Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Freitag

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Selenskyj feiert Rückkehr von Soldaten aus russischer Gefangenschaft

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Rückkehr weiterer Soldaten aus russischer Gefangenschaft gefeiert. «Es war ein besonderer Tag in einer besonderen Woche», sagte Selenskyj am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Zugleich kündigte er an, weitere Soldaten aus russischen Gefangenenlagern zurückzuholen. «Wir werden keinen einzigen Ukrainer in russischen Gefängnissen, Lagern und «Isolationen» (Haftanstalten) zurücklassen. Wir denken an alle.»

Selenskyj hatte am Nachmittag in Kiew eine Reihe von ehemaligen Kriegsgefangenen getroffen und ihnen Medaillen verliehen. In den vergangenen Tagen hatten Russland und die Ukraine mehrmals Kriegsgefangene ausgetauscht. Nach Selenskyjs Angaben kamen auf diese Art seit Kriegsbeginn im Februar insgesamt 1331 ukrainische Soldaten aus russischer Gefangenschaft frei.


Geldstrafe für russischen Sender

RIGA: In Lettland ist der unabhängige russische Fernsehsender Doschd wegen seiner Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine ins Visier der Behörden geraten. Der Nationale Rat für elektronische Massenmedien verhängte am Freitag 10.000 Euro Geldstrafe, weil er eine Karte gezeigt habe, auf der die annektierte ukrainische Halbinsel Krim als Teil Russlands zu sehen war. Zudem seien die russischen Streitkräfte als «unsere Armee» bezeichnet worden. Die Sicherheitsbehörden kündigten ebenfalls eine Untersuchung an.

Lettland beherbergt eine große Zahl russischer Journalisten, die aufgrund von Beschränkungen nicht mehr in ihrem Heimatland arbeiten können. Anlass für die Untersuchungen ist ein Aufruf an die Zuschauer in der Doschd-Nachrichtensendung «Hier und jetzt», Informationen über die Bedingungen der Russen an der Front bereitzustellen. Dabei äußerte der Moderator die Hoffnung, dass der Sender bereits vielen Soldaten mit Ausrüstung und Grundausstattung habe helfen können.

Chefredakteur Tichon Dsjadko beteuerte, dass der Sender keine Hilfe für die russische Armee leiste. Er entschuldigte sich auf Twitter. Der Moderator der Nachrichtensendung wurde nach Angaben des Senders entlassen. Lettland hatte Doschd im Juni eine Sendelizenz erteilt, nachdem der Sender wegen des Vorgehens der Behörden kurz nach Beginn des Kriegs Anfang März seinen Betrieb in Russland eingestellt hatte.


Kriminelle schneiden Banksy-Bild aus Hauswand

HOSTOMEL: In der Ukraine ist kurz nach der Entstehung ein Bild des Streetart-Künstlers Banksy von Kriminellen aus der Wand geschnitten worden. Im Kiewer Vorort Hostomel hätten Polizisten eine Gruppe von acht Personen im Alter zwischen 27 und 60 Jahren festgenommen, teilte der Polizeichef des Gebietes Kiew, Andrij Njebytow, am Freitag mit. Das Bild einer Frau im Morgenmantel mit Lockenwicklern und einer Gasmaske sei vor Ort beschlagnahmt worden.

Der Organisator sei ein im Jahr 1990 geborener Kiewer. Ein Motiv wurde zunächst nicht bekannt. Die Polizei war nach einem Anruf von Anwohnern aktiv geworden. Sie hatten beobachtet, wie das Bild aus der Wärmedämmung geschnitten wurde.

Das Kulturministerium wurde inzwischen eingeschaltet, um über das weitere Schicksal des Bildes zu entscheiden.

Im November war bekannt geworden, dass der mysteriöse britische Künstler Banksy mehrere Werke in den vom russischen Angriffskrieg betroffenen Vororten von Kiew und in der ukrainischen Hauptstadt selbst hinterlassen hat. Russland ist Ende Februar in die Ukraine einmarschiert.


