Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Donnerstag

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Einreisebeschränkungen bislang ohne größere Auswirkungen

TALLINN: Estlands neue Einreisebeschränkungen für russische Staatsbürger haben nach Behördenangaben bislang keine größeren Auswirkungen auf die Situation an der Grenze. «Unsere Arbeit am Grenzübergang läuft gegenwärtig in einem recht normalen Rhythmus ab», sagte der Grenzschützer Mark Smirnov von der Kontrollstelle in Narva am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur. Die Beschränkungen hätten die Arbeitsbelastung «nicht wesentlich erhöht». Auch an den beiden anderen Übergängen an der estnisch-russischen Grenze in Luhamaa und Koidula sei die Lage sehr ähnlich, teilte die Polizei- und Grenzschutzbehörde in Tallinn auf Anfrage mit.

Russische Staatsbürger dürfen seit Donnerstag nicht mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengen-Visum in das baltische EU- und Nato-Land einreisen. Bestimmte Ausnahmen gelten jedoch etwa für Russen mit Wohnsitz, Aufenthaltsrecht oder Verwandten in Estland. Weiter einreisen dürfen auch russische Bürger mit von anderen EU-Mitgliedern ausgestellten Visa, die für den gesamten Schengen-Raum mit seinen 26 europäischen Ländern gilt. Estland macht sich daher für einen grundsätzlichen Stopp von Touristenvisa in der EU stark.

«Unser Telefon klingelt öfter als sonst, die Leute fragen, ob sie in ihrem konkreten Fall die Grenze überqueren dürfen», schilderte Smirnov die Situation am ersten Tag am Grenzübergang Narva im Osten des baltischen Landes. Einreiseverbote wegen der neuen Regelung seien bisher «nur vereinzelt» ausgesprochen worden. Dies lag aus Sicht des Grenzbeamten daran, dass sich die Informationen über die Beschränkungen recht gut in Russland verbreiteten und Visuminhaber sich ihr bewusst seien. Weiter habe Estland auch schon seit einigen Monaten keine neuen Touristenvisa mehr ausgestellt.

Nach Behördenangaben passierten zuletzt täglich rund 2500 russische Staatsbürger die Grenze nach Estland - knapp die Hälfte davon mit einem Touristenvisum. Ausgestellt worden seien diese etwa in gleichem Maße von Estland und anderen Schengen-Staaten.


Estland beschließt weitere Militärhilfe für die Ukraine

TALLINN: Estland will der Ukraine für den Kampf gegen Russland weitere Waffen wie etwa Mörser und Panzerabwehrwaffen liefern. Das beschloss die Regierung in Tallinn am Donnerstag. Auch will das baltische EU- und Nato-Land die Initiative Großbritannien zur Ausweitung der Ausbildung ukrainischer Streitkräfte unterstützen. Estland wolle zudem mit Deutschland ein weiteres Feldlazarett in die Ukraine schicken, teilte das Verteidigungsministerium mit.

«Die Kämpfe in der Ukraine sind weiterhin intensiv. Obwohl immer mehr westliche Waffen die Front erreichen, besteht unsere moralische Verantwortung darin, die Ukraine weiterhin zu unterstützen», sagte der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur. «Sie kämpfen für unsere gemeinsamen Werte, und wenn es etwas gibt, was wir den Ukrainern schicken können, müssen wir das tun.»

Estland hat nach eigenen Angaben seit dem russischen Angriff Ende Februar Militärhilfe im Wert von 250 Millionen Euro an die Ukraine geleistet. Unter den gelieferten Waffen waren etwa Panzerabwehrminen und Javelin-Panzerabwehrraketen aus US-Produktion. Der Baltenstaat mit 1,2 Millionen Einwohnern übergab Kiew zudem mehrere Haubitzen aus DDR-Altbeständen, deren Weitergabe von der Bundesregierung genehmigt worden war. Estland und Deutschland haben der Ukraine zudem ein in gemeinsamer Initiative gefertigtes Feldlazarett übergeben.


