Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Montag

Foto: epa/dpa
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Ukraine hat ein Viertel ihrer Aussaatfläche verloren

KIEW: Die Ukraine als international wichtiger Agrarproduzent hat durch den russischen Angriff etwa ein Viertel weniger Felder bestellt. Das sagte Vizelandwirtschaftsminister Taras Wyssozkyj am Montag vor Journalisten in Kiew. Die Ernte werde aber für den Eigenbedarf ausreichen, zumal dieser durch die Flucht vieler Menschen gesunken sei, prognostizierte er.

Die landwirtschaftlichen Betriebe würden nicht nur durch das Kampfgeschehen in ihrer Arbeit behindert. Wegen der Exportblockade gehe der Anbau exportorientierter Feldfrüchte zurück, sagte Wyssozkyj. Auch setzten die Bauern auf weniger anspruchsvolle Pflanzen wie Sojabohnen. Deren Anbaufläche sei trotz Krieg nahezu unverändert. Der aufwendige Maisanbau sei dagegen von 5,5 Millionen Hektar 2021 auf nun 4,6 Millionen Hektar gesunken. Angaben zum für die Welternährung besonders wichtigen Weizen wurden nicht gemacht.


Selenskyj wünscht sich von Scholz Unterstützung von EU-Mitgliedschaft

KIEW/BERLIN: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet, dass die Europäische Union seinem Land noch in diesem Juni den Status eines Beitrittskandidaten zuerkennt. Von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wünsche er sich, dass dieser persönlich die EU-Mitgliedschaft der Ukraine unterstütze, sagte Selenskyj am Montag in einem Interview des ZDF-«heute journal». Kritisch fügte Selenskyj an, in der Zeit vor Scholz' Amtsantritt, also während der Kanzlerschaft Angela Merkels (CDU), habe «eine gewissen Skepsis» in der politischen Führung Deutschlands geherrscht, was einen EU- und Nato-Beitritt seines Landes angehe.

Auf die Frage, ob für einen Frieden mit Russland Gebietsabtretungen denkbar seien, antwortete Selenskyj, es tue zwar sehr weh, in diesem Abwehrkampf Menschenleben zu verlieren. «Das ist so. Aber wir werden alles verlieren, wenn wir Russland in diesem Krieg unterliegen.» Er versuche nicht, «irgendwie zu einem Abkommen zu gelangen», sagte er. «Wir wissen genau, was wir tun. Ich betone: Wir haben keine Zweifel.» Er fügte an: «Wir sind nur dann bereit, Gespräche zu führen, wenn die andere Seite bereit ist, dem Krieg ein Ende zu setzen. Wir haben keine Zeit für Gespräche, die nichts bringen.»

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Wochenende bei einem Besuch in Kiew angekündigt, die Analyse des EU-Beitrittsantrags der Ukraine Ende kommender Woche abzuschließen. Auf jeden Fall dürfte die Empfehlung ihrer Behörde an Reformen geknüpft sein. Anschließend müssen die EU-Staaten einstimmig darüber entscheiden, wie es weitergeht. Dies soll bei einem EU-Gipfel am 23. und 24. Juni geschehen.


Selenskyj verspricht Rückeroberung der Krim

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Landsleuten eine Rückeroberung der von Russland annektierten Halbinsel Krim versprochen. «Die ukrainische Flagge wird wieder über Jalta und Sudak, über Dschankoj und Jewpatorija wehen», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Montag in Kiew. «Natürlich werden wir auch unsere Krim befreien.»

Russland hatte die Halbinsel im Schwarzen Meer 2014 militärisch besetzt, als die Ukraine nach einem Machtwechsel geschwächt war und keinen Widerstand leisten konnte. Dann wurde ein international nicht anerkanntes Referendum abgehalten und die Krim Russland angegliedert. Selenskyj hat immer eine Rückkehr der Halbinsel verfochten, dies aber selten so nachdrücklich als Kriegsziel formuliert.

