Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Foto: epa/dpa
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Wieder russischer Artillerieangriff auf Charkiw

CHARKIW: Die ostukrainische Großstadt Charkiw ist am Dienstagabend von zahlreichen russischen Geschossen getroffen worden. Dabei habe die russische Armee Mehrfachraketenwerfern eingesetzt, teilte Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram mit. Durch Einschläge neben einem Wohnhaus seien Wände durchschlagen und Fenster zerstört worden. Nach vorläufigen Angaben gebe es keine Opfer. «Vor uns liegt die Nacht, die schon gewohnte Zeit der Angriffe auf Charkiw. Seid vorsichtig!», mahnte Terechow die Einwohner der Stadt.

Russische Truppen waren kurz nach Kriegsbeginn Ende Februar in die zweitgrößte Stadt der Ukraine eingedrungen, wurden aber zurückgeschlagen. Danach drängte die ukrainische Armee die Russen weiter ab. Allerdings liegt die Stadt immer noch in Reichweite russischer Artillerie.


Reise in die Ukraine: Türkei redet von «Beendigung des Krieges»

NEW YORK/ANKARA: Bei dem Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit UN-Generalsekretär António Guterres und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan soll es nach türkischer Darstellung auch um diplomatische Wege aus dem Krieg gehen. Auf dem Dreiergipfel am Donnerstag im ukrainischen Lwiw (Lemberg) werde unter anderem die «Beendigung des Krieges zwischen der Ukraine und Russland auf diplomatischem Wege erörtert», hieß es in einer Stellungnahme des türkischen Präsidialamtes vom Dienstag.

Die Vereinten Nationen hatten sich bezüglich möglicher Gespräche mit Selenskyj über ein Ende der Kampfhandlungen deutlich zurückhaltender gezeigt. «Es gibt eine Reihe von Fragen, die angesprochen werden: der Konflikt im Allgemeinen, die Notwendigkeit einer politischen Lösung dieses Konflikts», sagte Stephane Dujarric in New York auf die Frage, ob auch über Verhandlungen für einen dauerhaften Waffenstillstand gesprochen werde. Guterres betont immer wieder, er sei ein Freund der stillen Diplomatie, die Wege aus einem Konflikt hinter geschlossenen Türen verhandelt.

UN-Chef Guterres und Präsident Erdogan hatten Russland und die Ukraine zuletzt Ende Juli bei dem Abkommen zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu einer bedeutenden Einigung gebracht. Aus New York hatte es damals geheißen, dass man auf diesem Erfolg aufbauen wolle. UN-Kreise halten Verhandlungen für eine landesweite Waffenruhe aber nur für möglich, wenn keine der Kriegsparteien nennenswerte Geländegewinne verzeichnen kann und vom Ziel eines Sieges Abstand nimmt.


Selenskyj ruft Ukrainer in besetzten Gebieten zu Vorsicht auf

KIEW: Nach einer Reihe von schweren Explosionen in russischen Militäranlagen auf der Krim hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Ukrainer in besetzten Gebieten zu Vorsicht aufgerufen. «Bitte gehen Sie nicht in die Nähe der militärischen Einrichtungen der russischen Armee und all jener Orte, an denen sie Munition und Ausrüstung lagern, wo sie ihre Hauptquartiere unterhalten!», sagte Selenskyj am Dienstagabend in seiner Videoansprache.

Er richtete diesen Appell an «alle unsere Leute auf der Krim, in anderen Regionen im Süden der Ukraine, in den besetzten Gebieten des Donbass und in der Region Charkiw». Selenskyj reklamierte die Detonationen nicht als erfolgreiche Angriffe für die Ukraine. Die Auslöser seien «sehr verschieden», die Russen könnten auch selbst schuld sein. Trotzdem gelte: «Je weniger Möglichkeiten die Besatzer haben, Böses zu tun und Ukrainer zu töten, desto eher können wir diesen Krieg beenden, indem wir unser Land befreien.»

Die Warteschlange an der Brücke aufs russische Festland beweise, «dass die absolute Mehrheit der Bürger des Terrorstaates bereits versteht oder zumindest das Gefühl hat, dass die Krim kein Ort für sie ist», sagte Selenskyj.

