Trump stiftet Verwirrung über Corona-Impfstoffe

Foto: epa/Salvador Sas
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WASHINGTON: Donald Trump hat in der Corona-Krise schon früher Aussagen seiner Experten angezweifelt - doch jetzt widerspricht er Angaben des Chefs der Gesundheitsbehörde CDC dazu, wann es eine Corona-Impfung für Amerikaner geben werde. Das gehe sehr schnell, sagt der Präsident.

US-Präsident Donald Trump hat in einem ungewöhnlichen Vorstoß den Amerikanern viel schneller eine breite Verfügbarkeit von Coronavirus-Impfstoffen versprochen als seine eigene Gesundheitsbehörde. Auf die Frage, wann jeder in den USA Zugang zu einer Impfung bekommen könne, sagte Trump am Mittwoch: «Ich denke, das wird sehr bald sein.» Einer seiner medizinischen Berater, der Radiologe Scott Atlas, stellte 700 Millionen verfügbare Impfstoff-Dosen bis Ende März in Aussicht.

Zuvor hatte der Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, die für die Versorgung mit Impfstoffen zuständig ist, Mitte kommenden Jahres als Zeithorizont genannt. «Wenn Sie mich fragen, wann das allgemein für die amerikanische Bevölkerung verfügbar sein wird, damit wir die Impfung nutzen und zu unserem normalen Leben zurückkehren können, dann schauen wir, denke ich, in Richtung des späten zweiten oder des dritten Quartals 2021», sagte Robert Redfield bei einer Anhörung im US-Senat. Er stand dabei unter Eid.

«Ich denke, er hat vermutlich die Frage falsch verstanden», sagte Trump bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus zu Redfields Worten. «Ich denke, er war verwirrt.» Man werde die Impfung viel schneller verteilen. «Vielleicht kennt er sich nicht mit dem Verteilungsprozess aus.»

Der renommierte Immunologe Anthony Fauci bekräftigte wenig später in einem Live-Interview mit dem «Wall Street Journal», dass er mit einer Rückkehr zur Normalität durch eine breite Impf-Kampagne erst Mitte bis Ende kommenden Jahres rechne. Man werde zwar viele Menschen aus besonders gefährdeten Gruppen vermutlich bereits Anfang 2021 impfen können. «Aber die Idee, dass man die gesamte Bevölkerung, die sich impfen lassen will, binnen eines oder zwei Monaten impfen kann - das wird sehr, sehr schwer zu machen sein», sagte Fauci. Zugleich schränkte er ein, dass man immer noch keine Gewissheit habe, dass es einen effizienten und sicheren Impfstoff geben werde - auch wenn er «vorsichtig optimistisch» sei. Fauci hatte bereits vergangene Woche gesagt, dass er mit einer Effizienz von 70 bis 75 Prozent bei einem Corona-Impfstoff rechne.

Trumps Stabschef im Weißen Haus, Mark Meadows, stellte Redfields Aussagen am Donnerstag ebenfalls infrage. «Ich bin mir nicht sicher, wo Dr. Redfield seinen speziellen Zeitplan her hat, aber er basiert nicht auf denjenigen, die am nahesten an dem Prozess dran sind», sagte Meadows dem Sender Fox News. Auf die Frage, wer nun Recht habe, Trump oder Redfield, sagte Meadows, er würde auf Trump setzen.

Redfield sagte im Senat auch, dass Masken aktuell das «wichtigste Instrument» im Kampf gegen die Pandemie seien. Er würde sogar soweit gehen, zu sagen, dass eine Maske einen höheren Schutz gegen das Coronavirus biete als eine Impfung, sagte der CDC-Chef.

Trump widersprach auch hier. «Nein, ein Impfstoff ist viel effizienter als die Masken», sagte Trump. Er habe Redfield angerufen und ihm gesagt, dass dieser aus seiner Sicht die Frage falsch beantwortet habe. Redfield veröffentlichte danach zwei Tweets, in denen er unter anderem schrieb, dass er an die Wichtigkeit von Impfungen glaube - und dass aktuell der beste Schutz sei, Masken zu tragen, Hände zu waschen und Abstand zu halten. Er nahm keine seiner vorherigen Äußerungen zurück.

Trump hatte bereits zuvor Mitarbeitern seiner eigenen Regierung vorgeworfen, absichtlich die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs zu bremsen. Die Corona-Krise mit mehr als 195.000 Todesfällen in den USA ist zu einem wichtigen Thema im Wahlkampf ums Weiße Haus geworden. Trump hatte mehrfach davon gesprochen, dass ein Impfstoff noch bis Ende Oktober zugelassen werden könnte - und damit vor der Präsidentenwahl am 3. November. Trump liegt in Umfragen hinter dem demokratischen Herausforderer Joe Biden zurück.

Auf die Frage eines Reporters, warum die Leute Trump in der Pandemie vertrauen sollten, während er dem Chef seiner Gesundheitsbehörde widerspreche, sagte der Präsident: «Weil wir einen großartigen Job gemacht haben.»


Ex-Beraterin von Pence kritisiert Trumps Corona-Politik

WASHINGTON: Eine frühere Beraterin von US-Vizepräsident Mike Pence hat schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erhoben. Olivia Troy sagte der «Washington Post», Trumps Reaktion auf die Krise habe eine «völlige Missachtung menschlichen Lebens» gezeigt. Ihm sei es vor allem um die Wirtschaft und um seine Wiederwahl gegangen. Troy beriet Pence nach Angaben der «Washington Post» bis zu ihrem Ausscheiden im August unter anderem zum Coronavirus. Sie nahm demnach in dieser Funktion an Sitzungen der Coronavirus-Task-Force teil, der Pence vorsteht.

In einem Video, das die Gruppe «Republikanische Wähler gegen Trump» am Donnerstag veröffentlichte, sagte Troy mit Blick auf das Virus: «Gegen Mitte Februar wussten wir, dass die Frage nicht war, ob Covid eine große Pandemie hier in den Vereinigten Staaten würde, sondern wann. Aber der Präsident wollte das nicht hören, weil seine größte Sorge war, dass wir in einem Wahljahr sind.» Hätte Trump das Virus ernstgenommen, hätte er dessen Ausbreitung verlangsamt. Trump zieht als Kandidat der Republikaner in die Wahl am 3. November.

In dem Video zitiert Troy Trump aus einem Task-Force-Treffen mit den Worten: «Vielleicht ist diese Covid-Sache eine gute Sache. Ich mag es nicht, anderer Menschen Hände zu schütteln. Ich muss die Hände dieser abscheulichen Menschen nicht schütteln.» Troy sagte, sie sei ihr Leben lang eine Anhängerin der Republikaner gewesen. Sie werde nun aber den Kandidaten der US-Demokraten, Joe Biden, wählen - «weil ich wirklich glaube, dass wir uns in einer Zeit der Verfassungskrise befinden. Unter diesen Umständen steht das Land über der Partei».

Pence wies die Vorwürfe zurück. Troys Äußerungen wirkten wie die einer verärgerten Mitarbeiterin, «die sich entschlossen hat, im Wahljahr Politik zu machen», sagte er bei einer Veranstaltung im Weißen Haus nach Angaben anwesender Reporter. «Ich könnte nicht stolzer sein auf die Arbeit, die wir geleistet haben.»

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