Der Präsident rief die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine auf, den Kontakt in die russisch besetzten Landesteile, nach Donezk oder ins Gebiet Charkiw zu halten. Auch diese Gebiete würden wieder befreit, kündigte er an. «Sagen Sie ihnen, dass die ukrainische Armee auf jeden Fall kommen wird!» Im Osten im Donbass sei die Armee unter Druck. Sie brauche von ihren ausländischen Partnern dringend moderne Artillerie, um sich durchsetzen zu können, sagte Selenskyj.


Separatisten in Donezk berichten von heftigem ukrainischem Beschuss

DONEZK: Die von Russland gelenkten Separatisten in Donezk haben am Montag von dem bislang angeblich heftigsten ukrainischen Beschuss auf die Stadt seit Beginn des Krieges berichtet. Vier Menschen seien getötet und mindestens 23 Menschen verletzt worden, hieß es in örtlichen Medienberichten. Auch eine Geburtsklinik in der früheren Millionenstadt sei in Brand geraten, dort sei aber niemand verletzt worden. Die Berichte waren nicht unabhängig überprüfbar.

Zum Schutz der Stadt und der Volksrepublik Donezk seien weitere Truppen «verbündeter Kräfte», also der russischen Armee nötig, sagte Separatistenführer Denis Puschilin der Agentur DAN zufolge.

Im Osten der Ukraine im Donbass existieren seit 2014 die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Sie stützen sich angeblich auf kiew-feindliche örtliche Separatisten, werden aber tatsächlich aus Moskau gelenkt und militärisch unterstützt. Russland hat die Gebilde kurz vor dem Überfall auf die Ukraine vom 24. Februar als unabhängige Staaten anerkannt. Die vollständige Eroberung der ukrainischen Verwaltungsgebiete Donezk und Luhansk ist ein russisches Kriegsziel.


Swjatohirsk: Bürgermeister läuft zu prorussischen Separatisten über

SWJATOHIRSK: Nach der Einnahme der ukrainischen Stadt Swjatohirsk (Swjatogorsk) durch prorussische Kräfte ist der Bürgermeister der Stadt zu den Separatisten übergelaufen. Wladimir Bandura habe seine wahre Haltung verborgen und wie viele Bürger der Stadt auf die «Befreiung» gewartet, sagte der Anführer der von Russland als Staat anerkannten Volksrepublik Donezk, Denis Puschilin, am Montag.

Die ukrainischen Streitkräfte hatten vorige Woche die Kontrolle verloren über die Kleinstadt. Ukrainische Medien bezeichneten Bandura als «Verräter». Auch in anderen Regionen waren Beamte übergelaufen.

Separatistenführer Puschilin lobte Bandura als Stadtoberhaupt, das die «ganze schwere Zeit» an der Seite der Bürger gestanden habe. Deshalb solle er weiter im Amt bleiben. Nun müsse die zerstörte Infrastruktur wieder aufgebaut werden, darunter Schulen und medizinische Einrichtungen.

In Swjatohirsk liegt auch das vielfach beschossene Erzkloster Mariä-Entschlafung, das zu den wichtigsten Heiligtümern der russischen Orthodoxie gehört. Der Moskauer Patriarch Kirill, der den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt, steht seit langem im Ruf, die alten religiösen Stätten in der Ukraine für die russisch-orthodoxe Kirche unter seinem Einfluss halten zu wollen. «Das Kloster ist erhalten, es braucht eine Reparatur, wir machen es wieder wie neu», sagte Puschilin.


EU-Beitritt: Klingbeil dringt auf positives Signal Richtung Kiew

BRÜSSEL: SPD-Chef Lars Klingbeil fordert in der Debatte um einen möglichen EU-Kandidatenstatus für die Ukraine ein positives Zeichen Richtung Kiew. Er halte es für wichtig, «dass es ein klares politisches Signal gibt an die Ukraine, dass wir deutlich machen, sie kämpfen dort gerade in diesem Krieg für unsere Werte und wir wollen sie in der Europäischen Union haben», sagte Klingbeil am Montag in Brüssel. Dabei müsse nach Wegen gesucht werden, wie das in Einklang mit den notwendigen Kriterien geschehen könne. Das sei seine Erwartung an die EU-Kommission.