Ukraine erhält erste Hawk-Flugabwehrraketen aus Spanien

KIEW: Die Ukraine hat eine erste Lieferung von Hawk-Flugabwehrsystemen aus Spanien erhalten. Das teilte Verteidigungsminister Olexij Resnikow am Freitag nach einem Treffen mit seiner spanischen Kollegin Margarita Robles in Odessa mit. Weitere Hawk-Flugabwehrraketen aus spanischen Beständen sollen folgen. Ukrainische Soldaten werden bereits in Spanien ausgebildet.

Das aus den USA stammende System zur Flugabwehr auf mittlerer Reichweite wurde bereits in den frühen 60er-Jahren in Dienst gestellt und immer wieder modernisiert. In den meisten Nato-Staaten wurde Hawk bereits ausgemustert.


EU bildet bislang 1100 ukrainische Soldaten aus

BRÜSSEL: Zweieinhalb Wochen nach dem Start einer EU-Ausbildungsmission für die ukrainische Armee werden bislang 1100 Soldaten geschult. Dies teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag beim Besuch eines Ausbildungscamps im polnischen Brzeg mit. Diese Mission sei zeige Europas Willen, die Ukraine im seit mehr als neun Monate dauernden Krieg gegen Russland zu unterstützen.

Die EU-Außenminister hatten die Mission am 14. November beschlossen. Am Tag danach war offizieller Beginn. Insgesamt sollen bis zu 15.000 Soldatinnen und Soldaten in 20 Mitgliedsländern ausgebildet werden, auch in Deutschland. Die EU will helfen, dass sich die Ukraine besser gegen die russischen Angreifer verteidigen kann.

Die Ausbildungsmission wird von der EU bezahlt. Borrell bezifferte die Kosten auf 100 Millionen Euro. Hinzu kommen 15 Millionen Euro etwa für Munition sowie die Ausgaben der einzelnen Länder. Die Bundeswehr will sich mit einer Gefechtsausbildung und Taktikübungen beteiligen. Insgesamt könnten bis zu 5000 ukrainische Soldaten in Deutschland trainiert werden.


Nato-Generalsekretär: Wenige Länder tun mehr als Deutschland

MÜNCHEN/BERLIN: Deutschland trägt nach Einschätzung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beträchtlich zur Verteidigung der westlichen Militärallianz bei. «Manchmal wird der Eindruck erweckt, Deutschland tue gar nichts. Es gibt wenige Länder im Bündnis, die mehr tun als Deutschland», sagte Stoltenberg der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag) mit Blick auf die deutsche Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine.

Der Nato-Generalsekretär verteidigte zudem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegen Kritik, die Modernisierung der Bundeswehr verlaufe zu schleppend. «Es nützt unserer Sicherheit nicht, wenn 100 Milliarden Euro hastig und schlecht ausgegeben werden», sagte Stoltenberg. Jedem sei klar, «dass es Zeit braucht, Kampfflugzeuge der fünften Generation oder moderne Helikopter anzuschaffen», betonte er mit Blick auf das von Scholz initiierte Sondervermögen.

Eindringlich warnte der Nato-Generalsekretär vor dem Aufbau paralleler europäischer Verteidigungsstrukturen. «Ich unterstütze die Verteidigungsbemühungen der Europäischen Union - solange sie ergänzen, was die Nato tut», sagte er. «Die Verteidigung Europas hängt von Ländern ab, die nicht zur EU gehören. Jeder Versuch, allein zu gehen, schwächt nicht nur das transatlantische Band. Er wird Europa spalten», warnte der Norweger. Er verwies darauf, dass im Nato-Gebiet 600 Millionen Europäer lebten, in der EU seien es nur 450 Millionen. Der Nato gehören 30 Staaten an, die mit Abstand stärksten Streitkräfte stellen die USA.


