Trump, Thunberg und der Deal

Gefährdetes Klima bei UN-Generaldebatte

Foto: epa/Erik S. Lesser
Foto: epa/Erik S. Lesser

NEW YORK (dpa) - Der Kampf gegen die Klimakrise braucht eine Initialzündung, Donald Trump sucht das Rampenlicht und die Kanzlerin den Verhandlungstisch: Die Generaldebatte in New York verspricht Sprengstoff, doch Lösungen für Konflikte der Gegenwart müssen hart errungen werden.

Die einen wollen die Welt retten, die anderen den Atomdeal mit dem Iran: Zur UN-Generaldebatte und zum Klimagipfel versammeln sich Erzfeinde, CO2-Kämpfer und die großen Selbstdarsteller ab Montag in New York. Die Bedürfnisse und Konflikte sind dabei genauso vielfältig wie die Menschen, die sie prägen. Eine Übersicht:

GRETA THUNBERG: Sie ist das schlechte Gewissen auf zwei Beinen und das jugendliche Symbol der internationalen Klimabewegung. Vor gut einem Jahr startete die heute 16-jährige Schwedin einen einsamen Schulstreik vor dem Parlament in Stockholm. Am Freitag sollten die weltweiten Klimaproteste von «Fridays for Future» Millionen mobilisieren. Kein Wunder, dass UN-Generalsekretär António Guterres die Energie von der Straße auf seinen Klimagipfel bringen will, der am Montag dem Start der eigentlichen Generaldebatte vorgeschaltet ist.

Thunberg reiste deshalb medienwirksam mit einem Rennsegelboot in die USA und soll in New York Dutzenden Staats- und Regierungschefs ins Gewissen reden. Für das Treffen hat Guterres auch sonst alles mobilisiert, was geht. Denn es sollen endlich Taten her: Deshalb darf nur auf die Bühne, wer auch einen Plan zur CO2-Reduzierung vorträgt - in maximal drei Minuten, um nicht ins Schwafeln zu kommen.

Es werde sich nun zeigen, ob man auf der richtigen Seite der Geschichte steht, tönt die stellvertretende Generalsekretärin Amina Mohammed. Der Druck ist gewaltig, dass das Treffen vor dem wichtigen Gipfel in Chile im Dezember ein Erfolg wird. Das Ziel ist, die Nachrichten mit neuen Klimaplänen zu fluten und Aufbruchstimmung zu erzeugen.

Der Haken: Wie viel dabei rumkommt, ist unklar. Im Fokus stehen neben den EU-Ländern vor allem die großen CO2-Produzenten China und Indien. Klimasünder USA wird wohl nicht mehr als Beobachter sein. Präsident Donald Trump jedenfalls hält während des Gipfels statt einer Klimarede lieber eine Gegenveranstaltung zum Thema Religion ab.

ANGELA MERKEL: Viele Jahre lang hatte die früher als Klimakanzlerin bekannte Merkel den Schutz des Klimas schleifen lassen - Bankenkrise, Eurokrise und Migrationskrise haben viel Kraft gebunden. In ihrer vierten und letzten Amtszeit hat die Kanzlerin das Thema nun schon länger wiederentdeckt - getrieben von den hohen Umfragewerten für die Grünen mit deren Kernthema Umweltschutz und den «Fridays for Future»-Demonstranten.

Für Merkel sei die große öffentliche Aufmerksamkeit für das Klima die Chance, nicht nur als Kanzlerin der Migrationskrise in Erinnerung zu bleiben, heißt es in der CDU. Auch deshalb war es für sie so wichtig, dass sie mit einem weitreichenden Beschluss ihres Klimakabinetts für eine Strategie gegen die Erderwärmung nach New York reisen kann. Und sie setzt Prioritäten: Die Rede auf dem Klimagipfel hält die Kanzlerin selbst, den Auftritt bei der Generaldebatte überlässt sie dagegen Außenminister Heiko Maas.