Die Ukraine hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gestellt. Am Freitag will die EU-Kommission von Präsidentin Ursula von der Leyen eine Empfehlung dazu vorlegen. Die Entscheidung, ob die Ukraine Beitrittskandidat wird, liegt bei den EU-Staaten und muss einstimmig getroffen werden. Ein EU-Gipfel in der kommenden Woche wird sich damit befassen.

Klingbeil forderte, dass die EU in dieser Frage wieder politischer als zuletzt handeln müsse. «Ich glaube, dass Beitrittsprozesse in den letzten Jahren viel zu sehr ins Bürokratische abgerutscht sind.» Nach dem Kalten Krieg sei dagegen politisch gewollt gewesen, dass es einen schnelleren Weg in die EU gibt. Das heiße nicht, dass die Anforderungen an die Bewerberländer außer Kraft gesetzt werden sollten. «Das heißt, es gibt ein klares politisches Signal, dass man das will und dass es das Ziel ist.»


Russen kontrollieren über 70 Prozent von Sjewjerodonezk

SJEWJERODONEZK: Im umkämpften Donbass haben russische Truppen nach ukrainischen Angaben den Großteil der wichtigen Stadt Sjewjerodonezk eingenommen. «Stand heute kontrolliert Russland leider über 70 Prozent, jedoch nicht die ganze Stadt», sagte der Gouverneur des Luhansker Gebiets, Serhij Hajdaj, am Montag beim TV-Sender Belsat. Es gebe harte Kämpfe um jedes Haus. Mit der Einnahme des Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk hätten die prorussischen Separatisten mit Moskaus Hilfe die Region Luhansk fast komplett unter ihrer Kontrolle und ein wichtiges Kriegsziel erreicht.

Im umkämpften Industriegebiet Azot hielten sich nach Hajdajs Worten weiter etwa 500 Zivilisten, darunter etwa 40 Kinder auf. «Wir versuchen, mithilfe von Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk eine Vereinbarung über einen Evakuierungskorridor zu erreichen», sagte Hajdaj. Die Bombenschutzkeller des Chemiewerks Azot seien nicht so stabil, wie die des wochenlang belagerten Stahlwerks Azovstal der inzwischen von Russland eroberten Hafenstadt Mariupol.

Über laufende Verhandlungen über die Evakuierung von Zivilisten aus dem Werksgelände hatten bereits Separatistenvertreter berichtet. Demnach sind außerdem 300 bis 400 ukrainische Soldaten dort eingeschlossen.

Abends ergänzte der Gouverneur, auch die dritte und letzte Brücke aus der Stadt über den Fluss Si?werskyj Donez sei zerstört worden. Damit sei Sjewjerodonezk zwar nicht vollständig abgeriegelt. Es sei aber nicht möglich, Zivilisten zu evakuieren oder Hilfslieferungen in die Stadt hineinzubringen, teilte er auf Telegram mit.


Macron fordert Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie

PARIS: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu einer Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie aufgerufen. Viel Geld auszugeben, um Rüstungsgüter dann woanders einzukaufen, sei keine gute Idee, sagte Macron am Montag in Paris bei der Eröffnung einer Fachmesse für Verteidigungs- und Sicherheitstechnik in Paris. «Eine europäische Strategie ist gut für unsere Wirtschaft, unsere Arbeitsplätze und unsere Souveränität.» Europa müsse in seine Verteidigung investieren und ihr ein starkes Fundament geben. Nötig seien mehr Kooperation und eine Standardisierung zwischen den europäischen Rüstungsfirmen, um gegenüber den USA wettbewerbsfähiger zu werden.