Ukrainische Raketen treffen Treibstofflager

KIEW: Bei einem Raketenangriff der ukrainischen Streitkräfte ist am Freitag ein Treibstofflager in Schachtjorsk im Donbass getroffen worden. Dabei seien mehrere Menschen zu Schaden gekommen, teilte der Bürgermeister Alexander Schatow von der dortigen pro-russischen Verwaltung mit, wie die russische Staatsagentur Tass berichtete. «Das Tanklager wurde getroffen, leider gibt es Opfer.»

Über die Auswirkungen der beiden Raketeneinschläge in dem Lager wurden keine Angaben veröffentlicht. Nach russischer Darstellung setzten die ukrainischen Streitkräfte bei dem Angriff Artillerie-Raketenwerfer vom Typ Himars ein. Die Angaben ließen sich nicht überprüfen.


Finnlands Regierungschefin: «Europa ist gerade nicht stark genug»

SYDNEY: Ohne die USA könnte sich die EU nach Einschätzung der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin im Ukraine-Krieg gegenüber Russland nicht behaupten. «Ich will brutal ehrlich zu euch sein: Europa ist gerade nicht stark genug», sagte die Regierungschefin am Freitag bei einem Besuch im australischen Sydney. «Wir wären beim Krieg in der Ukraine ohne die USA in Schwierigkeiten.» Die Vereinigten Staaten hätten bislang die wichtigste Rolle gespielt, wenn es um Waffenlieferungen und humanitären Beistand für die Ukraine gehe.

«Europa hat über lange Zeit strategisch engere wirtschaftliche Verbindungen zu Russland aufgebaut», sagte Marin bei einer Veranstaltung in der Denkfabrik Lowy Institute. «Wir haben geglaubt, dass das einen Krieg verhindern könnte.» Diese Annahme habe sich als völlig falsch erwiesen. Stattdessen hätte die EU viel früher auf Warnungen etwa aus Estland und Polen hören sollen.

Bei Marins Reise nach Australien stand am Freitag auch ein Treffen mit dem australischen Premier Anthony Albanese auf dem Programm. Zuvor hatte sie als erste finnische Ministerpräsidentin überhaupt Neuseeland besucht und dort Premierministerin Jacinda Ardern getroffen.


Auch Botschaft in Madrid erhielt «blutiges» Paket

MADRID/KIEW: Nur zwei Tage nach dem Erhalt eines mit pyrotechnischem Material gespickten Pakets hat die ukrainische Botschaft in Madrid wie andere Vertretungen des Landes eine Sendung mit «blutigem» Inhalt bekommen. Das teilte Kiews Außenamtssprecher Oleh Nikolenko am Freitag auf Facebook mit. Die spanische Polizei sperrte die diplomatische Vertretung weiträumig ab, weil zunächst unklar war, wie gefährlich die Sendung war, wie der staatliche spanische TV-Sender RTVE und andere Medien berichteten. Erst am Mittwoch war ein Sicherheitsbeauftragter der Botschaft leicht an einer Hand verletzt worden, als er vorsichtshalber im Garten ein Paket öffnete, aus dem dann eine Stichflamme emporschoss.

Insgesamt sechs solcher mit pyrotechnischem Material gefüllten Sendungen waren in den vergangenen Tagen bei Ministerpräsident Pedro Sánchez, Verteidigungsministerin Margarita Robles, der US-Botschaft, einem Rüstungsunternehmen und dem EU-Satellitenzentrum auf dem Luftwaffenstützpunkt Torrejón eingegangen. Alle Pakete, außer dem in der ukrainischen Botschaft, wurden rechtzeitig neutralisiert. Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska teilte mit, er halte einen Zusammenhang der Sendungen mit dem Krieg in der Ukraine für möglich.


