Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Montag

Foto: epa/dpa
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«Time Magazine» listet Selenskyj unter 100 einflussreichsten Menschen

NEW YORK: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist vom «Time Magazine» zu einem der 100 einflussreichsten Menschen des Jahres 2022 gekürt worden. «Mit Präsident Selenskyj haben die Menschen in der Ukraine ein Staatsoberhaupt, das ihrer Tapferkeit und ihrer Widerstandsfähigkeit würdig ist, während Bürger über das ganze Land hinweg... für ihr Zuhause und ihre Freiheit kämpfen», schreibt dazu US-Präsident Joe Biden. Im russischen Krieg gegen sein Land habe Selenskyj «seine Spuren in der Geschichte hinterlassen». Auch der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, schaffte es auf die bereits am Montag veröffentlichte Liste.

Auf der «Time»-Liste der einflussreichsten Menschen des Jahres ist unterdessen auch Russlands Präsident Wladimir Putin zu finden, zu dem sich der inhaftierte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny äußert. «Vielleicht ist es Wladimir Putins wahre Mission, Lehren zu erteilen. ... 2022 ist er besonders gut darin gewesen», schreibt Nawalny für das renommierte Magazin. «Er hat uns wieder einmal daran erinnert, dass ein Weg, der «nur mit ein bisschen Wahlmanipulation» beginnt, immer mit einer Diktatur endet. Und eine Diktatur führt immer zum Krieg. Es ist eine Lehre, die wir nicht hätten vergessen sollen.»

Aus Deutschland listet «Time» zudem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter den 100 einflussreichsten Menschen des Jahres. «Time» veröffentlicht die Liste jährlich seit 1999.


Lawrow: Russland sollte sich Eurasien noch mehr zuwenden

MOSKAU: Die «diktatorische Position» des Westens gegenüber Russland beschleunigt nach Ansicht des russischen Außenministers die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen seines Landes zu China. Moskau werde sich nur auf sich selbst und auf diejenigen Staaten verlassen, die «ihre Zuverlässigkeit bewiesen haben», sagte Sergej Lawrow den Staatsagenturen Ria und Tass zufolge in der Nacht zum Dienstag.

Die Zukunft liegt laut Lawrow in der Region Eurasien. Neben China nannte er auch Indien und den Iran als wichtige Partner. Auf westliche Lieferungen sollte sich Russland seiner Meinung nach nicht mehr verlassen. Russland werde sich vielmehr «ernsthaft überlegen», ob es eine Wiederaufnahme der Beziehungen brauche, wenn der Westen etwas anbiete.

Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vor drei Monaten verhängten die USA, die EU und weitere westliche Staaten Sanktionen gegen Russland.


Raketen zerstören Bahngleise im Osten der Ukraine

KIEW: Durch russische Raketenangriffe im Osten der Ukraine ist nach ukrainischen Angaben am Montag Infrastruktur der Eisenbahn zerstört worden.

Bei vier Raketeneinschlägen im Gebiet Dnipropetrowsk seien Gleise sowie die Oberleitungen schwer beschädigt worden, teilte Gouverneur Walentyn Resnitschenko auf seinem Telegram-Kanal mit. Verletzt wurde demnach niemand. Wann der Zugverkehr wieder aufgenommen werden könne, sei noch nicht bekannt. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon drei Monate.


Ukrainer berichten von drei getöteten Zivilisten

KIEW: Bei russischen Angriffen im Osten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben am Montag drei Zivilisten getötet worden. Sechs weitere Menschen seien verletzt worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, auf Telegram. Die ukrainische Armee gab an, auf russischer Seite acht Panzer, eine Drohne, sechs Flugzeuge sowie weitere Militärtechnik zerstört zu haben. In der Region Nowoukrajinka soll eine russische Rakete abgeschossen worden sein. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Im Osten der Ukraine baute Russland nach ukrainischen Angaben die Kommandostrukturen der Militärpolizei aus. In den besetzten Regionen Cherson und Saporischschja seien 19 sogenannte Kommandantenbüros eingerichtet worden, schrieb der ukrainische Generalstab am Montagabend.


