei den Auslieferungen von Pkw rechnen, soll es 2023 wieder leicht bergauf gehen, sagte Finanzchef Nicolas Peter am Montag in einer Videokonferenz mit Journalisten. «Leicht» bedeutet bei BMW eine Steigerung von einem bis fünf Prozent.

Vor allem der Elektroabsatz soll weiter rasant zulegen. Bei den vollelektrischen Autos mit reinem Batterieantrieb kann sich Peter dank einer sehr guten Auftragslage einen Absatzzuwachs auf 400.000 Fahrzeuge im kommenden Jahr vorstellen. Im laufenden Jahr erwartet der Autobauer bereits mehr als eine Verdopplung auf 240.000 bis 245.000 verkaufte Batterieautos.

Bei der zuletzt für Autobauer so vorteilhaften Preisentwicklung bleibt BMW optimistisch. In den drei größten Leasingmärkten, den USA, Großbritannien und Deutschland, sei momentan keine Abschwächung erkennbar, sagte Peter. BMW profitiert über die Restwerte der Leasingrückläufer auch von hohen Gebrauchtwagenpreisen, die einen Weiterverkauf am Markt einträglicher machen.

Derweil sehen sich die Münchener gut unterwegs beim Ziel, diesen Winter 15 Prozent Gas in den deutschen und österreichischen Werken einzusparen. Peter sah hier auch noch etwas Luft nach oben.


Kiew bei Treffen in Prag in «Pakt der Freien Städte» aufgenommen

PRAG/KIEW: Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist in den internationalen «Pakt der Freien Städte» aufgenommen worden. Das gab der Prager Oberbürgermeister Zdenek Hrib am Montag als Gastgeber eines Treffens der Teilnehmerstädte bekannt. Dieser symbolische Schritt sei für seine Stadt und sein Land sehr wichtig, nicht zuletzt mit Blick auf eine künftige EU-Mitgliedschaft der Ukraine, sagte der Bürgermeister von Kiew und Ex-Profiboxer Vitali Klitschko.

Hrib bot Hilfe beim Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine an. Dies dürfe nicht einfach nur «billig und schnell» geschehen, sondern verlange «durchdachten und nachhaltigen» Lösungen, betonte der Politiker der Piratenpartei. Dem Pakt, der nun über 33 Mitglieder verfügt, traten auch Berlin, Hamburg, Brüssel, Riga und Vilnius bei.

Das Städtenetzwerk setzt sich für liberale, demokratische und rechtsstaatliche Werte ein und will sich damit gegen Populismus positionieren. Es wurde 2019 von den Bürgermeistern der Hauptstädte der Visegrad-Staaten Tschechien, Slowakei, Polen und Ungarn gegründet, die oft anders als der Rest des jeweiligen Landes wählen.

Die Mitgliedsstädte verpflichten sich unter anderem, sich gegen Menschenrechtsverletzungen, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antifeminismus, Rassismus und Islamphobie einzusetzen. Zudem wollen sie gegen die Benachteiligung von Homosexuellen und Transgender-Personen kämpfen.


Mobilmachung erhöht Russlands Kampfkraft nur unwesentlich

WASHINGTON: Russlands Präsident Wladimir Putin stößt mit der Teilmobilmachung für den Krieg in der Ukraine nach Ansicht westlicher Militärexperten auf große strukturelle Mängel. Zwar würden mit der Anordnung zusätzliche Kräfte freigesetzt, jedoch auf ineffiziente Weise und mit hohen sozialen und politischen Kosten im Inland, schrieb das in Washington ansässige Institute for the Study of War (ISW) am Sonntagabend (Ortszeit) in seinem neuen Lagebericht. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass die Mobilisierung die Netto-Kampfkraft der russischen Truppen dieses Jahr wesentlich erhöhen werde.

«Putin muss grundlegende Mängel im Personal- und Ausrüstungssystem des russischen Militärs beheben, wenn die Mobilmachung selbst längerfristig eine nennenswerte Wirkung haben soll», hieß es weiter. Sein bisheriges Vorgehen lasse aber vielmehr darauf schließen, dass er darauf bedacht sei, schnell Soldaten auf das Schlachtfeld zu schicken, anstatt diese Probleme zu lösen. Seit mindestens 2008 hätten die russischen Streitkräfte nicht mehr die Voraussetzungen für eine effektive große Mobilmachung und auch nicht für die Art von Reservekräften geschaffen, die für eine kurzfristige Mobilisierung mit unmittelbarer Wirkung auf dem Schlachtfeld nötig wären.

So sei das russische Militär eine Mischung aus freiwilligen Berufssoldaten und Wehrpflichtigen. Da der Wehrdienst auf ein Jahr reduziert worden sei, sei auch die Gefechtsbereitschaft der Reservisten verringert worden. Zudem sei eine Mobilmachung eine bürokratisch anspruchsvolle Aufgabe, die landesweit örtliche Beamte erfordere und selten - wenn überhaupt - geübt werde.