UN-Kommission ohne Zugang zu russisch besetzten Gebieten

KIEW: Die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates hat einen fehlenden Zugang zu den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine beklagt. «Wir haben die Behörden dieser Territorien kontaktiert», sagte der Kommissionsvorsitzende Erik Møse am Freitag bei einer Pressekonferenz in Kiew. Die Bemühungen seien bisher erfolglos, würden aber fortgesetzt. Bis dahin sammle die Kommission der Vereinten Nationen Beweise für Menschenrechtsverletzungen auf anderem Wege, hieß es.

Die seit Oktober laufenden russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur werden von der Kommission genau beobachtet. «Diese Ereignisse haben verheerende Folgen für eine große Zahl von Menschen», sagte Møse. Es sei bereits Winter und kalt. Die Attacken wirkten sich insbesondere auch auf die Gesundheitsversorgung für große Bevölkerungsteile aus.

Russland führt seit Ende Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dabei ist es internationalen Menschenrechtsorganisationen zufolge vor allem von russischer Seite zu Kriegsverbrechen gekommen. Der Kreml weist diese Vorwürfe regelmäßig zurück.


OSZE-Außenminister können sich nicht auf gemeinsame Erklärung einigen

LODZ: Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich die Außenminister der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht auf eine gemeinsame Resolution einigen können. Es habe dafür keinen Konsens gegeben, sagte der derzeitige OSZE-Vorsitzende, Polens Außenminister Zbigniew Rau, am Freitag zum Abschluss des Ministerrats in Lodz. «Es ist das schwierigste Jahr in der Geschichte der Organisation, der Grund dafür ist bekannt», sagte Rau in Anspielung auf den Krieg.

Sowohl die Ukraine als auch Russland gehören zu den 57 Mitgliedsstaaten der OSZE. Das Treffen in Lodz fand aber ohne den russischen Ressortchef Sergej Lawrow statt, da Polen ihm die Einreise verweigert hatte. Russland wurde stattdessen durch seinen ständigen Vertreter bei der OSZE, Alexander Lukaschewitsch, vertreten.

Die OSZE mit Sitz in Wien ging aus der 1975 etablierten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor, die die Entspannung zwischen Ost und West voranbrachte. Im Oktober verurteilte sie die russischen Angriffe in der Ukraine als «Terror» gegen die Zivilbevölkerung.


Briefbomben: Spanien vermutet Zusammenhang mit Ukraine-Krieg

MADRID: Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska schließt nach eigenen Angaben nicht aus, dass die Briefbombenserie in seinem Land mit dem Krieg in der Ukraine im Zusammenhang steht. Die insgesamt sechs unter anderem an führende Politiker und Botschaften verschickten Briefbomben könnten mit der russischen Invasion in die Ukraine zu tun haben, habe der Minister in einer Mitteilung an seine EU-Kollegen und die EU-Kommission geschrieben, meldete die Nachrichtenagentur Europa Press am Freitag. Das Ministerium bestätigte den Bericht auf Anfrage.

Medienberichten zufolge enthielten die Sendungen selbstgebastelte Mechanismen, die eine relativ geringe Menge an pyrotechnischem Material und kleine Metallkugeln enthielten. Beim Öffnen werde keine Explosion, sondern eher eine Stichflamme ausgelöst, schrieben die Zeitung «El País» und der staatliche TV-Sender RTVE am Freitag unter Berufung auf Polizeikreise. Nur eine der Sendungen war am Mittwoch im Garten der ukrainischen Botschaft ausgelöst worden und hatte einen Sicherheitsbeauftragten an der Hand verletzt. Zum möglichen Absender gab es zunächst keine Angaben und niemand bekannte sich zu den Taten.

Der mögliche Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ergab sich aus den Adressaten. Dabei handelte es sich neben der ukrainischen Botschaft um ein Rüstungsunternehmen, dessen Produkte an die Ukraine geliefert wurden, sowie um Ministerpräsident Pedro Sánchez, Verteidigungsministerin Margarita Robles, das EU-Satellitenzentrum auf dem Luftwaffenstützpunkt Torrejón und die US-Botschaft.