Selenskyj fordert nach drei Monaten Krieg mehr Waffen

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach drei Monaten Krieg vom Westen moderne Raketenabwehrwaffen und Kampfflugzeuge gegen russische Angriffen gefordert. Viele Menschen wären «nicht gestorben, wenn wir alle Waffen erhalten hätten, um die wir bitten», sagte Selenskyj am Montagabend in einer neuen Videobotschaft. Sein Land sei seit Kriegsbeginn am 24. Februar Ziel von 3000 Luftangriffen und annähernd 1500 Raketenangriffen gewesen. Die große Mehrheit der Angriffe habe zivilen Objekten gegolten.

Alle Partner der Ukraine seien sich einig, dass der Kampf seines Landes gegen Russland dem «Schutz der gemeinsamen Werte aller Länder in der freien Welt» diene, sagte Selenskyj weiter. Deshalb habe sein Land ein Recht auf Waffenhilfe. Im Osten der Ukraine, wo die russische Armee ihre Aktivitäten konzentriert habe, bleibe die Lage schwierig. Er erwarte nicht, dass Russland die besetzten Gebiete in der Region Charkiw und anderen Regionen aufgeben werde. «Die kommenden Kriegswochen werden schwierig», fügte er hinzu.


Pussy Riot fordern Importstopp für russisches Gas und Öl

BERLIN: Die Musikerinnen der russischen Punkband Pussy Riot fordern einen Importstopp für russisches Gas und Öl.

Das Geld für den Krieg in der Ukraine komme aus Europa, sagten die Aktivistinnen am Montagabend in den ARD-«Tagesthemen». So lange Gas und Öl in Russland gekauft werden, könne der Krieg nicht gestoppt werden. Bandmitglied Maria Aljochina bezeichnete den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Kriegsverbrecher, der vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu Verantwortung gezogen werden müsse. Die Band ist gerade auf einer «Pussy Riot Anti-War Tour» in Europa unterwegs.


Erdogan empört sich über griechischen Regierungschef Mitsotakis

ISTANBUL: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich empört über eine Warnung aus Griechenland vor Waffenverkäufen in die Region geäußert. Über den griechischen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sagte Erdogan am Montagabend: «Mitsotakis existiert für mich nicht mehr.» Der Ministerpräsident hatte vergangene Woche bei einem Besuch in Washington vor zunehmender Instabilität im östlichen Mittelmeerraum gewarnt. Dies solle man bei der Entscheidung über Waffenverkäufe bedenken. Die Türkei bemüht sich seit längerem in den USA um den Kauf von neuen Kampfjets.

Erdogan sagte dazu, er glaube nicht, dass die Vereinigten Staaten ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Mitsotakis' Äußerungen träfen. Zugleich gab er jedoch bekannt, strategische Gesprächsrunden mit Athen aufzukündigen. Erst Mitte März hatten beide Länder nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine beschlossen, ihre stark belasteten Beziehungen verbessern zu wollen. Die Nachbarn liegen bei einer ganzen Reihe von Themen über Kreuz.


Ukraine bekommt weitere Zusagen für militärische Hilfe

WASHINGTON: Die Ukraine hat nach Angaben der US-Regierung von etwa 20 Staaten Zusagen für weitere militärische Unterstützung bekommen. Dies teilte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Montag in Washington nach einer Videoschalte der neuen internationalen Ukraine-Kontaktgruppe mit. Demnach wollen beispielsweise Italien, Griechenland und Polen Artilleriesysteme liefern. Dänemark versprach weitere Raketen. Andere Staaten kündigten Unterstützung bei der Ausbildung der Streitkräfte an. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen drei Monate.

Die Kontaktgruppe besteht seit Ende April. An einem ersten Treffen im rheinland-pfälzischen Ramstein nahmen etwa 40 Staaten teil. Austin zufolge kamen mittlerweile weitere Länder hinzu - so etwa Österreich, Bosnien-Herzegowina, Kolumbien und Irland. An der Schalte am Montag nahmen Vertreterinnen und Vertreter aus 47 Staaten teil. Verteidigungsminister Austin kündigte zudem für den 15. Juni ein Treffen in Brüssel an. Es soll am Rande von Beratungen der Nato-Verteidigungsminister stattfinden.


