Nach blutigen Protesten: Übergangspräsident Perus zurückgetreten

Das Präsidium von Peru, das den Interimspräsidenten Manuel Merino zeigt, während er seinen Rücktritt von seinem Amt bekannt gibt. Foto: epa/Presidentschaft Von Peru Handout
Das Präsidium von Peru, das den Interimspräsidenten Manuel Merino zeigt, während er seinen Rücktritt von seinem Amt bekannt gibt. Foto: epa/Presidentschaft Von Peru Handout

LIMA: Keine Woche hat die Präsidentschaft von Manuel Merino in Peru angehalten. Die brutale Reaktion der Polizei auf Proteste gegen ihn führte zum Rücktritt der gesamten Übergangsregierung. Einen Nachfolger Merinos gibt es wegen Uneinigkeit des Parlaments nicht.

Nach dem Rücktritt des peruanischen Übergangspräsidenten Manuel Merino steht das Andenland ohne Staats- und Regierungschef da. Merino erklärte seinen Rücktritt am Sonntag in einer Ansprache an die Nation nur fünf Tage nach seiner Amtsübernahme. Seit der Amtsenthebung seines Vorgängers Martín Vizcarra durch das Parlament am Montag hatte es jeden Tag größer werdende Proteste gegen das aus Sicht der Demonstranten undemokratische Vorgehen des Kongresses gegeben. Die Polizei ging hart dagegen vor - am Samstag starben dabei mindestens zwei junge Männer. Viele weitere wurden verletzt.

Angesichts des Entsetzens über das Blutvergießen auf den Straßen reichten alle Minister von Merinos Kabinett ihren Rücktritt ein. Der Übergangs-Parlamentspräsident Luis Valdez stellte dem konservativen Merino ein Ultimatum bis zum Sonntagabend (Ortszeit), zurückzutreten. Andernfalls werde es ein Vertrauensvotum geben. Das Parlament nahm Merinos Rücktritt mit 120 zu 1 Stimmen an.

Später trat Valdez, der für die Nachfolge des Präsidenten als nächster an der Reihe war, selbst zurück. Damit wurde der Weg frei für eine Neuwahl des Parlamentsvorstands. Dieser soll einen neuen Übergangsstaatschef bestimmen. Allerdings kamen bei einer Abstimmung im Kongress am Abend (Ortszeit) nicht genügend Stimmen für einen neuen Vorstand zusammen.

Wieder gingen am Sonntag zahlreiche Menschen in der Hauptstadt Lima auf die Straße. Es gab zunächst keine Berichte über erneute Gewalt. Merino rief zu Frieden und Einigkeit auf. Nichts rechtfertige den Tod von Peruanern bei legitimen Protesten. Allerdings seien auch Gruppen an den Demonstrationen beteiligt gewesen, die Chaos hätten säen wollen. Die Vorfälle müssten untersucht werden. Es werde auf keinen Fall ein Machtvakuum geben, sagte Merino. Die Minister würden in ihren Ämtern bleiben, bis die gegenwärtige Ungewissheit überwunden sei. Die Europäische Union rief zu einer demokratischen Lösung auf.

Menschenrechtsorganisationen und die örtliche Vertretung der Vereinten Nationen hatten den Einsatzkräften bereits vor Samstag übermäßige Gewalt gegen friedliche Demonstranten und Journalisten bei Protesten an den Tagen davor vorgeworfen. Die Zeitung «El Comercio» berichtete, Polizisten hätten unerlaubt auch mit Glaskugeln geschossen. Das Verfassungsgericht des südamerikanischen Landes forderte die nationale Polizei am Sonntag auf, den Aufenthaltsort von 40 vermissten Demonstranten festzustellen.

Vizcarra war wegen «dauerhafter moralischer Unfähigkeit» mit einer deutlichen Mehrheit der Abgeordneten am vergangenen Montag vom Parlament des Amtes enthoben worden. Ihm wird vorgeworfen, als Gouverneur der Region Moquegua zwischen 2011 und 2014 Bestechungsgeld von einer Baufirma in Höhe von 2,3 Millionen Sol (etwa 533.000 Euro) angenommen zu haben. Der parteilose 57-Jährige weist dies zurück. Vizcarras Vorgänger, Pedro Pablo Kuczynski, war 2018 wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten.

Der Parlamentspräsident Merino hatte das Amt des Übergangspräsidenten am Dienstag angetreten und ein neues Kabinett gebildet. Im April stehen in dem Andenstaat Präsidenten- und Parlamentswahlen an.

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