Luftabwehr schießt angeblich Drohne über Fliegerhorst auf der Krim ab

SEWASTOPOL: Über dem russischen Militärflugplatz Belbek bei Sewastopol auf der Halbinsel Krim hat die Luftabwehr am Donnerstagabend nach Behördenangaben eine Drohne abgeschossen. «Es gibt keine Schäden, niemand ist verletzt», schrieb der Gouverneur der Marinestadt, Michail Raswoschajew, auf Telegram. Er sehe schon die ukrainische Propaganda vor sich, die dies als Vorstufe zu einem erfolgreichen Angriff darstellen werde. Die Bürger der Stadt sollten Ruhe bewahren und den Informationen der Behörden vertrauen.

In den letzten Tagen hatten mehrfach Explosionen russische Militäranlagen auf der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim erschüttert. Am Donnerstag war die russische Luftabwehr auch in der Stadt Kertsch aktiv, von wo aus eine lange neue Brücke die Krim mit dem russischen Festland verbindet. Auch dort wurde nach Behördenangaben eine Drohne abgeschossen.


Russische Luftabwehr bei Kertsch aktiv - Bewohner: Explosionen

KERTSCH: Die russische Luftabwehr hat am Donnerstagabend über der Stadt Kertsch auf der Krim auf nicht genannte Objekte geschossen. Das teilte ein Berater der Führung der 2014 von Russland annektierten Halbinsel nach ersten Einschätzungen mit. «Es besteht keine Gefahr für die Stadt und die Brücke», schrieb Berater Oleg Krjutschkow auf Telegram. In sozialen Netzwerken berichteten Bewohner von Kertsch, dass sie zwei Explosionen gehört hätten.

In der Hafenstadt beginnt die 18 Kilometer lange Brücke zwischen der Krim und dem russischen Festland. Die Ukraine sieht das 2018 eröffnete Bauwerk als legitimes militärisches Ziel an. Russland hat für den Fall eines Angriffs auf die Eisenbahn- und Straßenbrücke mit massiver Vergeltung gedroht. Der Verkehr auf der Brücke laufe normal, teilte die zuständige Straßenverwaltung der Agentur Tass zufolge mit.


Russisches Munitionslager an ukrainischer Grenze brennt

BELGOROD: Ein russisches Munitionslager im Gebiet Belgorod dicht an der Grenze zur Ukraine ist nach örtlichen Behördenangaben am Donnerstag in Flammen aufgegangen. Niemand sei verletzt worden, schrieb der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram. Den Angaben nach lag das Depot bei dem Dorf Timonowo, etwa 4,5 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Die Bewohner der Dörfer Timonowo und Soloti seien in Sicherheit gebracht worden. «Nach der Brandursache wird gesucht», schrieb Gladkow.

Über der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim wurde am Donnerstag erneut eine dichte schwarze Rauchsäule gesichtet. Im Internet waren nicht verifizierte Videos davon zu sehen. Der Zivilschutz der Krim teilte der Agentur Ria Nowosti zufolge mit, bei dem Ort Meschwodnoje im Westen habe nur eine Fläche mit trockenem Gras gebrannt. In russischen Militäranlagen auf der Halbinsel war es in den vergangenen Tagen mehrmals zu schweren Explosionen gekommen. Die Ursache war unklar, ließ aber ukrainische Angriffe vermuten.


Russland verlegt angeblich Kinschal-Raketen nach Kaliningrad

MOSKAU: Als Drohgebärde gegen den Westen hat Russland nach eigenen Angaben Kampfflugzeuge mit den neuen Hyperschallraketen Kinschal (Dolch) in seine Ostsee-Exklave Kaliningrad verlegt. Drei Abfangjäger MiG-31 mit den Luft-Boden-Raketen seien als «zusätzliche Maßnahme zur strategischen Abschreckung» auf dem Luftwaffenstützpunkt Tschkalowsk stationiert worden. Das teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag mit. Kaliningrad liegt zwischen den EU-Ländern Polen und Litauen rund 500 Kilometer von Berlin, aber mehr als 1000 Kilometer von Moskau entfernt.