Prozess gegen Azovstal-Kämpfer soll in der Region stattfinden

MARIUPOL: Die in der Hafenstadt Mariupol gefangen genommenen ukrainischen Soldaten sollen nach Angaben eines prorussischen Separatistenführers direkt in der Region vor ein Gericht gestellt werden. Die Gefangenen, die sich im Stahlwerk Azovstal verschanzt und schließlich ergeben hatten, werden im Gebiet der selbsternannten Volksrepublik Donezk im Osten der Ukraine festgehalten, wie Separatistenführer Denis Puschilin der Agentur Interfax zufolge am Montag sagte. Ein «internationales Tribunal» werde organisiert.

Unter Berufung auf eine Quelle, die mit dem «Tribunal» befasst sei, schrieb Interfax außerdem, ein erster Prozess soll in Mariupol stattfinden. Weitere Prozesstage könnten auch an anderen Orten abgehalten werden.

Am Freitag hatten sich die letzten gut 500 ukrainischen Soldaten in Asovstal ergeben. Das Werk war das letzte Stück der strategisch wichtigen Stadt im Südosten der Ukraine, das bis dahin noch nicht komplett unter russischer Kontrolle stand. Es war seit dem 21. April von russischen Truppen belagert worden. Nach russischen Angaben kamen seit dem 16. Mai insgesamt 2439 ukrainische Soldaten aus dem Werk in russische Gefangenschaft.


Arbeitsminister der G7 treffen sich in Wolfsburg

WOLFSBURG/BERLIN: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat seine Kolleginnen und Kollegen aus den sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) für Dienstag zu einer Tagung nach Wolfsburg eingeladen. Es soll in der VW-Stadt vor allem um den Wandel in der industriellen Arbeitswelt gehen.

Heil forderte vorab, die Umbrüche - angetrieben vor allem durch Digitalisierung, Elektrifizierung und Klimaschutz-Technologien - müssten sozial gerecht ablaufen. Dafür seien beispielsweise regelmäßige Angebote zur Fort- und Weiterbildung nötig, auch für formal geringer qualifizierte Beschäftigte.

Diskutiert werden dürften außerdem die Folgen des Krieges in der Ukraine sowie Maßnahmen der G7-Staaten zur Integration Geflüchteter in die nationalen Arbeitsmärkte. Auch über Arbeitsschutzstandards in internationalen Lieferketten und über Gesundheit am Arbeitsplatz wollen die Fachpolitikerinnen und -politiker zusammen mit EU-Sozial- und -Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit sprechen.

Am Nachmittag (16.00 Uhr) ist eine Pressekonferenz zu den Ergebnissen geplant.


Habeck ruft zu Zusammenarbeit gegen globale Nahrungsmittelkrise auf

DAVOS: Vizekanzler Robert Habeck hat angesichts einer drohenden globalen Nahrungsmittelkrise in Folge des russischen Kriegs in der Ukraine zu internationaler Zusammenarbeit aufgerufen. «Wir werden, wenn wir keine andere Lösung finden, im nächsten Jahr einen großen Mangel an der weltweiten Kalorienversorgung haben», sagte der Wirtschaftsminister am Montag am Rande der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos in der Schweiz. Diese Nahrungsmittelkrise werde spezifisch Regionen treffen, die nicht zu den reichsten oder stabilsten gehörten. «Und wenn wir darauf so antworten, dass jedes Land sich nur um sich selber kümmert, also seine eigenen Vorräte aufstockt, dann wird diese Krise eskalieren», warnte der Grünen-Politiker.

Habeck sprach sich für globale Kooperation und offene Märkte aus. «Und wir sind natürlich auch gehalten, um unseren eigenen, manchmal etwas überschwänglichen Verbrauch von Lebensmitteln zu reduzieren», sagte er. Statt sich nur noch auf sich selbst zu besinnen, müsse eine neue globale Handelsordnung her: «Daran festhalten, dass wir global miteinander interagieren, das solidarisch tun, fair und gerecht und zum Wohle der Menschen und nicht nur zum Wohle des Gewinns von einigen Unternehmen.»