Videos in sozialen Netzwerken zeigen, dass seit Tagen viele russische Feriengäste die Halbinsel verlassen und es Staus vor der Brücke von Kertsch gibt. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete für Montag einen Rekord von 38.300 Fahrzeugen auf der Brücke - allerdings in beide Richtungen. Am Bahnhof der Krim-Hauptstadt Simferopol versuchten am Dienstag viele Touristen, eine Zugfahrkarte zu ergattern. Russland hatte die Krim 2014 der Ukraine weggenommen.


Ukrainischer Kommandeur: Täglich bis 60.000 Schüsse auf uns

KIEW: Die russische Armee feuert nach Schätzungen des ukrainischen Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj täglich 40.000 bis 60.000 Schuss Munition auf Stellungen der ukrainischen Armee ab. Am schwersten sei die Lage derzeit bei Donezk, wo die ukrainischen Stellungen bei Awdijiwka, Pisky und Marjinka unter heftigem Feuer liegen, schrieb Saluschnyj am Dienstag auf Facebook. Dies habe er auch dem kanadischen Generalstabschef Wayne Donald Eyre in einem Telefonat berichtet.

Auch der ukrainische Generalstab sprach in seinem Lagebericht für Dienstagabend von heftigen Angriffen auf ukrainische Stellungen am Nordwestrand der Separatistenhochburg Donezk. Weiter nördlich im Donbass bei Bachmut und Soledar sei es gelungen, russische Sturmangriffe abzuwehren. Der Feind habe sich unter Verlusten zurückziehen müssen. Unabhängige Bestätigungen für die Militärangaben gab es nicht.

Ein Luftwaffenstützpunkt bei Schytomyr in der Westukraine sei von russischen Flugzeugen mit Marschflugkörpern beschossen worden, teilte das zuständige ukrainische Luftwaffenkommando mit. Dabei sei die Startbahn beschädigt worden, mehrere Fahrzeuge seien zerstört worden. Den Angaben nach waren die russischen Kampfflugzeuge in Belarus gestartet, hatten erst einen Übungsflug vorgetäuscht und dann die Lenkraketen abgeschossen.


Selenskyj zur Zeit vor Invasion: Wir wollten Panik vermeiden

WASHINGTON/KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Verzicht auf offene Kriegsvorbereitungen vor dem 24. Februar damit begründet, sein Land habe nicht in Panik versetzt werden sollen. Die USA hätten ihn ab Herbst 2021 immer eindringlicher vor einer von Präsident Wladimir Putin befohlenen russischen Invasion gewarnt, sagte Selenskyj der US-Zeitung «Washington Post».

Seine Führung habe einen wirtschaftlichen Zusammenbruch vermeiden und die Bevölkerung im Land halten wollen. Wenn er damals gesagt hätte, dass seine Landsleute Geld und Lebensmittel horten sollen, «dann hätte ich seit vergangenem Oktober jeden Monat sieben Milliarden US-Dollar verloren», sagte der Präsident. «Und wenn Russland dann angreift, hätten sie uns in drei Tagen erobert gehabt.»

Selenskyj rechtfertigte sich: «Generell war unser inneres Gefühl richtig: Wenn wir unter den Leuten vor der Invasion Chaos säen, werden die Russen uns auffressen. Denn im Chaos fliehen die Leute aus dem Land.» Die Menschen in der Ukraine zu halten, sei der Schlüssel dazu gewesen, das Land zu verteidigen.

Kritiker halten Selenskyj vor, dass er die Ukraine trotz Warnungen nicht besser auf die Invasion vorbereitet habe. Die «Washington Post» zeichnet in dem langen Artikel vom Dienstag nach, wie die Führung von US-Präsident Joe Biden im Herbst 2021 zum Schluss kam, dass Russland das Nachbarland auf alle Fälle angreifen werde. Die entsprechenden Geheimdiensterkenntnisse seien danach schrittweise mit den Verbündeten, mit der Ukraine und der Öffentlichkeit geteilt worden.


Human Rights Watch wirft Russland Völkerrechtsverstöße vor

KIEW: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat Russland erneut Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und das Kriegsvölkerrecht vorgeworfen. Russische Streitkräfte hätten auf die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw wiederholt rechtswidrige Angriffe verübt, bei denen Zivilisten getötet oder verletzt sowie Gesundheitseinrichtungen und Wohnungen beschädigt wurden, erklärte Human Rights Watch am Dienstag in Kiew. Alle dokumentierten Attacken fanden demnach in bewohnten Gebieten statt.

