Über 1300 Festnahmen bei Anti-Mobilisierungs-Protesten

Russische Polizisten nehmen einen Teilnehmer einer nicht genehmigten Demonstration gegen die Teilmobilisierung aufgrund des Konflikts in der Ukraine fest. Foto: epa/Anatoly Maltsev
Russische Polizisten nehmen einen Teilnehmer einer nicht genehmigten Demonstration gegen die Teilmobilisierung aufgrund des Konflikts in der Ukraine fest. Foto: epa/Anatoly Maltsev

MOSKAU: Die Proteste in Russland gegen den Angriff auf die Ukraine sind seit langem verstummt, der Staat hat sie unterdrückt und kriminalisiert. Doch die verkündete Mobilisierung treibt wieder Tausende Menschen auf die Straße.

Bei Protesten in Russland gegen die von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete Teilmobilmachung des Militärs sind mehr als 1300 Menschen festgenommen worden. Das Bürgerrechtsportal OVD-Info zählte am Mittwochabend über 1350 Festnahmen in 38 Städten des Landes. Allein in St. Petersburg wurden diesen Angaben zufolge 556 Demonstranten in Gewahrsam genommen, in der Hauptstadt Moskau waren es ebenfalls mehr als 500. Die Behörden machten zunächst keine Angaben zu den Festnahmen.

In Moskau riefen die Menschen «Nein zum Krieg!» oder forderten ein «Russland ohne Putin». Fotos und Videos zeigten, wie Polizisten die meist jungen Demonstranten grob ergriffen und in Busse schleppten. Von dort wurden die Festgenommenen in Polizeistationen gebracht. Ähnlich große Proteste hatte es zuletzt in den Tagen direkt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar gegeben.

In Tomsk und Irkutsk in Sibirien, in Jekaterinburg am Ural und an anderen Orten gingen demnach vereinzelt Menschen auf die Straße. Sie hielten Plakate mit den Farben der ukrainischen Flagge und Sprüchen wie «Nein zur Mobilisierung!» in die Höhe.

In Moskau hatten die Behörden vor der Demonstration nachdrücklich vor einer Teilnahme gewarnt: Die Staatsanwaltschaft drohte den Menschen mit bis zu 15 Jahren Haft. Seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine vor knapp sieben Monaten geht die russische Staatsmacht unter anderem mit verschärften Gesetzen hart gegen Oppositionelle und Kriegsgegner vor. In den Polizeirevieren wurden den Festgenommenen verschiedene Delikte zur Last gelegt, unter anderem Widerstand gegen die Polizei und Diskreditierung der Armee.

Am Mittwochmorgen hatte Präsident Putin bei einer Ansprache im Fernsehen die Teilmobilisierung von Russlands Streitkräften befohlen. Insgesamt 300.000 Reservisten sollen zum Kampf gegen die Ukraine eingezogen werden. Hintergrund dürften personelle Schwierigkeiten Russlands bei dem am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg sein.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Klaus Olbrich 22.09.22 18:20
Ein Russland ohne Putin.!!
Ganz einfach. Greift ihn Euch und schleift ihn auf den roten Platz in Moskau.
Dort hängt ihn auf mit einem Schild um den Hals.
Ein Leben ohne Putin ist ein gutes Leben
Ingo Kerp 22.09.22 13:00
Es dauert natürlich bei den leidgewohnten und leidensfähigen Russen, bis sich ein Protest formiert. Kommt der allerdings, ist es eine ernst zu nehmende Aktion, die sich gegen die Oberen richtet. Dabei wird inzwischen sogar Putin namentlich erwähnt. Ein Novum in der russ. Geschichte.