Fünf Meter hohe Selenskyj-Skulptur aus Sand in Estland

TALLINN: In Estland hat eine Künstlerin eine fünf Meter Skulptur des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aus Sand geformt. Das Kunstwerk aus insgesamt 70 Tonnen Sand zeigt Selenskyj nach dem Vorbild des Originals in New York als Freiheitsstatue. Seit dem Wochenende steht es auf einem Platz in der Stadt Tõrva im Süden des baltischen Landes, wie der estnische Rundfunk am Montag berichtete. Rund um die Sandfigur soll bis zum Sommer ein Park mit weiteren Skulpturen entstehen - auch mit Hilfe ukrainischer Künstler, die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchtet sind.

In einer weiteren Solidaritätsaktion versammelten sich Tausende Esten am Sonntag auf der Freilichtbühne in der Hauptstadt Tallinn, um ein ukrainisches Volkslied zu singen. Mit der Aktion wurden auch Spenden gesammelt.


Wladimir Klitschko fordert in Davos totale Isolation Russlands

DAVOS: Der ukrainische Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko hat wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine eine vollständige Isolation Russlands gefordert. «Der Krieg wird so lange dauern, wie die Welt Handel mit Russland treibt», sagte der 46-Jährige am Montag in einer Gesprächsrunde beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

Er forderte zudem einen Ausschluss russischer Athleten von Olympischen Spielen. «Das hat nichts mit der Nationalität oder den Athleten zu tun, aber sie repräsentieren das aggressive Regime Russlands», sagte er. Zugleich betonte der Ex-Boxer, die Ukraine werde ihren Widerstand nicht aufgeben: «Wir werden so lange kämpfen, wie wir leben.»

Sein ebenfalls anwesender Bruder Vitali, Bürgermeister von Kiew, sagte zum erbitterten Widerstand gegen die russischen Angreifer: «Wir Ukrainer verteidigen unsere Kinder, Familien und die Zukunft unserer Kinder - und die russischen Soldaten kämpfen für Geld.» Russland habe das Land vor drei Monaten überfallen, weil es die Ukraine als Teil des russischen Imperiums sehe. «Glaubt den Russen nicht, sie betrügen immer», sagte Vitali Klitschko.


UNHCR: Mehr als 6,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen

GENF: Mehr als 6,5 Millionen Menschen sind bereits vor dem Krieg in der Ukraine ins Ausland geflüchtet. Das geht aus den jüngsten Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hervor, die am Montag in Genf veröffentlicht wurden. Unter den Nachbarländern hat Polen mit 3,5 Millionen weitaus die meisten der ukrainischen Geflüchteten aufgenommen.

Wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mitteilte, sind seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar bis zum vergangenen Samstag 779.975 Menschen neu im Ausländerzentralregister (AZR) erfasst worden. Davon sind den Angaben zufolge mehr als 98 Prozent ukrainische Staatsangehörige. «Hiervon kann eine erhebliche Zahl bereits in andere EU-Staaten weitergereist und auch in die Ukraine zurückgekehrt sein», gab die Sprecherin zu bedenken.

Seit Beginn der russischen Invasion sind insgesamt fast zwei Millionen Menschen wieder in die Ukraine eingereist. Wie viele davon dauerhaft in ihre Heimat zurückgekehrt sind, und wie viele ein- und auspendeln, ist laut UNHCR noch unklar. Das Land hatte vor dem Krieg etwa 44 Millionen Einwohner.

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die Daten zu Binnenvertriebenen erhebt, sind weitere 8 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Der Krieg in dem Land habe die weltweite Zahl der Vertriebenen erstmals auf mehr als 100 Millionen ansteigen lassen, berichtete UNHCR weiter.


Baerbock berät mit Amtskollegen über Sicherheitslage an der Ostsee

BERLIN: Außenministerin Annalena Baerbock will an diesem Dienstag mit Amtskollegen aus dem Ostseeraum über die Sicherheitslage nach dem von Russland begonnenen Ukraine-Krieg beraten. Dazu reist die Grünen-Politikerin zu einem zweitägigen Treffen des Ostseerats nach Norwegen, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag in Berlin mitteilte.

Deutschland übernimmt zum 1. Juli von Norwegen den Vorsitz im Ostseerat. Dem 1992 gegründeten Forum gehören nach Ministeriumsangaben auch Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Lettland, Polen, Schweden, Island und die EU an. Die Mitgliedschaft Russlands wurde Anfang März ausgesetzt.