Die Organisation warf Russland vor, dabei unter anderem explosive Waffen mit großflächiger Wirkung und weitgehend geächtete Streumunition verwendet zu haben. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen.

Die Organisation wies darauf hin, dass vorsätzliche Angriffe auf Krankenhäuser oder medizinische Einrichtungen, die nicht ihrerseits zur Durchführung von Angriffen genutzt werden, Kriegsverbrechen darstellen.

Den Angaben nach dokumentierte Human Rights Watch in Charkiw und dessen Nachbarstadt Derhatschi acht rechtswidrige Angriffe, bei denen zwölf Zivilisten getötet, 26 weitere verwundet und mindestens fünf Krankenhausgebäude beschädigt worden seien. Die Opferzahlen unter Zivilisten - darunter auch Kindern - seien seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine deutlich höher. Dabei bezieht sich Human Rights Watch auf Angaben des stellvertretenden Staatsanwaltes in der Region, wonach bislang 1019 Zivilisten getötet worden seien - darunter 52 Kinder.


Lettland will Regeln für Aufenthaltstitel von Russen verschärfen

RIGA: Das EU-Land Lettland will seine Regeln für die Vergabe und Erneuerung von Aufenthaltsgenehmigungen an Russen und Belarussen weiter verschärfen. Nach Angaben von Regierungschef Krisjanis Karins sollen befristet an Staatsbürger der beiden Nachbarländer ausgestellte Aufenthaltsgenehmigungen künftig generell nicht mehr verlängert werden. Dies werde nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich sein, sagte er nach einem Treffen der vier Bündnisparteien seiner Mitte-Rechts-Regierung am Dienstag in Riga.

Innenminister Kristaps Eklons schlug zudem vor, unbefristete Aufenthaltserlaubnisse etwa für Familienangehörige erst nach einem erfolgreich bestandenen Lettisch-Sprachtest zu erteilen. Endgültige Entscheidungen über die neuen Regelungen sollen von der Regierung in Kürze getroffen werden. Lettland hatte als eine Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine die Vergabe von Aufenthaltsgenehmigungen an Russen und Belarussen ausgesetzt - und zudem fast 1000 Aufenthaltsgenehmigungen widerrufen.

Nach Angaben der Migrationsbehörde haben in Lettland gegenwärtig mehr als 9000 russische Staatsbürger befristete Aufenthaltsgenehmigungen. Dazu kommen noch gut 37.000 russische Staatsbürger mit einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung. Lettland mit seinen 1,9 Millionen Einwohnern grenzt an Russland und dessen Verbündeten Belarus. In dem Baltenstaat lebt eine starke russischstämmige Minderheit.


Moskau will zum zweiten Mal Flugabwehr S-400 an die Türkei liefern

MOSKAU/ANKARA: Russland geht trotz des Ukraine-Krieges weiter von einer zweiten Lieferung seiner hochmodernen Flugabwehr S-400 an das Nato-Mitglied Türkei aus. Der Vertrag sei unterschrieben, sagte der Leiter der russischen Behörde für Rüstungszusammenarbeit, Dmitri Schugajew, am Dienstag der Agentur Tass zufolge auf einer Waffenverkaufsschau bei Moskau. Die Übereinkunft sehe vor, dass ein Teil der Komponenten in der Türkei produziert werde.

Aus Ankara kam eine ausweichende Stellungnahme. Es gebe keine neuen Entwicklungen bezüglich der Beschaffung des Raketenabwehrsystems S-400, hieß es von der Präsidentschaft der türkischen Verteidigungsindustrie. «Der Prozess wird gemäß der am ersten Tag getroffenen Vereinbarung fortgesetzt.»

Gegen Kritik aus der Nato hatte die Türkei 2017 einen Vertrag mit Russland über den Kauf der S-400 geschlossen. Nach früheren Angaben sah schon der erste Vertrag die Lieferung von zwei Regimentern S-400 vor, und Russland lieferte 2019 auch schon das erste. Die Türkei testete die Waffe, stellte sie aber mit Blick auf US-Sanktionen nicht in Dienst. Das System kann anfliegende Flugzeuge und Raketen in einem Umkreis von 400 Kilometern bekämpfen.

