Armee wirft Separatisten Bruch der Waffenruhe vor

Militante der Machtabteilungen der selbsternannten Volksrepublik Donezk (DPR). Foto: epa/Dave Mustaine
Militante der Machtabteilungen der selbsternannten Volksrepublik Donezk (DPR). Foto: epa/Dave Mustaine

KIEW/DONEZK: Schon mehr als zwei Dutzend Mal haben die ukrainische Führung und die von Russland unterstützten Separatisten in der Ostukraine eine Waffenruhe vereinbart. Dass sie diesmal hält, ist die wichtigste Voraussetzung für ein neues Gipfeltreffen - in Berlin.

Im Ukraine-Konflikt ist nach mehr als 20 Anläufen für die umkämpfte Region Donbass im Osten des Landes eine neue Waffenruhe in Kraft getreten. Zwar gab es nach Militärangaben aus Kiew am Montagmorgen von Seiten der prorussischen Separatisten noch Schüsse. Die Rebellen in den Regionen Donezk und Luhansk beteuerten aber, sich an die Vereinbarung für eaine vollumfassende Einstellung der Kämpfe zu halten. Sie wiesen die Vorwürfe des ukrainischen Militärs zurück, Stellungen mit Maschinengewehren und Mörsern beschossen zu haben.

«Diese Erklärung ist eine weitere Informationsprovokation der ukrainischen Seite, die auf eine Destabilisierung der Lage abzielt», teilten die Donezker Vertreter in der Kommission zur Überwachung der Waffenruhe mit. Offiziell trat die neue Waffenruhe nach rund zwei Dutzend gescheiterten Versuchen in der Nacht zum Montag in Kraft - um 00.01 Uhr Ortszeit (23.01 Uhr MESZ).

Nach ukrainischen Militärangaben kam es zu den neuen Zwischenfällen nach Inkrafttreten der Feuerpause bei Uschiwka und Nowomychajliwka im Donezker Gebiet. Der ukrainische Oberkommandierende Wladimir Krawtschenko sagte, dass niemand den Soldaten verbiete, im Fall einer lebensgefährlichen Situation das Feuer zu erwidern. Zudem setze die Armee weiter Drohnen zur Aufklärung entlang der Frontlinie ein.

Gemäß den Vereinbarungen der vergangenen Woche zwischen den Konfliktparteien ist der Einsatz von Drohnen allerdings komplett verboten. Zudem sollte «Erwiderungsfeuer» nur nach einem Befehl von Seiten des Oberkommandos möglich sein. Vor der neuen Waffenruhe lobten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Kremlchef Wladimir Putin am Sonntag bei einem Telefonat die neuen Vereinbarungen. Sie bekräftigten nach Angaben ihrer Präsidialverwaltungen, dass der 2015 vereinbarte Friedensplan von Minsk weiter seine Gültigkeit habe.

Kremlsprecher Dmitri Peskow wies am Montag aber Forderungen zurück, dass Russland als Garant der Waffenruhe eintreten solle. «Ich glaube nicht, dass wir darüber reden können, weil Russland kein Beteiligter des Konflikts im Südosten der Ukraine ist», sagte er der Agentur Interfax zufolge. Die Ukraine sieht Russland dagegen als Aggressor und Besatzungsmacht in dem Konfliktgebiet.

Seit 2014 kämpfen Regierungseinheiten im Bergbaurevier Donbass gegen aus Russland unterstützte Aufständische. UN-Schätzungen zufolge wurden seitdem mehr als 13.000 Menschen getötet. Ein 2015 mit deutsch-französischer Vermittlung vereinbarter Friedensplan konnte aufgrund eines fehlenden dauerhaften Waffenstillstands bisher nicht umgesetzt werden. Rund zwei Dutzend Anläufe für eine Waffenruhe scheiterten.

Die Vertreterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine, Heidi Grau, sagte, dass es eine ganze Reihe an zusätzlichen Schritten gebe, um die Waffenruhe umzusetzen. So dürften schwere Waffen nicht mehr in Ortschaften positioniert werden - besonders in der Nähe von Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern. So sollen die entlang der rund 450 Kilometer langen Frontlinie lebenden Zivilisten besser geschützt werden.

«Ich hoffe, dass die vereinbarten Maßnahmen die lang erwartete Ruhe in der Konfliktzone und mehr Frieden für die Zivilbevölkerung bringen», sagte Grau vor Inkrafttreten der Vereinbarung. Die OSZE forderte demnach die Konfliktparteien auf, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Dazu gehöre auch der Austausch der letzten Gefangenen.

Die Waffenruhe gilt als wichtige Voraussetzung für einen neuen Ukraine-Krisengipfel, der schon im Frühjahr in Berlin geplant gewesen war. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen dort nach dem Gipfel in Paris Anfang Dezember nun bald Putin und Selenskyj an einen Tisch bringen. Merkel und Putin hatten unlängst ebenfalls in einem Telefonat betont, dass der Friedensplan von Minsk und die Beschlüsse von Paris ihre Gültigkeit behielten.

Von einem «Zeichen der Hoffnung» sprach der außenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, einer Mitteilung zufolge. Ein dauerhafter Waffenstillstand könne der Beginn für umfassende Friedensgespräche sein. «Die russische Intervention in der Ostukraine muss endgültig beendet werden.» Erst wenn Russland für eine vollständige Umsetzung des Friedensplans sorge, «können die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden».

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