Am Mittwoch sind zudem ein bilaterales Treffen Baerbocks mit ihrer norwegischen Amtskollegin und ein Besuch bei einem Energieunternehmen vorgesehen, wie es weiter hieß.


Russe im ersten Kriegsverbrecherprozess in Kiew verurteilt

KIEW: Im ersten ukrainischen Kriegsverbrecherprozess ist ein 21 Jahre alter russischer Soldat zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden.

Das Gericht in Kiew sah es am Montag nach einem Geständnis des Mannes als erwiesen an, dass der Panzersoldat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine einen 62-Jährigen Zivilisten erschoss. Nach dem weltweiten Entsetzen über russische Gräueltaten in der Ukraine war dies der erste vor Gericht verhandelte Fall.


Russisches Militär bestätigt Raketenangriff auf Bahnstation bei Kiew

MOSKAU: Das russische Militär hat nach eigenen Angaben einen Militärtransport nahe Kiew bombardiert. «Mit seegestützten Hochpräzisionsraketen wurden bei der Bahnstation Malyn im Gebiet Schytomyr Waffen und Militärtechnik der 10. ukrainischen Gebirgs-Sturm-Brigade aus Iwano-Frankiwsk vernichtet, die in den Donbass verlegt werden sollten», sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Montag bei der Vorstellung des Lageberichts.

Ukrainische Quellen hatten am Vorabend die Bombardierung der Kleinstadt gemeldet und dabei über ein Todesopfer und mehrere Verletzte berichtet.

Konaschenkow informierte zudem über zahlreiche russische Raketen- und Luftangriffe im ostukrainischen Donbass-Gebiet. Dort seien Ziele in den Ortschaften Bachmut, Soledar, Berestowe, Lyman, Nyrkowe und Sakitne beschossen worden. Neben Gefechtsständen, Munitionsdepots und Truppenansammlungen nannte der Generalmajor dabei auch «Verkehrsknotenpunkte» als Angriffsziele. Dabei dürfte es sich um die Bahnhöfe in den Orten handeln.

Nach russischen Angaben wurden durch die Luftangriffe mehr als 230 ukrainische Soldaten getötet und 33 Militärfahrzeuge außer Gefecht gesetzt. Dazu kommen 3 durch die russische Luftabwehr abgeschossene Kampfflugzeuge und 13 Drohnen. Unabhängig waren diese Angaben nicht zu überprüfen.


US-Präsident Biden: Putin will Identität der Ukraine auslöschen

TOKIO: Russlands Staatschef Wladimir Putin versucht nach Ansicht von US-Präsident Joe Biden, «die Identität der Ukraine auszulöschen».

Dies zeigten die russischen Bombardements ziviler Ziele in der Ukraine, darunter Schulen, Krankenhäuser und Museen, sagte Biden am Montag in Tokio bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem japanischen Regierungschef Fumio Kishida. Putin könne die Ukraine nicht besetzen, aber ihre Identität untergraben. «Ich glaube, Putin versucht, die Identität der Ukraine auszulöschen», sagte der US-Präsident. Putin müsse für seine «Barbarei» in der Ukraine einen hohen Preis bezahlen, betonte Biden mit Blick auf die Sanktionen gegen Russland.


London: Russlands Verluste so hoch wie die der Sowjets in Afghanistan

LONDON: Die Verluste der russischen Armee in der Ukraine sind wohl bereits nach drei Monaten Krieg so hoch wie die der Roten Armee in den neun Jahren des sowjetischen Afghanistan-Kriegs. Das schätzen britische Geheimdienst-Experten, wie aus einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London am Montag hervorging. Die hohe Verlustrate steige auch bei der russischen Offensive im Donbass weiter. Grund dafür sei eine Kombination aus Faktoren wie etwa schlechte Taktiken, eingeschränkte Lufthoheit und mangelnde Flexibilität.

Die britischen Geheimdienstexperten gehen davon aus, dass sich die vielen russischen Toten auch in der öffentlichen Wahrnehmung des Krieges in dem Land niederschlagen dürften. «Die russische Öffentlichkeit hat in der Vergangenheit empfindlich auf Verluste in Kriegen reagiert, die dem Land nicht aufgezwungen wurden», hieß es in der Mitteilung weiter. Mit einer wachsenden Zahl von Toten könnten auch die Unzufriedenheit bei den Russinnen und Russen und die Bereitschaft, dies zu äußern, steigen.