Die Türkei pflegt gute Beziehungen zu Moskau und Kiew und hat in dem Krieg an mehreren Stellen zu vermitteln versucht. Die USA befürchteten, dass Russland durch das S-400-System Einblick in die Technik moderner amerikanischer Kampfflugzeuge bekommen könne. Sie stoppten die Auslieferung von US-Kampfjets F-35 an die Türkei.


Guterres trifft Selenskyj und Erdogan in Lemberg

NEW YORK: UN-Generalsekretär António Guterres trifft am Donnerstag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und das türkische Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan in der Ukraine.

Geplant ist ein Treffen in Lemberg, wie UN-Sprecher Stephane Dujarric am Dienstag in New York sagte. Danach werde Guterres nach Odessa ans Schwarze Meer weiterreisen und einen Hafen besuchen. Vor seiner Rückreise nach New York werde der UN-Chef in Istanbul das gemeinsame Koordinationszentrum zur Überwachung von Getreideexporten über das Schwarze Meer besuchen.


Moskau wirft Ukrainern «Sabotage» an russischen Stromleitungen vor

MOSKAU: Russland hat Störungen an einem seiner Atomkraftwerke in der Grenzregion zur Ukraine beklagt - und dafür Bürger des Nachbarlandes verantwortlich gemacht. In den vergangenen zwei Wochen hätten «ukrainische Sabotage-Gruppen» in dem Gebiet Kursk an insgesamt sechs Strommasten Sprengsätze gezündet, teilte der russische Inlandsgeheimdienst FSB am Dienstag laut Agentur Interfax mit. Unabhängig überprüfbar waren die Anschuldigungen in Richtung Ukraine, gegen die Russland seit fast einem halben Jahr Krieg führt, nicht. Dem FSB zufolge kam es am Kernkraftwerk Kursk zwischenzeitlich zu «einer Störung des technologischen Betriebsprozesses».

Der russische Geheimdienst erklärte, nach den Verantwortlichen werde gefahndet. Zudem sollen russische AKW-Anlagen offiziellen Angaben zufolge nun noch besser geschützt werden.

Russland hat die Ukraine Ende Februar überfallen. Entgegen offiziellen Moskauer Angaben, wonach nur militärische Ziele angegriffen werden, häufen sich seit langem Berichte über Angriffe auf Zivilisten, zivile Infrastruktur und Wohngebiete. Zugleich werfen auch grenznahe russische Regionen dem Nachbarland immer wieder Beschuss vor. Die Opferzahlen auf russischer Seite stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den verheerenden Kriegsfolgen in der Ukraine in den vergangenen Monaten.


Großbritannien friert Gelder für internationale Hilfe ein

LONDON: Großbritannien will erneut weniger Geld für internationale Hilfs- und Entwicklungsprojekte ausgeben. «Die Regierung priorisiert derzeit unbedingt notwendige internationale Hilfe wie die humanitäre Unterstützung der Menschen in der Ukraine», sagte ein Regierungssprecher am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Nach Angaben der Regierung ist es eine gängige Praxis, die Hilfsgelder je nach Situation des Haushalts anzupassen - etwa um gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen. Wie viel gestrichen wird, blieb zunächst offen.

Im vergangenen Jahr hatte die konservative Regierung bereits ihr gesetzlich verankertes Ziel ausgesetzt, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben. Premierminister Boris Johnson hatte damals versprochen, sobald es die wirtschaftliche Lage zulasse, wieder aufzustocken. Vorerst aber gibt London nur 0,5 Prozent für Entwicklungshilfe aus - unterm Strich bedeutete das im vergangenen Jahr bereits ein Minus von 4,4 Milliarden Pfund (derzeit rund 5,23 Milliarden Euro).

«Wir bleiben dabei, 0,5 Prozent unseres Bruttonationaleinkommens für internationale Hilfe auszugeben und werden zu 0,7 Prozent zurückkehren, wenn die wirtschaftliche Situation es zulässt», bekräftigte der Regierungssprecher am Dienstag.