Schon seit Jahren plädiert Macron für eine eigenständige europäische Verteidigung, als Ergänzung zur Nato. Für Frankreich kündigte Macron angesichts des Ukraine-Kriegs eine Neubewertung der geplanten Rüstungsausgaben an, um sich besser auf Bedrohungen einstellen zu können. «Wir müssen auf eine Kriegswirtschaft umstellen», sagte der Präsident. Schneller als bisher müsse die Rüstungsindustrie auf militärische Herausforderungen reagieren können und Material auch sehr schnell liefern können, dabei gehe es um Innovationen ebenso wie um rustikale Technik.


Mehr als 18,4 Millionen Menschen von Dürre und Hunger betroffen

NAIROBI/ADDIS ABEBA/MOGADISCHU: Nach zwei Dürrejahren in Folge sind am Horn von Afrika mehr als 18,4 Millionen Menschen von Lebensmittelmangel, Hunger und Unterernährung bedroht. Bis September könnte die Zahl der Betroffenen in Äthiopien, Somalia und Kenia nach Angaben des UN-Nothilfeprogramms OCHA sogar auf 20 Millionen steigen. Nach den am Montag verbreiteten Angaben gelten mehr als 7,1 Millionen Kinder in den betroffenen Regionen als unterernährt, darunter seien etwa zwei Millionen schwer unterernährte Kinder.

Zu der sich zuspitzenden Lage habe auch beigetragen, dass wegen Wasser- und Futtermangels rund sieben Millionen Tiere verendet seien. Für die Nomaden und Halbnomaden in den Dürregebieten bedeutet der Verlust von Rindern, Schafen und Ziegen der Verlust ihrer wirtschaftlichen Existenz, das Fehlen von Milch habe zudem zur Unterernährung der Kinder beigetragen, hieß es. Zudem hat der Krieg in der Ukraine Auswirkungen auch auf die Lebensmittelpreise am Horn von Afrika, ausbleibende Getreidelieferungen erschweren die Versorgungslage und Hilfsprogramme.

Viele Wasserquellen seien versiegt und die Preise für Wasserlieferungen seit November 2021 um 71 Prozent angestiegen, hieß es weiter. Der Wassermangel führe zudem zu einer Verschlechterung der hygienischen Bedingungen und mehr gesundheitlichen Problemen. Seit Januar 2021 hätten bereits mehr als eine Million Menschen ihre Dörfer verlassen, darunter allein 805.000 Menschen in Somalia. Bisher sei nur ein geringer Teil der Mittel aufgebracht worden, damit die Regierungen der betroffenen Länder und Hlfsorganisationen die Folgen der Dürre bekämpfen und den Menschen helfen könnten, so die UN. In den kommenden Monaten würden umgerechnet 1,6 Milliarden Euro benötigt.

Eine Entwarnung ist nicht in Sicht: Langfristigen meteorologischen Prognosen zufolge könnte auch die im Oktober beginnende nächste Regenzeit keine Abhilfe schaffen.


Ukrainische Polizei: Bislang 12.000 Zivilisten im Krieg getötet

KIEW: Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind nach ukrainischen Angaben mehr als 12.000 Zivilisten umgekommen. Die meisten Opfer seien durch Explosionen getötet worden, sagte der Chef der ukrainischen Polizei, Ihor Klymenko, in einem am Montag von der Agentur Interfax-Ukraine veröffentlichten Interview. 75 Prozent der Getöteten seien Männer, zwei Prozent Kinder und die Übrigen Frauen. «Es handelt sich um Zivilbevölkerung, diese Menschen standen in keiner Beziehung zum Militär oder den Rechtsschutzorganen», unterstrich Klymenko. 1200 Opfer habe man noch nicht identifizieren können.

Mehr als 1500 Tote wurden nach dem Abzug russischer Truppen Ende März allein im Gebiet um die Hauptstadt Kiew gefunden. Funde von Massengräbern und gefesselten Erschossenen vor allem im Kiewer Vorort Butscha hatten weltweit Entsetzen ausgelöst. Die Vereinten Nationen haben bisher erst 4300 getötete Zivilisten erfasst. Russland hatte den Nachbarstaat Ende Februar überfallen.