Biden: USA würden Taiwan im Angriffsfall militärisch verteidigen

TOKIO: Die USA würden Taiwan nach Aussage von US-Präsident Joe Biden im Fall eines Angriffs auch militärisch verteidigen. China habe kein Recht, sich Taiwan mit Gewalt einzuverleiben, betonte Biden am Montag in Tokio bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem japanischen Regierungschef Fumio Kishida. Chinas Verhalten, darunter Militärmanöver und Flüge nahe der Insel, «flirte mit der Gefahr», sagte Biden. Er gehe aber nicht davon aus, dass China tatsächlich versuchen werde, Taiwan anzugreifen.

Auf die Frage einer Journalistin, ob die USA Taiwan im Angriffsfall auch militärisch verteidigen würden, sagte Biden: «Ja.» Auf Nachfrage der Reporterin betonte Biden: «Das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind.» Eine gewaltsame Einnahme Taiwans würde die ganze Region destabilisieren und dem ähneln, was in der Ukraine passiert sei, sagte Biden mit Blick auf den russischen Angriffskrieg. «Wir halten daran fest, den Frieden und die Stabilität um die Taiwanstraße zu unterstützen und sicherzustellen, dass es keine einseitige Veränderung des Status Quo gibt», sagte Biden in Bezug auf die Meerenge zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan.

Biden hatte bereits Ende vergangenen Jahres erklärt, die USA hätten eine «Verpflichtung», Taiwan im Angriffsfall beizustehen. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet - was bislang vor allem Waffenlieferungen bedeutete. Die Frage nach einem militärischen Beistand im Angriffsfall wurde bewusst offengelassen, weil es von Peking als Verstoß gegen die «Ein-China-Doktrin» gesehen würde. Mit dieser «strategischen Mehrdeutigkeit» der USA sollte Peking unsicher bleiben, was die USA im Kriegsfall tun würden.

Eine formelle militärische Beistandserklärung haben die USA in Asien bislang den engen Verbündeten Japan und Südkorea vorbehalten. Dort haben die US-Streitkräfte auch jeweils eine Militärpräsenz.


Ukrainisches Militär warnt vor Aktivitäten an belarussischer Grenze

KIEW: Die ehemalige Sowjetrepublik Belarus, die sich bislang nicht aktiv am russisch-ukrainischen Krieg beteiligt hat, zieht nach Angaben aus Kiew Streitkräfte an der Grenze zusammen. «Die belarussischen Streitkräfte führen verstärkt Aufklärung durch und haben zusätzliche Einheiten im Grenzbereich aufgestellt», teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Montag mit. Demnach bleibe die Gefahr von Raketen- und Luftangriffen auf die Ukraine von belarussischem Gebiet aus erhalten.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat sich nicht mit eigenen Truppen an dem Ende Februar von Russland begonnenen Krieg gegen die Ukraine beteiligt. Allerdings durften russische Truppen das Land als Aufmarschgebiet für den Angriff nutzen. Kiew sieht daher Minsk nicht als neutral an und befürchtet potenziell ein Eingreifen belarussischer Soldaten aufseiten Russlands in den Konflikt. Lukaschenko, der am Montag in Sotschi Russlands Präsident Wladimir Putin trifft, hat derartige Absichten stets dementiert.

Bei den Kämpfen in der Ostukraine selbst gibt es nach Angaben des Generalstabs wenig Veränderungen: Im Norden von Charkiw versuchen die Russen ihre Positionen zu verteidigen, weiter südlich bereiten sie demnach eine neue Offensive gegen die Großstadt Slowjansk vor. Beim Versuch, die Ortschaft Dowgenke westlich der strategisch wichtigen Straße zwischen Isjum und Slowjansk einzunehmen, sei das russische Militär aber zurückgeschlagen worden.

Nach ukrainischen Angaben ebenfalls erfolglos verliefen in der Nacht die Angriffe Richtung Sjewjerodonezk und Bachmut. Im Raum Awdijiwka, Kurachowe, Nowopawliwka und Richtung Saporischschja seien die Kampfhandlungen abgeflaut, sagte der Sprecher des Generalstabs, Olexandr Stupun. Insgesamt elf Attacken des Feindes seien abgewehrt worden. Wegen der hohen Verluste müsse Russland inzwischen die ausgemusterten T-62-Panzer wieder aktivieren, um Reserveeinheiten auszurüsten. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.