Botschafter bringt möglichen Papst-Besuch in Butscha ins Spiel

ROM: Bei einer möglichen Reise von Papst Franziskus in die Ukraine könnte ein Besuch in Butscha auf dem Plan stehen, wo kurz nach Kriegsbeginn schwerste Verbrechen an Zivilisten verübt wurden. Das Programm sei noch «Gegenstand von Verhandlungen», sagte der ukrainische Botschafter am Heiligen Stuhl, Andrij Jurasch, der italienischen Nachrichtenagentur Ansa am Dienstag. Aber die ukrainische Seite werde sich sicherlich einen Besuch des katholischen Kirchenoberhauptes in der Hauptstadt Kiew und in einem Ort erwarten, wo unschuldige Menschen getötet wurden, wie in Butscha.

In dem Kiewer Vorort wurden wenige Wochen nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges Hunderte Menschen ermordet, wofür Russland verantwortlich gemacht wird. Einen konkreten Termin für eine Ukraine-Reise des Pontifex gibt es noch nicht. Der 85-Jährige ist wegen seines Knieleidens gesundheitlich angeschlagen.


Finnland verschärft Visa-Regeln für russische Staatsbürger

HELSINKI: Die finnische Regierung will ab September weniger Touristenvisa an russische Staatsbürger ausstellen. «Wir werden die Zahl der bewilligten Anträge auf ein Zehntel des aktuellen Niveaus begrenzen», sagte Finnlands Außenminister Pekka Haavisto dem finnischen Rundfunk am Dienstag in Helsinki. Nach Informationen des Senders Yle werden in Finnland aktuell täglich rund tausend russische Visumsanträge bearbeitet.

«Gleichzeitig wollen wir es leichter für Menschen machen, nach Finnland zu kommen, um zu arbeiten, zu studieren oder Verwandte zu besuchen», sagte Haavisto. «Es soll also Lösungen für diejenigen geben, die einen Grund haben, nach Finnland zu kommen, aber das gewöhnliche Touristenvisum soll schwieriger zu bekommen sein.»

Während man in Finnland versucht habe, ukrainischen Flüchtlingen zu helfen, sei die Anzahl russischer Touristen im Land zuletzt hoch gewesen, sagte Haavisto. «Das war für viele Finnen schwer zu akzeptieren.» In Umfragen hatte sich eine Mehrheit der Menschen wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine dafür ausgesprochen, die Ausstellung von Touristenvisa an russische Reisende einzustellen.

Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin hatte bei einem Gipfeltreffen der nordeuropäischen Regierungschefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag darauf gedrängt, die Frage im Europäischen Rat zu diskutieren. Scholz hatte dagegen erneut betont, es handle sich um Putins Krieg und nicht den des russischen Volkes. Haavisto sagte am Dienstag, er erhoffe sich von dem EU-Außenministertreffen Ende August weiter eine gemeinsame Lösung.


Letten wollen mit Sammelaktion Kampfdrohne für Ukraine kaufen

RIGA: Nach dem Vorbild des Nachbarlandes Litauen sammeln nun auch Menschen in Lettland Geld für den Kauf einer Kampfdrohne für die von Russland angegriffene Ukraine. In dem baltischen EU- und Nato-Land startete am Dienstag eine Crowdfunding-Aktion, mit der die nötigen fünf Millionen Euro zusammenkommen sollen.

Die Initiative geht auf einen lettischen Musiker und einen ukrainischen Journalisten zurück, die die Drohne mit Hilfe des Verteidigungsministeriums in Riga an Kiew überführen wollen. In Lettland ist die Solidarität mit der Ukraine groß.

Anfang Juni hatten Menschen in Litauen innerhalb weniger Tage das Geld für den Kauf einer Bayraktar-Drohne gesammelt. Litauen hat 2,8 Millionen Einwohner. Begeistert von der Aktion überließ der türkische Hersteller Baykar Litauen die Kampfdrohne sogar kostenlos. Wenig später wurden daraufhin auch in Polen, Norwegen und Kanada derartige Initiativen gestartet.

Die Ukraine setzt bereits Bayraktar-Drohnen im Kampf gegen die russischen Angreifer ein. Die Türkei hatte vor dem Krieg mehrere Kampfdrohnen desselben Typs an die Ukraine verkauft, von denen bisher zwölf geliefert worden sein sollen. Zu Lieferungen während des Krieges gibt es keine Angaben.