Ob Merkel am Rande des Gipfels auch mit Greta Thunberg zusammentrifft, war unklar. Offizielle Planungen dafür soll es bis zuletzt nicht gegeben haben. Aber womöglich gibt es auf den UN-Fluren oder am Rande des Gipfels dann doch die Gelegenheit für ein beinahe zufälliges Treffen der erfahrenen Regierungschefin mit der jungen Klimaschutz-Ikone. Genügend Zeit für bilaterale Treffen soll es in Merkels Programm jedenfalls geben.

DONALD TRUMP: Einst nannte der US-Präsident die Vereinten Nationen einen «Club für Leute, die nur zusammenkommen, reden und eine gute Zeit haben» - aber eben keine Deals machen. Dabei beschreibt sein eigenes Zitat in den Augen von Experten gut, warum Trump jedes Jahr wieder zur Generaldebatte kommt, genießt er doch die Aufmerksamkeit. Die abgesperrten Straßen seiner Heimatstadt New York werden ihn am Dienstag auf die große Bühne führen. Alle Aufmerksamkeit wird einmal mehr auf dem Hauptdarsteller der Vollversammlung liegen.

Was danach kommt, ist zu einem guten Teil eine Wundertüte. Und während es nach dem Angriff auf eine Öleinrichtung in Saudi-Arabien wohl eher nicht zum sensationellen Treffen mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani reichen wird, könnte die Rhetorik hitzig werden. «Anstelle eines diplomatischen Durchbruchs werden wir wahrscheinlich einen Krieg der Worte sehen», erklärt Richard Gowan, UN-Experte des Think-Tanks Crisis Group. Mit scharfen Angriffen gegen Teheran könne Trump dabei recht allein dastehen - setzen viele vor allem westliche Staaten doch auf eine Rückkehr an den Verhandlungstisch statt auf weitere Eskalation.

HASSAN RUHANI: Ein Foto mit dem Erzfeind? Mit dem Mann, der das Land mit seiner Politik des maximalen Drucks im Schwitzkasten hält? Irans Präsident Hassan Ruhani könnte es nach Einschätzung von Diplomaten Zuhause wohl kaum erklären, wenn er sich in New York mit Donald Trump treffen würde - jedenfalls ohne etwas mitzubringen wie etwa spürbare Erleichterungen der drückenden amerikanischen Sanktionen.

Zum Nachgeben scheinen die USA aber nach Ansicht vieler Beobachter wegen - oder auch trotz - der Angriffe im Persischen Golf und in Saudi-Arabien nicht bereit. Sie richten sich gegen die internationale Öl-Versorgung und provozieren damit auch die USA. Und nicht nur Washington vermutet dahinter Teheran auf der Suche nach einer Stärkung seiner Verhandlungsposition.

Nun scheint ein Treffen am Rande der Generaldebatte auch wegen der ablehnenden Haltung des Irans erst einmal in weiter Ferne. Doch eine Gruppe arbeitet hinter den Kulissen dagegen: Die «E3», Deutschland, Großbritannien und Frankreich wollen die Gegenspieler an einen Tisch bringen und damit einen Schritt zur Rettung des Atomdeals machen. Vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kommt mit Rückenwind vom recht erfolgreichen G7-Gipfel der führenden Industriestaaten in Biarritz - und auch Kanzlerin Merkel wird das Thema vermutlich umtreiben.

HEIKO MAAS: Er löst Merkel am Dienstagnachmittag in New York ab. Sein wichtigster Termin neben seiner Rede vor der Vollversammlung: Eine große Auftaktveranstaltung für seine «Allianz der Multilateralisten», die Maas monatelang vorbereitet hat. Sie soll den Alleingängern in der internationalen Politik wie Donald Trump oder Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro etwas entgegensetzen. Zur Kerngruppe dieser Allianz gehören bisher Kanada, Japan, Südkorea und Frankreich.

Was das Bündnis wirklich ausrichten kann, ist allerdings fraglich. Eigentlich sind ja die Vereinten Nationen selbst mal als DIE Allianz der Multilateralisten gegründet worden. Heute funktionieren sie nur nicht mehr so richtig, weil sich die Großmächte im wichtigsten UN-Gremium, dem Sicherheitsrat, gegenseitig blockieren. Bedeutet: Eine Reform müsste her. Zu der kommt es aber genau wegen der gegenseitigen Blockaden seit Jahrzehnten nicht.

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