Japan lädt zum G7-Gipfel 2023 nach Hiroshima ein

TOKIO: Japan richtet den Gipfel der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) im kommenden Jahr in Hiroshima aus. Das gab der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida am Montag bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Tokio bekannt. Hiroshima ist Kishidas Heimatstadt.

Die USA warfen am 6. August 1945 die erste im Krieg eingesetzte Atombombe über der Stadt ab. Zehntausende Bewohner kamen sofort ums Leben, viele andere starben später an den Folgen. Auch Kishidas Familie litt unter den Folgen. Der Regierungschef ist für die Abschaffung von Atomwaffen.

Insgesamt verloren bis Ende 1945 schätzungsweise 140.000 Menschen ihr Leben in Hiroshima durch die Atombombe. Drei Tage nach der gewaltigen Explosion warfen die USA eine zweite Atombombe über Nagasaki ab. Kurz danach kapitulierte das japanische Kaiserreich. Heute sind die USA Japans Schutzmacht, Japan wiederrum ist ein wichtiger Verbündeter Washingtons im Asien-Pazifik. In der Region hat sich die Sicherheitslage mit der Bedrohung durch Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm sowie Chinas wachsenden Machtstrebens verschärft.

Hiroshima ist heute ein weltweites Symbol für Krieg - und für Frieden. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und der Sorgen vor einem Einsatz von Atomwaffen kommt der Ausrichtung des G7-Gipfels in Hiroshima eine besondere Bedeutung zu. Der G7-Gruppe gehören neben den USA und Japan auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada an. In diesem Jahr hat Deutschland für ein Jahr den Vorsitz, nächstes Jahr folgt Japan. Der nächste G7-Gipfel findet Ende Juni auf Schloss Elmau in Bayern statt.


Selenskyj räumt hohe Verluste in der Ostukraine ein

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Tagesverluste der eigenen Truppen an der Front in der Ostukraine auf 50 bis 100 Soldaten beziffert. «Heute können zwischen 50 und 100 Menschen an der für uns schwersten Front im Osten unseres Landes sterben», sagte Selenskyj laut der Nachrichtenagentur RBK-Ukraina bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Polens Präsident Andrzej Duda am Sonntag. «Sie schützen unsere Freiheit und Unabhängigkeit, über die in der ganzen Welt gesprochen wird.» Mit den hohen Verlusten begründete er die Ablehnung einer Petition, Männern im wehrpflichtigen Alter die Ausreise aus der Ukraine zu erlauben.

Zuletzt hatte der ukrainische Präsident Mitte April die eigenen Verluste offengelegt. Damals sprach er von insgesamt etwa 3000 ukrainischen Soldaten, die seit dem russischen Angriff am 24. Februar gestorben seien. Genaue Zahlenangaben hat das Präsidialamt allerdings verweigert. Dies sei ein Kriegsgeheimnis, begründete Präsidentenberater Olexij Arestowitsch.


Ukrainischer Abgeordneter: Russen wollen ganze Städte ausradieren

BERLIN: Nach Meinung des ukrainischen Parlamentsabgeordneten Dmytro Lubinets versucht die russische Besatzung in der Ostukraine, «ganze Ortschaften und Städte auszuradieren». Vor allem die zivile Infrastruktur werde angegriffen, sagte Lubinets am Montag im ARD-«Morgenmagazin» laut Übersetzung des Senders. Dies betreffe die Stromversorgung und Wasserleitungen, aber auch Schulen und Krankenhäuser. «Es sieht so aus, die Russen bekämpfen nicht die ukrainischen Streitkräfte, sondern das ganze Volk», sagte der Parlamentarier weiter. Deshalb appelliere die Ukraine an die internationale Öffentlichkeit, die Situation als Genozid des ukrainischen Volkes anzuerkennen.