Die Marschflugkörper Kinschal fliegen nach russischen Angaben bis zu zehn Mal schneller als der Schall, sind dabei trotzdem lenkbar und haben eine Reichweite von 2000 Kilometern. Sie können konventionell oder nuklar bestückt werden. Es ist eins von mehreren hochmodernen Waffensystemen, auf das Präsident Wladimir Putin besonders stolz ist. Im März hatte Russland nach eigenen Angaben eine Kinschal-Rakete gegen ein militärisches Ziel in der Westukraine abgeschossen.

Der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas reagierte gelassen auf die Ankündigung. Die Stationierung von Kinschal-Raketen ändere nichts an der regionalen Sicherheitslage und stelle keine weitere Bedrohung dar, sagte Anusauskas der Agentur BNS. «Die nominelle Bedrohung, die Russland für seine Nachbarn darstellt, ist immer da, aber das Bedrohungsniveau ist dadurch nicht größer geworden.»


Erdogan glaubt an Ende des Krieges «am Verhandlungstisch»

LWIW/ISTANBUL: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt weiter auf eine diplomatische Lösung für den Krieg in der Ukraine.

«Ich glaube weiter daran, dass der Krieg irgendwann am Verhandlungstisch enden wird. Tatsächlich sehen auch Herr Selenskyj und Herr Guterres das so», sagte Erdogan laut dem türkischen Präsidialpalast am Donnerstag in Lwiw im Westen der Ukraine. Dort hatten sich Erdogan, UN-Generalsekretär António Guterres und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen getroffen. Man werde die Ergebnisse der Unterhaltungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auswerten, so Erdogan laut Mitteilung.


Kiew warnt vor russischer Provokation im AKW Saporischschja

KIEW: Nach Moskauer Warnungen vor einem angeblich geplanten ukrainischen Anschlag auf das Atomkraftwerk Saporischschja hat der Militärgeheimdienst der Ukraine seinerseits vor einem möglichen russischen Sabotageakt gewarnt. Die russischen Besatzer hätten unerwartet für Freitag einen arbeitsfreien Tag im größten Atomkraftwerk Europas verkündet. Das schrieb der Geheimdienst des ukrainischen Verteidigungsministeriums in Kiew am Donnerstag auf Facebook. Nur die Bedienungsmannschaft solle im AKW verbleiben, allen anderen sei der Zutritt untersagt worden.

Es sei zu befürchten, dass russische Kräfte nach ihrem Beschuss auf das AKW nun «den Einsatz erhöhen» und einen Terroranschlag begehen wollten, hieß es in der Mitteilung. Details wurden nicht genannt; überprüfbar waren die ukrainischen Angaben nicht.

Der ukrainische Militärgeheimdienst erwiderte damit spiegelbildlich eine russische Warnung von Donnerstag, wonach die ukrainische Seite für Freitag eine Provokation in dem AKW plane. Über die gespannte Lage in und um das Kernkraftwerk sprachen am Donnerstag in Lwiw (Lemberg) auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und UN-Generalsekretär António Guterres.


Erdogan warnt vor «neuem Tschernobyl» in der Ukraine

ISTANBUL: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit Blick auf das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja vor einer Nuklearkatastrophe gewarnt. «Wir wollen kein neues Tschernobyl erleben», sagte Erdogan laut dem Präsidialpalast am Donnerstag in Lwiw im Westen der Ukraine. Dort hatten sich Erdogan, UN-Generalsekretär António Guterres und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen getroffen.

Russland ist vor knapp sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert. Russische Einheiten eroberten das südukrainische Atomkraftwerk Saporischschja bereits Anfang März. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig den Beschuss des Kraftwerksgeländes vor. Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt ist es das größte AKW in Europa. Im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl ereignete sich 1986 das größte Atomunglück auf europäischem Boden.


