Tui optimistisch im Existenzkampf der Reisebranche

Foto: epa/Focke Strangmann
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HANNOVER (dpa) - Die Reisebranche steckt im Umbruch - Airlines haben zu kämpfen, dem Veranstalter Thomas Cook fehlt Geld. Gerät auch Branchenprimus Tui in den Strudel? Tui-Chef Joussen bleibt optimistisch.

Der Preiskampf der Reiseveranstalter und Ferienflieger wird immer härter - inzwischen spürt dies auch der Branchenprimus Tui. Der weltgrößte Reisekonzern musste im ersten Geschäftsquartal bis Ende Dezember stärker Federn lassen als zuvor. Unerwartet starke Buchungen für die Türkei und Nordafrika sorgten dafür, dass Betten auf den Kanaren frei blieben - die Preise gerieten unter Druck. Für den Sommer zeichnet sich erneut ein Trend zum Last-Minute-Urlaub ab, der bei den Unternehmen auf die Gewinne geht.

Tui kam bisher gut davon, doch von Oktober bis Dezember 2018 musste der Konzern höhere Verluste verkraften als ein Jahr zuvor, wie er am Dienstag zur Hauptversammlung mitteilte. Der Umsatz stieg zwar um 4,4 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro, der Quartalsverlust legte aber saisontypisch um fast 28 Prozent auf 139 Millionen Euro zu. Für die Tui-Aktie ging es zwischenzeitlich um bis zu 7 Prozent abwärts. Seit Jahresbeginn verlor Tui an der Börse eine Milliarde Euro an Wert.

Auch der lange Sommer in Nordeuropa und die Schwäche des britischen Pfunds bremsten die Nachfrage im branchenüblich schwachen ersten Geschäftsquartal. Tui-Chef Fritz Joussen hatte sein Gewinnziel deshalb bereits in der vergangenen Woche gekappt. Dennoch betonte er: «Ich glaube, dass wir sehr gut aufgestellt sind.» Er betonte: «Wir sind heute viel robuster als früher, wir sind aber nicht immun.»

Das schwache Ergebnis betreffe in erster Linie die Airlines und das Veranstaltergeschäft. Die Sparte macht nur noch 30 Prozent des Konzernergebnisses aus. In dem Segment stieg der bereinigte operative Verlust im ersten Geschäftsquartal um ein Viertel auf 178,1 Millionen Euro. Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September erwartet Joussen konzernweit ein operatives Ergebnis auf Vorjahreshöhe - knapp 1,2 Milliarden Euro. Reiseveranstalter schreiben im Winter meist rote Zahlen. Ihre Gewinne fahren sie im Sommer ein.

Mit Blick auf den Umbruch der Reisebranche hofft Joussen, dass mit weiteren Insolvenzen oder Übernahmen das Überangebot an Flugtickets schrumpft, das den Preiskampf treibt. Die österreichische Laudamotion hatte Tickets von deutschen Flughäfen nach Mallorca teils für 5 Euro verramscht. «Wir sind in einer sehr starken Position, um von der anstehenden Konsolidierung zu profitieren», sagte Joussen.

Bereits seit 2017 ist im Ferienflug-Geschäft eine Pleitewelle im Gange: Erst traf es Air Berlin und den britischen Billigflieger Monarch, dann die Air-Berlin-Tochter Niki und vor wenigen Tagen die deutsche Germania. Auch das Reiseveranstalter-Geschäft ist umkämpft. Den heißen Sommer 2018 verbrachten viele Kunden lieber zu Hause. Andere buchten auf den letzten Drücker. Veranstalter, die Tickets und Hotelzimmer vorab eingekauft hatten, mussten sie verschleudern, um nicht darauf sitzen zu bleiben.

Tui setzt derweil weniger auf Veranstalter- und Fluggeschäft, sondern auf eigene Hotels und Kreuzfahrtschiffe sowie Ausflüge und andere Dienstleistungen für Kunden am Urlaubsort. Das würde - bis auf die Kreuzfahrten - auch der hoch verschuldete Wettbewerber Thomas Cook gern tun. Der britische Konzern mit der Marke Neckermann Reisen stellte deshalb vergangene Woche seine gesamte Airline-Sparte mit dem deutschen Ferienflieger Condor zum Verkauf.

Den Erlös will Thomas-Cook-Chef Peter Fankhauser in eigene Hotels, die verstärkte Digitalisierung des Vertriebs und die Entwicklung neuer Dienstleistungen für Kunden investieren. Seine Eckpunkte ähneln der Strategie, die Joussen verfolgt. Einzig: Es fehlt das Geld.

Auch Tui hatte vor einigen Jahren finanziell mit dem Rücken zur Wand gestanden. Als Joussen die Konzernführung 2013 übernahm, musste er die Finanzen neu ordnen. Ende 2014 ermöglichte die Fusion mit der bis dahin in London börsennotierten Veranstaltertochter Tui Travel Einsparungen, Investitionen und eine Neuaufstellung des Geschäfts. Heute stammen 70 Prozent des operativen Ergebnisses aus den eigenen Hotels, Dienstleistungen für Kunden und Kreuzfahrten. Joussen will die Digitalisierung weiter voranbringen, etwa die Buchung per App.

Als möglichen Käufer des Thomas-Cook-Fluggeschäfts bringt sich Tui nicht ins Spiel. «Wir sind in diesem Markt ein aktiver Beobachter», sagte Joussen. Ausschließen will er nichts. Allerdings gilt die 103 Maschinen starke Flugzeugflotte von Condor und Thomas Cook Airlines als stark überaltert. Joussen betonte, er könne sich keinen Verkauf der Tui-Airlines mehr vorstellen: «Ohne Airlines geht es nicht.»

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