G7-Wissenschaftsminister sichern Ukraine Unterstützung zu

FRANKFURT/MAIN: Die Wissenschaftsminister der G7-Staaten haben der Ukraine ihre Unterstützung zugesichert. Man habe den russischen Angriffskrieg noch einmal scharf verurteilt, sagte die deutsche Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger am Montag am Rande eines Treffens in Frankfurt am Main.

Zugeschaltet sei auch der ukrainische Wissenschaftsminister Serhiy Shkarlet gewesen. «Wir haben ihm unsere volle Solidarität bei dem Schutz der Menschen, die zu uns fliehen, bei dem Aufrechterhalten der Bildungsperspektiven in der Ukraine und auch dem Aufbau danach zugesagt.»

Die G7-Länder wollten die Forschungskooperationen mit der Ukraine weiter stärken und geflüchteten Studierenden und Forschenden in ihren Ländern eine Perspektive geben, sagte Stark-Watzinger. Schutz bieten wolle man gleichzeitig aber auch Wissenschaftlern aus Russland, die sich gegen den Krieg und das Regime stellten.

Nach Angaben der Bundesforschungsministerin verurteilten die G7-Staaten, zu denen neben Deutschland Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA zählen, gemeinsam Einschränkungen der Forschungsfreiheit weltweit. Alle müssten zudem im Umgang mit autoritären Staaten wie China wachsamer sein und die Zusammenarbeit auf allen Ebenen immer wieder kritisch prüfen.


Nach Kriegskritik: Putin entlässt bekannte Juristin aus Staatsdienst

MOSKAU: Nachdem sie sich kritisch über Russlands Krieg gegen die Ukraine geäußert hat, hat Kremlchef Wladimir Putin eine prominente Juristin aus dem Staatsdienst entlassen. Per Dekret entzog Putin am Montag Natalja Poklonskaja ihren Posten als stellvertretende Leiterin von Rossotrudnitschestwo - eine ans russische Außenministerium angegliederte Organisation, die sich unter anderem für Russlands Interessen in anderen Ex-Sowjetstaaten einsetzt.

Die heute 42 Jahre alte Poklonskaja war nach Russlands Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim von 2014 schlagartig berühmt geworden - als Generalstaatsanwältin, die dem Kreml treue Dienste erwies. In der Ukraine wurde sie als Verräterin beschimpft. Später war sie zwischenzeitlich Abgeordnete des russischen Parlaments und Botschafterin im afrikanischen Kap Verde.

Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar aber sprach Poklonskaja von einer «Katastrophe». An die Russen - aber auch an die Ukrainer - gerichtet sagte sie außerdem: «Hört bitte auf! Mir scheint, dass wir zu weit gegangen sind und es an der Zeit ist, aus eigener Kraft den Mut für die Zukunft aufzubringen und sie nicht in die Hände derer zu legen, die bewaffnet sind.»

Später bezeichnete sie den Buchstaben Z, der als Propaganda-Symbol für Russlands Krieg gegen die Ukraine gilt, als Sinnbild für «Tragödie und Trauer sowohl für Russland als auch für die Ukraine». Nach diesen Äußerungen kündigte die Staatsorganisation Rossotrudnitschestwo, für die Poklonskaja erst einige Monate lang arbeitete, «Konsequenzen» an.


Morawiecki: 40 Millionen Polen werden ihr Land verteidigen

WARSCHAU: Polens Bürger sind nach Ansicht von Regierungschef Mateusz Morawiecki im Falle eines russischen Angriffs zu breitem Widerstand bereit. «Sollte Russland jemals daran denken, Polen anzugreifen, muss Russland, muss der Kreml wissen, dass es in Polen 40 Millionen Polen gibt, die bereit sind, sich der Waffe in der Hand zu erheben, um ihr Heimatland zu verteidigen», sagte Morawiecki am Montag bei der Einweihung einer Sportschießanlage im schlesischen Myszkow. In Polen gibt es seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine eine stark gestiegene Nachfrage nach Schießtrainings.