Robles erwähnte die Serie der gefährlichen Briefe bei einem Besuch in der Ukraine am Mittwoch zwar nicht ausdrücklich, betonte aber, Spanien stehe weiter fest an der Seite der Ukraine. «Wir werden weiter helfen so wie alle Länder der EU und der Nato, weil wir die Sache der Ukraine für gerecht halten, die Sache von Frieden und Freiheit», sagte Robles.


Ukrainische Konsulate erhalten Päckchen mit blutigen Tieraugen

KIEW: Nach einer Briefbombe in Spanien haben andere diplomatische Vertretungen der Ukraine Angaben aus Kiew zufolge Päckchen mit blutigem Inhalt bekommen. In den Botschaften in Ungarn, den Niederlanden, Polen, Kroatien, Italien und drei Konsulaten in Italien, Polen und Tschechien seien Päckchen mit Tieraugen eingegangen, teilte das ukrainische Außenministerium am Freitag mit. Vorfälle soll es zudem vor dem Sitz des ukrainischen Botschafters beim Vatikan und den Botschaften in Kasachstan und den USA gegeben haben. Päckchen und Briefe seien synchron aus «einem europäischen Land» eingegangen.

«Da sie nicht in der Lage sind, die Ukraine an der diplomatischen Front zu stoppen, versuchen sie, uns einzuschüchtern», kommentierte Außenminister Dmytro Kuleba die Vorfälle mit Blick auf den seit mehr als neun Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen sein Land. Der 41-Jährige versicherte, dass die ukrainischen Diplomaten davon unbeeindruckt weiter arbeiten. An allen ukrainischen Auslandsvertretungen seien die Sicherheitsvorkehrungen erhöht worden.

Mitte der Wochen waren in Spanien Briefbomben an führende Politiker und Botschaften verschickt worden- darunter auch an die ukrainische Botschaft in dem EU-Land. Ein Sicherheitsbeauftragter der Vertretung wurde dabei an der Hand verletzt. Zum Absender gab es zunächst keine Angaben und niemand bekannte sich zu den Taten.


Erzbischof von Canterbury: Dürfen Ukraine keinen Frieden aufzwingen

LONDON: Der Erzbischof von Canterbury hat den Westen angesichts des andauerenden russischen Angriffskriegs in der Ukraine zum Durchhalten ermahnt. «Wir dürfen keinesfalls der Ukraine Frieden aufzwingen oder sie unter Druck setzen», sagte der oberste Geistliche der Church of England, Justin Welby, nach einem mehrtägigen Besuch in Kiew am Freitag in einem BBC-Interview. Frieden sei zwar besser als Krieg - aber es gebe Fälle, in denen die Gerechtigkeit es erfordere, dass eine «bösartige Invasion» scheitern müsse.

«Ich glaube nicht, dass der Westen insgesamt begriffen hat, dass sich dies über eine lange Zeit hinziehen könnte», sagte Welby. «Wir hoffen natürlich, dass das nicht der Fall ist, es liegt jedoch nicht in unserer Hand.» Die Gesellschaften im Westen müssten sich klar werden, dass die Kriegsfolgen - etwa die gestiegenen Verbraucherpreise - keine kurzfristigen seien. Russland hatte sein Nachbarland Ende Februar überfallen.


Kreml: Scholz telefoniert mit Putin zu Krieg in Ukraine

BERLIN/MOSKAU: Bundeskanzler Olaf Scholz hat erstmals seit Mitte September mit Kremlchef Wladimir Putin am Telefon über den seit gut neun Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gesprochen. Der Kreml teilte dazu am Freitag in Moskau mit, Putin habe aufmerksam gemacht auf «die zerstörerische Linie westlicher Staaten, einschließlich Deutschlands, die das Kiewer Regime mit Waffen aufpumpen und das ukrainische Militär ausbilden». Das sowie finanzielle Hilfen führten dazu, dass die Ukraine Verhandlungen mit Russland ablehne, behauptete Moskau.