Guterres kündigt Aufklärungsmission zu bombardiertem Gefängnis an

LWIW/NEW YORK: Nach dem Angriff auf ein Lager mit ukrainischen Kriegsgefangenen Ende Juli hat UN-Generalsekretär António Guterres eine Aufklärungsmission angekündigt. Der brasilianische General Carlos dos Santos Cruz soll die Operation demnach leiten. «Wir werden nun weiter daran arbeiten, die notwendigen Zusicherungen zu erhalten, um einen sicheren Zugriff auf die Stätte und alle anderen relevanten Orte zu gewährleisten», sagte Guterres am Donnerstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Lwiw im Westen der Ukraine.

Die Ukraine hatte nach dem Tod von etwa 50 ukrainischen Kriegsgefangenen Ende Juli in dem Gefängnis Oleniwka bei Donezk den Zugang unabhängiger internationaler Experten verlangt, um den Fall aufzuklären. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, für den Tod der Gefangenen verantwortlich zu sein.


UN-Chef bekräftigt: Gelände um AKW muss entmilitarisiert werden

LWIW/NEW YORK: UN-Generalsekretär António Guterres hat erneut den Rückzug aller Truppen rund um das gefährdete ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. «Das Gebiet muss entmilitarisiert werden», sagte Guterres am Donnerstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Lwiw.

Die Anlage dürfe nicht im Rahmen militärischer Operationen genutzt werden, sagte Guterres. «Stattdessen ist dringend eine Einigung erforderlich, um Saporischschja als rein zivile Infrastruktur wiederherzustellen und die Sicherheit des Gebiets zu gewährleisten.» Jede mögliche Beschädigung des AKW sei «Selbstmord».

Russland ist vor knapp sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert. Russische Einheiten eroberten das südukrainische Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja bereits Anfang März. Die Führungen in Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig vor, das Kraftwerksgelände zu beschießen. Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt ist es das größte AKW in Europa. Russland lehnt eine Entmilitarisierung des Geländes ab.


Guterres: Getreide-Deal «nur der Anfang» diplomatischer Bemühungen

LWIW/NEW YORK: UN-Generalsekretär António Guterres hat bei einem Treffen mit den Präsidenten der Ukraine und der Türkei, Wolodymyr Selenskyj und Recep Tayyip Erdogan, in Lwiw ein Ende des Krieges angemahnt. Der UN-Generalsekretär sagte nach dem Gipfel im Westen des von Russland überfallenen Landes, der diplomatische Erfolg durch das Getreide-Abkommen im Juli sei «nur der Anfang» einer positiven Dynamik.

«Die Menschen brauchen Frieden», so Guterres nach Angaben der Vereinten Nationen. Der Krieg habe unzählige Tote, massive Zerstörungen und Vertreibungen sowie dramatische Menschenrechtsverletzungen gebracht.

Das Treffen in Lwiw ist für die Vereinten Nationen und die Türkei eine Möglichkeit, knapp ein halbes Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Einstieg in eine Verhandlungslösung mit der Ukraine auszuloten. UN-Kreise halten Gespräche der Kriegsparteien über eine Waffenruhe nur dann für möglich, wenn Russland und die Ukraine keine Geländegewinne mehr erzielen können und vom Ziel eines Sieges Abstand nehmen. Die Ukraine will aber verlorene Gebiete zurückerobern, auch um Landsleute nicht in der Willkür der russischen Besatzer zu lassen.


Dreiergipfel von Selenskyj, Guterres und Erdogan beginnt in Lwiw

LWIW/NEW YORK/ISTANBUL: Der Dreiergipfel des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit UN-Generalsekretär António Guterres und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat begonnen. Der UN-Chef und die beiden Präsidenten seien am Donnerstag in Lwiw im Westen der Ukraine zusammengekommen, berichtete die türkische staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Im Anschluss an das Treffen soll es eine Pressekonferenz geben - laut UN dürfte diese aber nicht live übertragen werden.