Putin hatte wegen des sich hinziehenden Angriffskriegs gegen die Ukraine und nach zahlreichen Niederlagen der eigenen Armee die Teilmobilmachung angeordnet. 300.000 Reservisten sollen nun in die russische Armee eingezogen werden. Die Verantwortung für die Organisation der Einberufung liegt bei den regionalen Gouverneuren und den einzelnen Kreiswehrersatzämtern vor Ort.


Russland reagiert zurückhaltend auf Wahlsieg Melonis

MOSKAU: Der Kreml hat zurückhaltend auf den Wahlsieg von Giorgia Meloni und deren rechtsradikaler Partei Fratelli d'Italia reagiert. Die Wahlen seien eine «rein interne Angelegenheit» Italiens, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Russland begrüße allerdings alle politischen Kräfte, «die in der Lage sind, den Rahmen des etablierten Mainstreams, der von Hass auf Russland geprägt ist, zu verlassen und mehr Objektivität und Konstruktivität in den Beziehungen zu unserem Land zu zeigen», sagte Peskow nach Angaben der Agentur Interfax.

Meloni gilt außenpolitisch als prowestlich sowie als Befürworterin der Nato. Sie betont ihre Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine. Allerdings gehören zu den Wahlsiegern in Italien auch Kräfte, die sich russlandfreundlich geäußert hatten. Russland setzt vor allem auf jene Politiker in der EU, die sich für ein Ende der westlichen Sanktionen gegen Moskau einsetzen.


IAEA-Chef dringt auf weitere Gespräche zu ukrainischem AKW

WIEN: Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) setzt sich für rasche weitere Gespräche über eine Waffenstillstandszone um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ein. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte vorige Woche am Rande der UN-Generalversammlung in New York mit Vertretern Russlands und der Ukraine dazu Verhandlungen aufgenommen. «Ich bin bereit, diese Woche Beratungen in beiden Ländern fortzusetzen», sagte Grossi am Montag in Wien.

«Es ist möglich. Es muss umgesetzt werden», sagte Grossi bei der Jahrestagung der IAEA-Mitgliedstaaten über die von ihm vorgeschlagene Schutzzone um das umkämpfte AKW, das von Russland besetzt ist. «Wenn dort etwas passiert, werden wir keine Naturkatastrophe dafür verantwortlich machen können, sondern nur unsere eigene Untätigkeit.»

Der staatliche russische Atomkonzern Rosatom, der das Kraftwerk gemeinsam mit russischen Einheiten kontrolliert, sei bereit, über technische Aspekte der Schutzzone zu reden, sagte Rosatom-Chef Alexej Likatschew in Wien. Der ukrainische Vertreter bei der IAEA-Konferenz, Atomaufsichtschef Oleh Korikow, erwähnte die geplante Zone in seiner Rede hingegen nicht. Während Grossi nur einen Waffenstillstand vorgeschlagen hatte, forderte Korikow den völligen russischen Rückzug von dem AKW und dem umliegenden Gebiet. Die Vertreter der Ukraine und Russlands machten erneut das jeweils andere Land für Angriffe auf Europas größtes Kernkraftwerk verantwortlich.


Kremlsprecher räumt Verstöße gegen Mobilmachung ein

MOSKAU: Angesichts zahlreicher Berichte über Zwangsmaßnahmen und Gewalt bei der Rekrutierung von Reservisten hat der Kreml Verstöße bei der Teilmobilmachung eingeräumt. «In der Tat gibt es Fälle, in denen gegen das Dekret (von Präsident Wladimir Putin) verstoßen wird», sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow am Montag nach Angaben der Agentur Interfax. «Wir hoffen, dass das Tempo der Beseitigung zunimmt und dass alle Fehler korrigiert werden.»

Putin hatte vor dem Hintergrund des sich hinziehenden Angriffskriegs gegen die Ukraine und nach zahlreichen Niederlagen der eigenen Armee die Teilmobilmachung angeordnet. 300.000 Reservisten sollen in die russische Armee eingezogen werden. Die Verantwortung für die Organisation der Einberufung liegt bei den regionalen Gouverneuren und den Kreiswehrersatzämtern vor Ort.

Zugleich betonte Peskow, dass die russische Führung bisher keine Entscheidung über die Einführung des Kriegsrechts getroffen habe. «Dazu gibt es im Augenblick keine Entscheidungen», sagte er. Bei einer Einführung des Kriegsrechts dürften wehrfähige Männer Russland nicht mehr verlassen. Um die Einberufung für den russischen Krieg in der Ukraine zu umgehen, reisen derzeit Zehntausende Männer fluchtartig aus Russland aus.