Die ukrainische Regierung bemühe sich nach Kräften, die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den umkämpften Gebieten zu organisieren, sagte Lubinets. Die Behauptung Moskaus, Ukrainer würden nach Russland in Sicherheit gebracht, tat er ab. «Russische Propaganda verzerrt wie immer die Tatsachen», sagte der Politiker. «Die Russen zwingen die Menschen zur Evakuierung nach Russland - also mit Gewaltanwendung.» Unter den Verschleppten seien auch viele Kinder.


Anschlag auf Besatzungsbürgermeister von Enerhodar in Südukraine

SAPORISCHSCHJA: Der von den russischen Besatzungstruppen eingesetzte Bürgermeister der Kleinstadt Enerhodar ist bei einem Sprengstoffanschlag am Sonntag schwer verletzt worden. «Der selbst ernannte Chef der «Volksadministration» von Enerhodar, Andrij Schewtschik, ist durch eine Explosion am Eingang des Wohnhauses verletzt worden, in dem seine Mutter lebt», teilte die ukrainische Militärverwaltung des Gebiets Saporischschja am späten Sonntagabend auf ihrem Telegram-Kanal mit. Es handle sich um einen gezielten Partisanenangriff gegen einen Kollaborateur, heißt es weiter.

Medienberichten zufolge liegt Schewtschik auf der Intensivstation. Auch seine Leibwächter seien bei dem Attentat verletzt worden. Laut der ukrainischen Militärverwaltung suchen die russischen Besatzungstruppen nun nach zwei jungen Männern in einem roten Audi. Zudem hätten sie die Checkpoints verstärkt. Das russische Ermittlungskomitee hat nach eigenen Angaben am Montag «wegen des Verbrechens ukrainischer Nationalisten» ein Strafverfahren eingeleitet.

In Enerhodar liegt das leistungsstärkste Atomkraftwerk Europas. Die Kleinstadt im Süden des Gebiets Saporischschja wurde bereits in den ersten Kriegstagen von russischen Truppen besetzt. Bei den Gefechten war kurzzeitig sogar ein Feuer auf dem Gelände des Atomkraftwerks ausgebrochen, das aber wieder gelöscht werden konnte. Die Gebietshauptstadt Saporischschja selbst ist immer noch unter ukrainischer Kontrolle.


Visa für russische Fachkräfte: Bundesregierung beschleunigt Verfahren

BERLIN: Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben sich Hunderte von Fachkräften aus Russland für einen Umzug nach Deutschland entschieden. «Im April wurden in Moskau rund 350 Visa zum Zweck der Erwerbstätigkeit an russische Staatsangehörige erteilt», heißt es aus dem Auswärtigen Amt. In Sankt Petersburg stellte das deutsche Generalkonsulat den Angaben zufolge im gleichen Zeitraum 190 Arbeitsvisa aus. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war die Mehrheit der ausreisenden Fachkräfte bereits in Russland für ein deutsches Unternehmen tätig.

«Wir haben in den Wochen seit Kriegsbeginn bei mehr als 400 Anträgen für Arbeitsvisa russischer Staatsbürger, die nach Deutschland kommen wollen, Unterstützung geleistet», sagte Katharina Vorländer, Anwältin bei der auf Arbeitsmigration spezialisierten Kanzlei Fragomen Global LLP in Frankfurt am Main. Rund 30 Prozent dieser Antragsteller seien bereits in Deutschland.

Das sei in der Geschwindigkeit nur möglich geworden, weil es in dieser speziellen Situation «Unterstützung durch die deutschen Behörden gab, wie wir es sonst nicht unbedingt immer erleben». Beispielsweise habe das Auswärtige Amt in Absprache mit der deutschen Botschaft in Moskau und dem Generalkonsulat in Sankt Petersburg Sammeltermine zur Antragstellung für teilweise mehrere Dutzend Mitarbeiter einer Firma angeboten, «was wir dann auch gerne angenommen haben», berichtete die Juristin.

Von Kriegsbeginn bis Anfang Mai wurden nach Angaben einer Sprecherin des Auswärtigen Amtes insgesamt bereits mehr als 600 Visa für russische Fachkräfte erteilt. Bei den Visa zur Erwerbstätigkeit handelt es sich um nationale Visa, die einen längeren Aufenthalt erlauben, nicht um sogenannte Schengen-Visa, die einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen in Deutschland und im Schengen-Raum ermöglichen.

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