Bei den Treffen geht es für die Vereinten Nationen und die Türkei um den Versuch, knapp ein halbes Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Einstieg in eine Verhandlungslösung auszuloten. Daneben soll es um die Lage in dem von russischen Truppen besetzten AKW Saporischschja gehen und die Möglichkeiten einer internationalen Expertenmission. Selenskyj hatte am Mittwochabend erneut einen Abzug russischer Soldaten aus Europas größtem Kernkraftwerk gefordert.


Ukraine-Krieg: Selenskyj trifft UN-Generalsekretär Guterres in Lwiw

LWIW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat UN-Generalsekretär António Guterres zu Gesprächen in der Westukraine getroffen. «Besondere Aufmerksamkeit galt der Atomerpressung Russlands beim Kernkraftwerk Saporischschja», hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung des Präsidentenbüros. Die Vereinten Nationen müssten die Sicherheit dieses strategischen Objektes mit Entmilitarisierung und dem Abzug der russischen Streitkräfte sicherstellen, hieß es.

Guterres und Selenskyj trafen sich im Potocki-Palast in der westukrainischen Metropole Lwiw (Lemberg), etwa 60 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Türkischen Medienberichten zufolge hatte Selenskyj anschließend ebenso bilaterale Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Danach sollte es noch zu einem Dreiergespräch kommen.

Russland war vor knapp sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert. Das südukrainische Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja war bereits Anfang März erobert worden. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig den Beschuss des Kraftwerksgeländes vor. Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt ist es das größte AKW in Europa.


Selenskyj besucht Krankenhaus in Lwiw vor Treffen mit Erdogan

LWIW: Vor einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und UN-Generalsekretär António Guterres hat der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj ein Militärkrankenhaus in Lwiw (Lemberg) besucht. Selenskyj sprach in der westukrainischen Stadt mit Verwundeten und Ärzten, wie auf den am Donnerstag von seinem Pressedienst veröffentlichten Fotos zu sehen war. Er würdigte die Kämpfer als «Helden».

«Russland wird diesen Krieg nicht gewinnen. Danke für den Schutz des ukrainischen Landes», sagte Selenskyj einer Mitteilung in seinem Telegram-Kanal zufolge. Mehreren Soldaten verlieh der 44-Jährige Orden.

Bei dem Treffen mit Guterres und Erdogan soll die Situation um das von Russland besetzte südukrainische Atomkraftwerk Saporischschja erörtert werden. Zudem wurde in Medien spekuliert, dass Erdogan Selenskyj Vorschläge zur diplomatischen Beendigung des Krieges mit Russland machen werde.

Die russische Armee war vor knapp sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig den Beschuss des Geländes um das Kernkraftwerk vor. Das Atomkraftwerk Saporischschja ist mit sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt das größte Kernkraftwerk Europas.


Mindestens 13 Tote nach russischen Raketenangriffen

CHARKIW: Im Osten der Ukraine sind bei massiven russischen Raketenangriffen auf die Stadt Charkiw nach offiziellen Angaben in der Nacht zum Donnerstag mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Dabei handele es sich ausschließlich um Zivilisten, teilte der ukrainische Militärgouverneur Oleh Synjehubow im Nachrichtendienst Telegram mit. Weitere 35 Menschen seien verletzt worden. Angriffe gab es demnach auch in der rund 80 Kilometer südwestlich gelegenen Stadt Krasnohrad. Dort wurden nach Angaben der Behörden zwei Menschen getötet und zwei weitere verletzt. Die Informationen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

In Ortschaften des Nachbargebiets Donezk, die unter Kontrolle der Ukraine stehen, wurden nach Behördenangaben bereits am Mittwoch mindestens drei Zivilisten getötet und weitere sechs verletzt. Die prorussischen Separatisten im Gebiet Donezk melden ebenfalls fast täglich Tote und Verletzte durch Raketenangriffe. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen annähernd ein halbes Jahr. Die Vereinten Nationen haben mehr als 5500 zivile Todesopfer registriert, gehen aber von weitaus höheren Opferzahlen aus.