Eine geplante Rede Putins vor beiden Parlamentskammern am Freitag nach dem Ende der international als Völkerrechtsbruch kritisierten Scheinreferenden in den besetzten ukrainischen Gebieten wollte Peskow nicht bestätigen. Der Kreml werde aber rechtzeitig mitteilen, ob Putin einen Auftritt plane. Bisher wird erwartet, dass Putin die Gebiete schon am Freitag in die Russische Föderation aufnehmen könnte. Die Scheinreferenden sind bis Dienstag angesetzt.


Polens Armee bietet Bürgern militärische Schulungen an

WARSCHAU: Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs bietet Polens Armee für alle Bürger im Alter zwischen 18 und 65 Jahren eine militärische Schulung an. Der eintägige Kurs umfasse den Umgang mit der Waffe, Schießtraining, Nahkampf sowie Orientierung im Gelände, teilte das Verteidigungsministerium am Montag in Warschau mit. Die Schulungen finden im Oktober und November jeweils samstags an 17 Standorten der polnischen Armee statt. Voraussetzung für die Teilnahme ist die polnische Staatsangehörigkeit.

Polen plant schon seit längerem, die Zahl seiner Streitkräfte zu vergrößern. So wurde kürzlich ein freiwilliger Grundwehrdienst eingeführt. Auch die Mitarbeiter der polnischen Post sind aufgerufen, sich von Verbänden des Heimatschutzes (WOT) im Umgang mit der Waffe schulen zu lassen.

Gegenwärtig zählt die polnische Armee 110.000 Soldaten, hinzu kommen die 30.000 Männer und Frauen im Heimatschutz. Geplant ist eine personelle Aufstockung auf 250.000 Berufssoldaten und 50.000 Mitglieder des Heimatschutzes. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Grenze.


Özdemir zu Putins Getreide-Narrativ: Kann man als Klopapier benutzen

BRÜSSEL: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Lügen über die Verwendung des ukrainischen Getreides vorgeworfen. Das russische Narrativ, dass über die sogenannten Solidaritätsspuren kein Getreide aus der Ukraine in jenen Ländern ankomme, in denen Menschen in Not seien, solle man nicht transportieren. «Das ist so wahrheitsgemäß wie alle anderen Aussagen von Wladimir Putin. Das kann man als Klopapier benutzen», sagte der Grünen-Politiker am Montag am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Diese Aussage aus Moskau sei nichts wert.

Özdemir stellte klar: «Wir haben wesentlich mehr transportiert bekommen, als irgendjemand zu Beginn prognostiziert hätte.» Zudem sei es gut, dass die Route über das Schwarze Meer mittlerweile offen sei. So seien Hilfen etwa nach Äthiopien und Somalia transportiert worden.

Nach Angaben eines EU-Beamten von vergangener Woche sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges bislang 14 Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Produkte über die Solidaritätsspuren per Landweg sowie über die Schwarzmeerhäfen transportiert worden.

Özdemir forderte nun, dass an dauerhaften Alternativen zu der Schwarzmeerroute gearbeitet werden müsse. «Die Erpressbarkeit der Ukraine muss reduziert werden.»


London: Viele russische Rekruten nur mangelhaft ausgebildet

LONDON: Viele durch die jüngste Teilmobilmachung rekrutierte russische Kämpfer ziehen nach Einschätzung britischer Geheimdienste ohne fundierte Ausbildung oder Erfahrung in den Krieg in der Ukraine. Moskau stehe nun vor der enormen Herausforderung, die Truppen zu schulen, hieß es am Montag in einem Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.

In der russischen Armee sei es im Gegensatz zu vielen westlichen Armeen üblich, eine Erstausbildung innerhalb operativer Einheiten zu durchlaufen statt in speziellen Ausbildungseinrichtungen. Normalerweise werde innerhalb jeder Brigade eine gewisse Zahl an Ausbildern bereitgestellt, die neue Rekruten trainieren würden. Viele dieser sogenannten dritten Bataillone seien jedoch aktuell in die Ukraine entsandt.

Der Mangel an Ausbildern und der überstürzte Ablauf der Teilmobilmachung deute darauf hin, dass viele Soldaten ohne ausreichende Vorbereitung an die Front geschickt würden. Dies mache hohe Verluste wahrscheinlich.

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Strauss 27.09.22 19:50
Otto, hoffentlich kriegst Du bald wieder...
einen Fuss auf den Grund, mit deinen Berichten. Auch die Engländer melden neutral wie die Lage bei den Russen wirklich aussieht. Die aus Russland flüchtenden jungen Leute müssen jetzt zusammen genommen werden, und technisch ausbilden, damit sei schnellstens in der Lage sind, Putin zu beseitigen. Die Motivation dazu, fehlt denen nicht.
OTTO ULLMANN 26.09.22 20:20
London: Mangelhafte Ausbildung.
Ist doch ihr Flugzeugträger in Britischen Gewässer auf Grund gelaufen ?