Morawiecki betonte, der Ukraine-Krieg habe allen vor Augen geführt, dass die Freiheit nicht selbstverständlich gegeben sei. Auch Polen habe sich für mehrere Jahrhunderte «unter dem Stiefel Russlands» befunden. «Wir wollen nicht in diese Unfreiheit zurück. Wir lehnen ihren Kolonialismus und Imperialismus ab.» Daher werde Polen auch seine Armee vergrößern und mit neuen Waffensystemen ausrüsten.

Nach Angaben der zentralen Statistikbehörde GUS hat Polen derzeit etwas mehr als 38 Millionen Einwohner. Allein in Deutschland lebten aber im Jahr 2021 knapp 871.000 Menschen mit polnischer Staatsbürgerschaft.


Kiew: Brauchen Hunderte Panzer und Geschütze für einen Sieg

KIEW: Die Ukraine hat Forderungen nach umfassenden Waffenlieferungen konkretisiert, die sie nach Einschätzung der Regierung in Kiew für einen Sieg im Krieg gegen Russland benötigt. «1000 Haubitzen vom Kaliber 155 Millimeter, 300 Mehrfachraketenwerfersysteme, 500 Panzer, 2000 gepanzerte Fahrzeuge, 1000 Drohnen», schrieb am Montag Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter. Kiew erwarte dazu vom Treffen der Nato-Verteidigungsminister am kommenden Mittwoch in Brüssel eine Entscheidung.

Die Ukraine verteidigt sich seit Ende Februar gegen eine russische Invasion. Ein Mangel an schweren Waffen und Munition erschwert nach Angaben aus Kiew die Lage an der mehr als 2400 Kilometer langen Front zunehmend.


Selenskyjs Berater: «Werden kämpfen, bis Russland verliert»

KIEW: Ungeachtet der schwierigen Lage im Osten definiert die Ukraine weiter eine Niederlage Russlands als ihr klares Ziel. «Wir werden solange kämpfen, bis Russland verliert», sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak in einem am Montag bei der oppositionellen belarussischen Onlinezeitung Zerkalo erschienenen Interview. Das von Präsident Wolodymyr Selenskyj formulierte Minimalziel sei dabei weiter ein Rückzug der russischen Truppen auf die Linien vom 23. Februar - einem Tag vor Kriegsbeginn.

«Das Maximalziel: die territoriale Unversehrtheit in den international anerkannten Grenzen der Ukraine, eine Niederlage Russlands und dessen Transformation», sagte Podoljak. Andernfalls werde Russland ständig versuchen, den Krieg in neuer Intensität wiederaufzunehmen, meinte er. «Der Krieg wird solange andauern, wie die Ukraine braucht, um zu zeigen, dass Russland sich von unserem Territorium zurückziehen muss.»

Nach dem Einmarsch Ende Februar forderte der Kreml von der Ukraine, sie solle die 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch anerkennen sowie die ostukrainischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten. Derzeit kontrolliert Russland etwa ein Fünftel des ukrainischen Territoriums. Vor Kriegsbeginn waren es rund sieben Prozent.


Ukrainischer Oberbefehlshaber: Front mehr als 2400 Kilometer lang

KIEW: Bei der Abwehr andauernder russischer Angriffe hat die ukrainische Armee eigenen Angaben zufolge inzwischen eine Front von etwa 2450 Kilometer zu verteidigen. «Davon werden an 1105 Kilometern aktive Kampfhandlungen geführt», schrieb der Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj in der Nacht zum Montag bei Facebook nach einem Gespräch mit dem US-General Mark Milley.