Putin forderte der Mitteilung zufolge Scholz zudem auf, die deutsche Politik im Zusammenhang mit der Ukraine auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem verteidigte der Kremlchef die jüngsten massiven Raketenangriffe gegen die Ukraine als Antwort auf «Provokationen Kiews» gegen die zivile Infrastruktur in Russland, darunter die von einer Explosion schwer beschädigte Brücke zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie Energieobjekte.

Einmal mehr forderte Putin nach Kremlangaben auch eine Aufklärung des «Terroranschlags» gegen die Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 durch transparente Ermittlungen - und zwar unter Beteiligung russischer Behörden. Explosionen hatten Löcher in Leitungen gerissen.


Kreml an Biden: Truppenabzug aus Ukraine keine Option

MOSKAU: Der Kreml hat auf Forderungen von US-Präsident Joe Biden nach einem Kriegsende in der Ukraine reagiert und einen Abzug der eigenen Truppen von dort ausgeschlossen. «Die militärische Spezialoperation geht selbstverständlich weiter», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. «Aber zugleich war, ist und bleibt Präsident (Wladimir) Putin offen für Kontakte, für Verhandlungen», fügte Peskow hinzu.

Biden hatte zuvor erklärt, für ein Gespräch mit Putin nur offen zu sein, falls Russland zu einem Ende des Kriegs gegen die Ukraine bereit sei. «Aber Tatsache ist, dass ich keine unmittelbaren Pläne habe, Herrn Putin zu kontaktieren», sagte Biden am Donnerstag. «Ich bin bereit, mit Herrn Putin zu sprechen, wenn seinerseits tatsächlich ein Interesse besteht, und er nach einer Möglichkeit sucht, den Krieg zu beenden. Das hat er bisher nicht getan.» Sollte dies der Fall sein, wolle er sich mit den Verbündeten beraten.


Ukrainischer Geheimdienst geht erneut gegen orthodoxe Kirche vor

KIEW: Der ukrainische Geheimdienst SBU hat erneut mehr als ein halbes Dutzend Klöster und Kirchen der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats durchsucht. Die Hausdurchsuchungen seien Teil von Gegenmaßnahmen gegen Sabotagetätigkeiten russischer Geheimdienste, teilte die Behörde am Freitag beim Nachrichtenkanal Telegram mit. Die Kontrollen in den westukrainischen Gebieten Schytomyr, Riwne und Transkarpatien wurden dabei von Polizei und Nationalgarde unterstützt.

Zuvor hatte der SBU bereits in der vergangenen Woche Objekte beim Hauptheiligtum der orthodoxen Kirche im zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Höhlenkloster in der Hauptstadt Kiew durchsucht. Razzien gab es ebenso in den westukrainischen Gebieten Bukowina, Iwano-Frankiwsk und Ternopil.

Parallel dazu hat der von Präsident Wolodymyr Selenskyj geleitete Sicherheitsrat das Kabinett angewiesen, ein Gesetz zum Verbot religiöser Organisationen mit Zentrum im benachbarten Russland auszuarbeiten.

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats hat sich zwar nach dem russischen Einmarsch vom Februar deutlich von Moskau distanziert. Ihr Verbot wird von Nationalisten jedoch seit langem gefordert. Stattdessen solle die 2018 mit staatlicher Unterstützung gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine gefördert werden.