Smog und starker Brandgeruch in Moskau

MOSKAU: Die Menschen in der Millionenmetropole Moskau klagen über ungewöhnlichen Smog und intensiven Brandgeruch in fast allen Teilen der russischen Hauptstadt. Auch im Zentrum, wo der Kreml und Regierungsgebäude stehen, lag am Donnerstag ein Dunstschleier - Passanten klagten über einen stechenden Geruch in der Nase. Dazu wurden Temperaturen von über 30 Grad Celsius erwartet. Das Zivilschutzministerium teilte mit, dass im Südosten Moskaus im Gebiet Rjasan Waldbrände wüteten und der Rauch bis nach Moskau gezogen sei.

Die Behörden in Europas größter Stadt mit nach offiziellen Angaben mehr als 12, nach Schätzungen aber mehr als 15 Millionen Einwohnern berichteten von zahlreichen Beschwerden der Bürger. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin teilte mit, dass aus der Hauptstadt 240 Einsatzkräfte und knapp 78 Einheiten Technik in das Gebiet Rjasan geschickt worden seien.

In Russland gibt es wie in jedem Jahr in vielen Teilen des Landes massive Waldbrände. Die Umweltorganisation Greenpeace spricht von einer katastrophalen Lage. Riesige Gebiete im flächenmäßig größten Land der Erde stehen in Flammen.

Immer wieder gibt es Klagen von Umweltschützern, die Behörden würden zu wenig tun für den Kampf gegen die Brände. Russische Staatsmedien hatten zudem berichtet, dass die sonst für die Löscharbeiten eingesetzten Soldaten teils auch im Krieg in der Ukraine im Einsatz seien und deshalb für die Rettung des Waldes aktuell nicht zur Verfügung stünden.


London: Russen schützen Panzer nur unzureichend

LONDON: Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste im Angriffskrieg gegen die Ukraine Probleme beim Schutz seiner Kampfpanzer. Die schwere Beschädigung vieler russischer Fahrzeuge in der Ukraine hänge mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zusammen, dass die Panzer nicht gut genug mit sogenannter Reaktivpanzerung geschützt seien, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London. Solche Schutzhüllen können den Angaben zufolge Panzer bei Beschuss vor Schäden bewahren.

Die Geheimdienste gehen demnach davon aus, dass viele russische Truppen nicht ausreichend im Umgang mit solchen Schutzhüllen geschult sind. Deshalb seien diese gar nicht an den Panzern angebracht - oder zumindest nicht so, dass sie explosive Geschosse abhalten könnten. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.


Zahl der Erwerbstätigen im Frühjahr gestiegen

WIESBADEN: Der Beschäftigungsanstieg in Deutschland hat sich trotz der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges im Frühjahr fortgesetzt.

Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 664.000 Menschen oder 1,5 Prozent auf rund 45,5 Millionen Arbeitnehmer und Selbstständige, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Dazu trug vor allem die positive Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei. Etwa genauso stark hatte die Erwerbstätigkeit im Vorjahresvergleich zuletzt im ersten Quartal 2018 zugelegt.

Die Erwerbstätigkeit steigt im Frühjahr üblicherweise durch die Belebung von Außenberufen wie zum Beispiel am Bau. Sie fiel in diesem Jahr mit einem nicht saisonbereinigten Zuwachs von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal allerdings schwächer aus als im Schnitt der letzten drei Vorkrisenjahre 2017 bis 2019. Damals war ein durchschnittlicher Anstieg von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal verzeichnet worden.

Die Beschäftigten leisteten im zweiten Quartal nach vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Schnitt 319,3 Arbeitsstunden und damit 0,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen, das sich aus der gestiegenen Erwerbstätigenzahl und den geleisteten Stunden je erwerbstätiger Person zusammensetzt, erhöhte sich dagegen um 1,0 Prozent auf 14,5 Milliarden Stunden.

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