Besonders schwer sei die Situation um die Stadt Sjewjerodonezk im Luhansker Gebiet in der Ostukraine. Der Gegner habe dort sieben Bataillonsgruppen eingesetzt und eine zehnfache Feuerüberlegenheit. «Jeder Meter der ukrainischen Erde ist dort mit Blut durchtränkt - doch nicht nur mit unserem, sondern auch mit dem der Besatzer», sagte Saluschnyj.

An einigen Frontabschnitten seien ukrainische Einheiten auch zu Gegenangriffen übergegangen. Zuletzt gab es Berichte über ukrainische Geländegewinne an der Grenze der südukrainischen Gebiete Mykolajiw und Cherson. Russland hatte die Ukraine Ende Februar überfallen.


«Neatkariga Rita Avize»: Putin warnt Biden

RIGA: Die lettische Tageszeitung «Neatkariga Rita Avize» beschäftigt sich am Montag mit Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der den Angriffskrieg gegen die Ukraine mit dem Großen Nordischen Krieg unter Zar Peter I. verglich:

«Putin gehört zu jenen Politikern, die keine spontanen Ausbrüche zulassen. All seine «Witzeleien» und seine scheinbar zufälligen Äußerungen wurden sorgfältig im Voraus mit einem bestimmten Zweck konzipiert. So nennt er Narva auch nicht zufällig. Narva ist wie eine symbolische Stadt, die dem Westen nichts sagt. Im politischen Umfeld ist sie durch die einstige Aussage des ehemaligen Sprechers des US-Repräsentantenhauses, Newt Gringich, bekannt geworden: Wie viele amerikanische Soldaten wären bereit, für Narva zu sterben?

Angesichts dessen, dass Putin nach eigener Ansicht seit Jahrzehnten im ständigen Dialog mit US-Präsidenten steht, ist dies ein direkt an Joe Biden gerichteter Satz: Sei kein Narr. Lass uns keinen Weltkrieg beginnen wegen irgendeines Narva. Es bedeutet Euch nichts, aber Zar Peter hat es uns vor 300 Jahren gegeben. Als die USA noch gar nicht existierten. Putin appelliert damit an Bidens «gesunden Menschenverstand» und fordert eine Einigung über die Verteilung der Einflusssphären.»


London: Flussquerungen werden im Ukraine-Krieg zentrale Rolle spielen

LONDON: Nach Einschätzung britischer Geheimdienste dürften Flussquerungen in der kommenden Phase des Ukraine-Krieges eine entscheidende Rolle spielen. Ein zentraler Teil der russischen Frontlinie in der Donbass-Region liege westlich des Flusses Siwerski Donez, hieß es am Montag in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums.

Um weitere Fortschritte im Donbass zu erzielen, müsse Russland daher entweder komplizierte Flankenangriffe durchführen oder Flussquerungen unternehmen. Bislang sei es den Russen oft nicht gelungen, unter Beschuss groß angelegte Überquerungen von Flüssen erfolgreich zu meistern. Die Ukrainer hätten es hingegen mehrfach geschafft, vor ihrem Rückzug Brücken zu zerstören.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als drei Monaten veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zum Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.


Ukrainische Armee aus Zentrum von Sjewjerodonezk verdrängt

SJEWJERODONEZK: Die ukrainische Armee hat den Verlust des Zentrums der schwer umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes eingeräumt. Russische Truppen hätten die Großstadt im Gebiet Luhansk mit Artillerie beschossen und die ukrainischen Soldaten vertrieben, teilte der ukrainische Generalstab am Montagmorgen mit. Die Kämpfe dauerten aber weiter an, hieß es.

Einige Stunden zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, im strategisch wichtigen Sjewjerodonezk werde «buchstäblich um jeden Meter gekämpft». Am Samstag kontrollierten ukrainische Truppen eigenen Angaben zufolge noch rund ein Drittel der Stadt.

Sjewjerodonezk ist seit Tagen Zentrum der heftigen Kämpfe im Gebiet Luhansk, das russische und prorussische Kämpfer bereits zu mehr als 90 Prozent erobert haben. Beschossen wird in Sjewjerodonezk auch die Chemiefabrik Azot, in der ukrainischen Angaben zufolge weiter Zivilisten ausharren, die das Werksgelände als Luftschutzbunker nutzten.