Verdächtige Postsendung an ukrainisches Konsulat in Tschechien

BRÜNN: Wegen einer verdächtigen Postsendung ist am Freitag das ukrainische Konsulat im tschechischen Brünn (Brno) von der Polizei abgesperrt worden. Nach kurzer Zeit konnten Bombenexperten Entwarnung geben: Der Gegenstand habe keinen Sprengstoff enthalten, teilte ein Polizeisprecher mit. Zuvor hatte es geheißen, die Sendung habe vom Typ her den jüngsten Briefbomben-Funden in Spanien geähnelt. Die Mitarbeiter des Konsulats waren in Sicherheit gebracht worden. Auch die nähere Umgebung und ein benachbarter Kindergarten wurden vorübergehend geräumt.

Die tschechische Polizei rief gleichwohl die Mitarbeiter aller Konsulate und Botschaften sowie Rüstungsfirmen in dem Nato- und EU-Mitgliedstaat zu äußerster Vorsicht im Umgang mit Postsendungen auf. Im Zweifel solle der Notruf angerufen werden. Die liberalkonservative Regierung in Prag unter Ministerpräsident Petr Fiala gilt als einer der vehementesten Unterstützer Kiews. Die Ukraine wehrt sich seit mehr als neun Monaten in einem Krieg gegen Russland.

In Spanien waren in den vergangenen Tagen Sendungen mit Sprengstoff unter anderem an die Botschaften der Ukraine und der USA in Madrid sowie an Ministerpräsident Pedro Sánchez geschickt worden. Medien berichteten unter Berufung auf Polizeikreise am Freitag, dass die selbstgebastelten Sprengsätze nur geringe Mengen an pyrotechnischem Material enthielten. Ein Zusammenhang mit Spaniens Unterstützung für die Ukraine wurde nicht ausgeschlossen.


THW liefert Hunderte Stromgeneratoren an die Ukraine

BERLIN/BONN: Angesichts der von Russland verursachten massiven Schäden an der ukrainischen Energieversorgung liefert das Technische Hilfswerk (THW) mehrere Hundert Stromgeneratoren an die Ukraine. Knapp 150 Geräte seien bereits geliefert, 320 weitere Stromerzeuger bereite man aktuell für den Transport vor, teilte das THW am Freitag mit. Russlands Angriffe auf die Ukraine konzentrierten sich zuletzt unter anderem auf Strom- und Wärmekraftwerke. Viele ukrainische Haushalte sind bei eisigen Temperaturen zeitweise oder sogar komplett ohne Heizung, Strom und Wasser.

Die fabrikneuen Geräte gingen zur Stabilisierung der Energieversorgung teilweise direkt an Ukrenergo, den größten ukrainischen Energieversorger, teilte das THW weiter mit. Damit könne Ukrenergo eine provisorische Stromversorgung wichtiger Einrichtungen sicher stellen. Weitere Generatoren würden nach Odessa, Mykolajiw sowie die Region Cherson transportiert. Die Geräte seien teilweise dafür geeignet, auf Pkw-Anhängern montiert zu werden, so dass sie sehr flexibel genutzt werden könnten.

Das THW ist die ehrenamtliche Zivil- und Katastrophenschutzorganisation des Bundes und hat nach eigenen Angaben mehr als 80.000 Freiwillige in ihren Reihen.


London: Russland durch logistische Umstrukturierung geschwächt

LONDON: Das russische Militär hat nach seinem Rückzug vom Westufer des ukrainischen Flusses Dnipro nach Einschätzung britischer Geheimdienste mit logistischen Herausforderungen zu kämpfen. Die Ukrainer hätten russische Logistikknoten und Kommunikationskanäle zuletzt leichter angreifen können, weshalb Moskau die Knotenpunkte mutmaßlich weiter gen Süden und Osten verlagere, hieß es am Freitag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Viel Ausrüstung müsse von der Schiene auf die Straße verlagert werden - auf der Straße seien die Transporte wiederum leicht angreifbar.

Munitionslücken im russischen Arsenal, die durch solche logistischen Herausforderungen verstärkt würden, seien wahrscheinlich die Ursache dafür, dass die russischen Streitkräfte derzeit kaum effektive Bodenoffensiven durchführen könnten, hieß es von den Briten.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.