Ukraine erhält sechs Haubitzen von Lettland

KIEW: Zur Verteidigung gegen russische Truppen hat die Ukraine sechs Panzerhaubitzen von Lettland erhalten. «Zusammen werden wir siegen!», schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow in der Nacht zum Dienstag bei Twitter. Es handele sich um sechs selbstfahrende Geschütze des US-amerikanischen Typs M109.

Seit dem Beginn des russischen Einmarsches im Februar hat die Ukraine sieben verschiedene Haubitzentypen mit dem Nato-Kaliber von 155 Millimeter erhalten. Damit sollen die vorhandenen schweren Geschütze aus sowjetischer Produktion ersetzt werden, die weniger genau sind und für die es inzwischen an Munition mangelt. Lettland hatte der Ukraine ebenfalls vier Hubschrauber sowjetischer Bauart geliefert.


Russlands Verteidigungsminister: Westen koordiniert Kiews Angriffe

MOSKAU: Fast ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn hat Russland dem Westen eine weitreichende Beteiligung an ukrainischen Gegenoffensiven vorgeworfen. «Nicht nur die Koordinaten von Angriffszielen werden von westlichen Geheimdiensten bereitgestellt, sondern die Eingabe dieser Daten in Waffensysteme erfolgt unter der vollen Kontrolle westlicher Spezialisten», sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag auf der Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit der Agentur Interfax zufolge. Beweise dafür legte er nicht vor.

Russland hat die Ukraine Ende Februar überfallen. Seitdem versucht das angegriffene Land, mit Hilfe der aus den USA und Europa gelieferten Waffen besetzte Gebiete zurückzuerobern. Einmal mehr wies Russlands Verteidigungsminister Befürchtungen zurück, Moskau habe vor, nukleare Waffen gegen das Nachbarland einzusetzen: «Aus militärischer Sicht besteht keine Notwendigkeit, Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.»

Entgegen zahlreicher anderslautender Berichte behauptete Schoigu zudem, dass russische Soldaten sich in der Ukraine gegenüber Zivilisten und Gefangenen an das Völkerrecht hielten. «Die Einhaltung der Genfer Konventionen über die Regeln der Kriegsführung war und ist immer das Hauptaugenmerk der Kommandeure auf allen Ebenen», sagte der Minister.

Unter anderem Menschenrechtler haben in der Vergangenheit völkerrechtswidriges Vorgehen der russischen Truppen dokumentiert, darunter den Einsatz von Streumunition in dicht besiedelten Gebieten. Die Ukraine und auch große Teile der internationalen Gemeinschaft machen Russland immer wieder für schwerste Verbrechen gegen Zivilisten verantwortlich, darunter für die Ermordung von Hunderten Menschen im Kiewer Vorort Butscha einige Wochen nach Kriegsbeginn.


Estland verlegt umstrittenes Sowjetpanzer-Monument

TALLINN: In Estland haben die Behörden mit der Demontage und Verlegung eines umstrittenen Sowjetpanzer-Monuments nahe der estnisch-russischen Grenzstadt Narva begonnen. Mit schwerem Gerät machten sich Arbeiter am Dienstagmorgen daran, das Kriegsrelikt zu entfernen. «Ein schöner und sonniger Tag hat jetzt begonnen und auch die Arbeiten zur Umverlegung», sagte Regierungschefin Kaja Kallas zu dem kurzfristig angekündigten Abbau des Denkmals. «Wir wollen, dass alles friedlich abläuft.»

Die Regierung in Tallinn hatte zuvor grünes Licht für die Entfernung von sowjetischen Denkmälern aus dem öffentlichen Raum des baltischen EU- und Nato-Landes gegeben. Seit Russlands Angriff auf die Ukraine war darüber eine öffentliche Debatte entbrannt. Im Mittelpunkt stand vor allem der nun im Abbau befindliche sowjetische T-34-Panzer nahe Narva im Osten des Landes. Er steht an dem Punkt, an dem die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg den gleichnamigen Fluss Narva überquerte und die deutschen Truppen aus der Stadt vertrieb.

Unter den Einwohnern gab es Widerstand gegen den Abbau des Panzers, der in ein Museum gebracht werden soll. Die Verwaltung der Stadt, deren Bevölkerung zu mehr als 90 Prozent aus ethnischen Russen besteht, vermied es, selbst eine Entscheidung über die Zukunft des Denkmals zu treffen. Deshalb fasste die Regierung am frühen Dienstagmorgen ihren Beschluss, der Kallas zufolge auch den wichtigsten Verbündeten erklärt worden sei. Russland hatte zuvor gegen die Pläne protestiert.