Union: Ukraine, Moldau und Georgien brauchen EU-Beitrittsperspektive

BERLIN: Die Unionsfraktion im Bundestag will eine unverzügliche EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine, Moldau und Georgien. Die Bundesregierung solle sich dafür einsetzen, dass diesen drei Ländern schon beim Europäischen Rat am 23./24. Juni der Status von EU-Beitrittskandidaten zugesprochen werde, heißt es in einem Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. «Es liegt in unserem Interesse, der Ukraine, Moldau und auch Georgien einen Weg in die Europäische Union zu eröffnen», sagte Gunther Krichbaum, der europapolitische Sprecher der Fraktion, der dpa.

Die Union will die Bundesregierung auch dazu auffordern, sich im Rahmen des Beitrittsprozesses dafür einzusetzen, dass unterhalb der Vollmitgliedschaft neue Möglichkeiten zur Teilnahme an gemeinsamen Programmen wie etwa in der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik eröffnet werden. Das gelte auch für die Bereiche Forschung, Energie, Verkehr oder Klimaschutz. Von den Beitrittskandidaten müsse man weiter konsequent die Erfüllung der Kriterien zu Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit sowie eine verstärkte Korruptionsbekämpfung einfordern. Sie müssten zudem umgehend die EU-Beschlüsse zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik umsetzen.

«Da der Prozess bis zur Mitgliedschaft oft lang ist, fordern wir die Schaffung eines neuen Modells, das den Kandidaten schon vor einer Vollmitgliedschaft eine enge Anbindung an die Europäische Union ermöglicht», erläuterte Krichbaum.

Die für Europa zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Patricia Lips warf der Bundesregierung vor, auch in dieser Frage zu zaudern und Deutschland im Kreis der internationalen Partner immer weiter zu isolieren. «Die Unklarheit des Bundeskanzlers in dieser so wichtigen Frage ist inakzeptabel. Mit unserem Antrag werden wir die Koalition dazu bringen, Farbe bekennen zu müssen», sagte die CDU-Abgeordnete der dpa.


Ukraine-Botschafter: Scholz soll bei Kiew-Besuch Panzer versprechen

BERLIN: Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk erwartet von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass er bei einem Kiew-Besuch die Lieferung deutscher Panzer in die Ukraine verspricht. «Ohne deutsche schwere Waffen wird es uns leider nicht gelingen, die gewaltige militärische Überlegenheit Russlands zu brechen und das Leben von Soldaten und Zivilisten zu retten», sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. «Die Ukrainer erwarten, dass der Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Kiew ein neues Hilfspaket deutscher Rüstungsgüter verkünden wird, das unbedingt sofort lieferbare Leopard-1-Kampfpanzer sowie Marder-Schützenpanzer beinhalten soll.»

Scholz will Medienberichten zufolge noch in diesem Monat zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi nach Kiew reisen. Offiziell wurde der Besuch weder bestätigt noch dementiert.

Melnyk sagte, es sei enttäuschend, wie langsam Deutschland Waffen in die Ukraine liefere. Seit dem 3. Mai seien zwar sechs Millionen Schuss Munition angekommen, aber keine Waffen mehr. «Daher hoffen wir, das die Ampel-Regierung endlich auf das Gaspedal drückt, um sowohl den Umfang als auch das Tempo massiv zu erhöhen, damit die Ukraine die russische Großoffensive im Donbass abwehren kann.»

Die Bundesregierung hatte sich zwei Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine dafür entschieden, Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern - ein Tabubruch. Seitdem kamen Panzerfäuste, Flugabwehrraketen, Splittergranaten und mehr als 20 Millionen Schuss Munition in der Ukraine an. Schwere Waffen wie Artilleriegeschütze und Flugabwehrpanzer wurden bisher zwar zugesagt, aber noch nicht geliefert.

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Leserkommentare

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