Trump verlässt vor Biden-Vereidigung das Weiße Haus

Foto: epa/Al Drago
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WASHINGTON: Der scheidende US-Präsident Trump bricht auch am letzten Tag seiner Amtszeit noch mit Gepflogenheiten. Nur Stunden vor der Vereidigung von Joe Biden verlässt er Washington. Trump brüskiert seinen Nachfolger damit zwar - verhindern konnte er ihn aber nicht.

Wenige Stunden vor der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Joe Biden hat der scheidende Amtsinhaber Donald Trump das Weiße Haus verlassen. Donald Trump und die First Lady Melania Trump hoben am Mittwochmorgen (Ortszeit) an Bord des Präsidentenhubschraubers Marine One vom Weißen Haus aus in Richtung des Militärflugplatzes Andrews ab.

Der Republikaner ist der erste US-Präsident seit 1869, der der feierlichen Amtseinführung seines Nachfolgers vor dem Kapitol in Washington fernbleibt. Trumps Anwesenheit bei der Zeremonie entspräche den politischen Gepflogenheiten, sie hat aber keine rechtliche Auswirkung. Biden wird auch ohne den Amtsvorgänger als neuer Präsident vereidigt. Die Teilnahme an der Vereidigung steht aber symbolisch für eine friedliche Machtübergabe. Trump hatte sich im Wahlkampf geweigert, eine solche zuzusagen.

Trump will sich auf dem Militärflugplatz Andrews im Bundesstaat Maryland mit einer militärischen Zeremonie verabschieden lassen. Danach wollen er und Melania Trump mit der Regierungsmaschine Air Force One nach Palm Beach im Bundesstaat Florida fliegen, wo sein Club-Resort Mar-a-Lago liegt. Trump hat sich bislang nicht zu seinen Zukunftsplänen geäußert.

Trump hatte bereits am 8. Januar angekündigt, dass er an Bidens Vereidigung nicht teilnehmen werde. Biden hatte das eine «gute Sache» genannt und gesagt, in dieser Frage seien Trump und er ausnahmsweise einer Meinung. Zugleich betonte Biden, dass der scheidende Vizepräsident Mike Pence willkommen sei. Pence und die scheidende Second Lady Karen Pence wollen an der Zeremonie teilnehmen.

Trump hatte seine letzten Stunden im Amt genutzt, um mehr als 70 Personen zu begnadigen, darunter seinen Ex-Chefstrategen Steve Bannon, wie das Weiße Haus in der Nacht zu Mittwoch mitteilte. Die Welle an Begnadigungen war erwartet worden. Auch frühere US-Präsidenten haben zum Ende ihrer Amtszeit von diesem Recht Gebrauch gemacht. Die Fälle waren aber meist weniger umstritten. Kurz vor Weihnachten hatte Trump bereits mehrere loyale Weggefährten begnadigt.

Der Republikaner scheidet nach einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Senders CNN mit den schlechtesten Umfragewerten seit seinem Einzug in das Weiße Haus aus dem Amt: Nur noch 33 Prozent äußerten sich demnach positiv über ihn. Trump war auch in den eigenen Reihen massiv in die Kritik geraten, als seine Anhänger vor zwei Wochen das Kapitol stürmten. Trump muss sich wegen «Anstiftung zum Aufruhr» einem erneuten Amtsenthebungsverfahren im Kongress stellen, an dessen Ende eine lebenslange Ämtersperre stehen könnte.

Trump hatte bis zum Sturm aufs Kapitol versucht, Bidens Wahlsieg noch zu kippen. Der Republikaner sieht sich durch Wahlbetrug um den Sieg gebracht. Beweise dafür haben seine Anwälte nicht vorgelegt. Dutzende Klagen gegen die Wahlergebnisse in verschiedenen Bundesstaaten scheiterten. Trump hat Biden nie zum Wahlsieg gratuliert.


Trumps Abschiedsbotschaft an die Amerikaner

WASHINGTON: Vor dem Ende seiner Amtszeit hat US-Präsident Donald Trump sich am Dienstag in einer Abschiedsrede an die Nation gewandt. Die Deutsche Presse-Agentur übersetzt und dokumentiert zentrale Auszüge seiner Videobotschaft:

«Zum Abschluss meiner Amtszeit als 45. Präsident der Vereinigten Staaten stehe ich vor Ihnen und bin wirklich stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben. Wir haben getan, wozu wir hergekommen sind - und so viel mehr.

In dieser Woche führen wir eine neue Regierung ins Amt ein und beten für ihren Erfolg, damit Amerika sicher und wohlhabend bleibt. Wir wünschen ihnen alles Gute und wir wollen auch, dass sie Glück haben - ein sehr wichtiges Wort. (...)

Alle Amerikaner waren entsetzt über den Angriff auf unser Kapitol. Politische Gewalt ist ein Angriff auf alles, was wir als Amerikaner wertschätzen. Sie kann niemals toleriert werden. Mehr denn je müssen wir uns jetzt auf unsere gemeinsamen Werte besinnen, uns über den parteipolitischen Groll stellen und unser gemeinsames Schicksal schmieden. (...)

Gemeinsam mit Millionen hart arbeitender Patrioten in diesem Land haben wir die größte politische Bewegung in der Geschichte unseres Landes aufgebaut. Wir haben auch die größte Wirtschaft der Weltgeschichte aufgebaut. Es ging um «Amerika Zuerst», weil wir alle Amerika wieder großartig machen wollten. (...)

Wir trauern um jedes verlorene Leben und geloben in ihrem Gedenken, diese schreckliche Pandemie ein für alle Mal auszurotten. (...)

Stolz übergeben wir der nächsten Regierung die stärksten und robustesten Grenzsicherungsmaßnahmen, die je eingeführt wurden. (...)

Wir haben die amerikanische Stärke im Inland und die amerikanische Führung im Ausland wiederhergestellt. Die Welt respektiert uns wieder. Bitte verlieren Sie diesen Respekt nicht. (...)

Besonders stolz bin ich darauf, der erste Präsident seit Jahrzehnten zu sein, der keine neuen Kriege begonnen hat. (...)

Als die mächtigste Nation der Welt steht Amerika vor ständigen Bedrohungen und Herausforderungen aus dem Ausland. Aber die größte Gefahr, der wir gegenüberstehen, ist ein Verlust des Vertrauens in uns selbst, ein Verlust des Vertrauens in unsere nationale Größe. (...)

Nun, da ich mich darauf vorbereite, am Mittwochmittag die Macht an eine neue Regierung zu übergeben, möchte ich, dass Sie wissen, dass die Bewegung, die wir begonnen haben, erst am Anfang steht. Etwas Vergleichbares hat es noch nie gegeben. Die Überzeugung, dass eine Nation ihren Bürgern dienen muss, wird nicht schwinden, sondern von Tag zu Tag nur stärker werden.»

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