Estland war im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende blieb der Baltenstaat bis 1991 unfreiwillig Teil der Sowjetunion. Bis heute besteht die Bevölkerung zu rund einem Viertel aus ethnischen Russen, die häufig auch familiäre Bindungen nach Russland haben. Unter ihnen gibt es Umfragen zufolge teils Unterstützung für den Kurs des russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine.


Erster Getreidefrachter aus Ukraine in UN-Auftrag unterwegs

ODESSA: Der erste Getreidefrachter im Auftrag der Vereinten Nationen ist am Dienstag aus dem ukrainischen Hafen Piwdennyj mit Weizen für Afrika ausgelaufen. Das bestätigte eine UN-Sprecherin des Koordinationszentrums in Istanbul der Deutschen Presse-Agentur. Informationen wonach das Schiff «Brave Commander» sich schon am Sonntag auf dem Weg gemacht habe, seien falsch. Es sei am Sonntag lediglich beladen worden. Der Gouverneur des Gebiets Odessa, Maxym Martschenko, hatte am Sonntag zunächst auf Telegram erklärt, der Frachter sei schon unterwegs.

Die Ladung von 23.000 Tonnen Weizen der «Brave Commander» ist im Rahmen des Welternährungsprogramms der UN (WFP) für Äthiopien bestimmt. Neben dem Frachter in UN-Auftrag machten sich nach Angaben des Koordinationszentrums in Istanbul am Dienstag vier weitere mit Weizen oder Mais beladene Schiffe aus der Ukraine auf den Weg. Sie laufen demnach Häfen in der Türkei, Rumänien und Südkorea an. Das Zentrum überwacht die Ausfuhren, die durch einen Sicherheitskorridor über das Schwarze Meer transportiert werden.

Die UN und die Türkei hatten Ende Juli Vereinbarungen vermittelt, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges wieder Getreide über ihre Schwarzmeerhäfen ausführen darf. Seit Anfang August haben mehr als ein Dutzend Frachter ukrainisches Getreide abtransportiert. Allerdings waren die ersten Transporte kommerziell. Die UN befürchtet Lebensmittelknappheit und Hunger in armen Teilen der Welt, wenn die Ukraine als ein wichtiger Getreidelieferant ausfällt. Die Schiffe und ihre Fracht werden jeweils bei der Durchfahrt durch die türkische Meerenge Bosporus kontrolliert.


London: Gefahr von See für ukrainische Stadt Odessa großteils gebannt

LONDON: Die Gefahr einer Landung russischer Truppen in der ukrainischen Hafenstadt Odessa vom Meer aus ist nach Ansicht britischer Militärexperten weitgehend gebannt. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London hervor, das am Dienstag veröffentlicht wurde. «Das bedeutet, die Ukraine kann Ressourcen verlegen, um die russischen Bodentruppen an anderen Orten unter Druck zu setzen», so das Fazit der Briten. Für eine sogenannte amphibische Landung von Truppen und Material mithilfe spezieller Schiffe ist kein Hafen nötig.

Die russischen Schiffe sind London zufolge nur noch eingeschränkt in der Lage, die Invasionsbemühungen Moskaus in der Ukraine effektiv zu unterstützen. Demnach nehmen sie eine «extrem defensive Haltung» ein. Abgesehen von den U-Booten blieben sie stets in Sichtweite der Küste der von Russland besetzten Halbinsel Krim. Das stehe im Kontrast zu der erhöhten Aktivität russischer Schiffe in anderen Meeren in dieser Jahreszeit, so die Mitteilung.

Zwar feuerten russische Schiffe weiterhin Langstrecken-Raketen ab, doch die Flotte habe Schwierigkeiten, die Seeherrschaft auszuüben. Geschwächt worden sei sie vor allem durch den Verlust ihres Flaggschiffs «Moskwa», einer erheblichen Zahl ihrer Flugzeuge sowie der Kontrolle über die Schlangeninsel.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

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Strauss 17.08.22 22:40
Gescheite Russen machen sich jetzt aus dem Staub
auf der Krim. Andernfalls laufen sie Gefahr den letzten Ballermann zu erleben.