Briefbomben waren hausgemacht - Motiv unbekannt

MADRID: Die in Spanien unter anderem an führende Politiker und Botschaften verschickten Briefbomben waren nach Medienberichten selbstgebastelt. Sie hätten nur geringe Mengen an pyrotechnischem Material und kleine Metallkugeln enthalten, so dass beim Öffnen keine Explosion, sondern eher eine Stichflamme ausgelöst werden konnte, schrieben die Zeitung «El País» und der staatliche TV-Sender RTVE am Freitag unter Berufung auf Polizeikreise. Nur eine der sechs bekannt gewordenen Sendungen war am Mittwoch im Garten der ukrainischen Botschaft ausgelöst worden und hatte den Sicherheitsbeauftragten der Vertretung an der Hand verletzt. Zum möglichen Absender gab es zunächst keine Angaben und niemand bekannte sich zu den Taten.

Da es sich bei den anderen Adressaten um ein Rüstungsunternehmen, dessen Produkte an die Ukraine geliefert wurden, sowie um Ministerpräsident Pedro Sánchez, Verteidigungsministerin Margareta Robles, das EU-Satellitenzentrum auf dem Luftwaffenstützpunkt Torrejón und die US-Botschaft handelte, wurde ein Zusammenhang mit Spaniens Unterstützung für die Ukraine nicht ausgeschlossen.

Robles erwähnte die Serie der gefährlichen Briefe bei einem Besuch in der Ukraine am Mittwoch zwar nicht ausdrücklich, betonte aber, Spanien stehe weiter fest an der Seite der Ukraine. «Wir werden weiter helfen so wie alle Länder der EU und der Nato, weil wir die Sache der Ukraine für gerecht halten, die Sache von Frieden und Freiheit», sagte Robles.


Ukraine auf der Suche nach Trafos für Stromnetz

WARSCHAU: Die Ukraine sucht zur Reparatur ihres durch russische Angriffe beschädigten Stromnetzes dringend Transformatoren - neu oder gebraucht. Dabei hoffe das Land auch auf Hilfe von Firmen und Gemeinden aus Deutschland, sagte die frühere Parlamentsabgeordnete Viktoria Wojzizka der Deutschen Presse-Agentur. Wojzizka arbeitet in Warschau für ein Zentrum, das die Regierung in Kiew bei der Organisation ausländischer Hilfe unterstützt. Dort hat Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow ein Team aufgestellt, das Ersatzteile für die Energie-Infrastruktur auftreiben soll.

Die vielen Notstromaggregate, die jetzt in die Ukraine geschickt werden, seien eine Hilfe nach mehr als neun Monaten Krieg, sagte Wojzizka. Sie lösten aber das Problem des Stromnetzes nicht. Die Ukraine könne allein genügend Strom erzeugen. Doch Russland zerstöre mit Raketenangriffen gezielt Umspannwerke mit Transformatoren, so dass Strom nicht mehr verteilt werden könne. Ohne Strom funktioniere auch das Fernwärmenetz nicht, das Millionen Wohnungen mit Heizung und Warmwasser versorgt. Bei tiefem Frost drohten die Fernwärmeleitungen einzufrieren und dann bis zum Frühjahr auszufallen.

Deutsche Hersteller von Transformatoren sollten deshalb Aufträge für die Ukraine vorziehen, schlug Wojzizka vor. Sie appellierte auch an Besteller von Trafos, ihre neuen Anlagen oder die alten Anlagen, die sie damit ersetzen, an die Ukraine abzutreten. Auch in stillgelegten Kohlekraftwerken sowie bei Netzbetreibern gebe es vermutlich gebrauchte Trafos für die Ukraine - ebenso wie in ostdeutschen Kommunen nach der Modernisierung ihrer Stromversorgung.

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Leserkommentare

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