WASHINGTON: Präsident Donald Trump wird nicht müde, vor einer angeblichen Gefahr der Wahlfälschung durch per Post verschickte Stimmzettel zu warnen. Das Justizministerium berichtet unüblich detailliert von «möglichen Problemen» mit neun Stimmzetteln - und Trump sieht sich bestätigt.
Weniger als sechs Wochen vor der US-Präsidentenwahl am 3. November schürt Amtsinhaber Donald Trump weiter Zweifel an ihrem möglichen Ergebnis. «Die Demokraten manipulieren unsere Wahl 2020!», schrieb Trump in der Nacht zum Freitag bei Twitter. Am Donnerstag hatte er mit Blick auf per Post abgeschickte Stimmzettel gesagt: «Wir müssen sicherstellen, dass die Wahl ehrlich ist. Aber ich weiß nicht, ob sie es sein kann.» Trump behauptet bereits seit Wochen, dass millionenfach an US-Bürger verschickte Wahlunterlagen die Gefahr von Wahlfälschung drastisch erhöhten. Experten und Wahlverantwortliche bestreiten dies.
Trump sagte vor seinen Anhängern wiederholt, er sei überzeugt, dass er im November nur verliert, wenn es Wahlbetrug gibt. Am Mittwoch weigerte er sich auf die Frage eines Reporters hin, vorab eine friedliche Machtübergabe zuzusichern. «Wir müssen abwarten, was passiert», sagte er stattdessen. Trumps Äußerungen lösten Kritik sowohl bei den Demokraten als auch bei Republikanern aus. Der Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit halten, verabschiedete am Donnerstag eine Resolution mit einem Bekenntnis zur friedlichen Machtübergabe.
Am Freitag schrieb Trump auf Twitter, bei der Briefwahl werde «überall Betrug festgestellt». Als Beleg führte er einen Vorfall im Bundesstaat Pennsylvania an. Das Justizministerium hatte am Donnerstag in einer ungewöhnlichen Mitteilung erklärt, dass dort neun weggeworfene Stimmzettel entdeckt worden seien. Die Behörde hatte zunächst von neun Stimmzetteln für Trump gesprochen, stellte aber später klar, dass dies nur bei sieben davon sicher sei. Die beiden anderen seien in den dazugehörigen Briefumschlägen gewesen, als das FBI sie sichergestellt habe. Es habe sich um Stimmzettel von Militärangehörigen gehandelt und einige könnten auch einzelnen Personen zugeordnet werden. Die Umschläge mit per Brief verschickten Stimmzetteln müssen in Pennsylvania eigentlich bis zum Wahltag verschlossen bleiben.
Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler öffneten Mitarbeiter der örtlichen Wahlbehörde die Umschläge mit den Stimmzetteln, weil sie den Umschlägen mit Anträgen für Briefwahlunterlagen sehr ähnlich sähen. Aus der Mitteilung geht hervor, dass die Ermittlungen in der Sache andauerten, zudem war von «möglichen Problemen bei einer geringen Zahl von Briefwahlstimmen» die Rede. Trump ergriff am Donnerstag die Gelegenheit, von Unregelmäßigkeiten zu sprechen. «Sie werfen sie weg, wenn da der Name Trump draufsteht, schätze ich mal.»
Ein Justiz-Experte, der zwischen 2009 und 2011 das Pressebüro des Justizministeriums leitete, schrieb auf Twitter, die Mitteilung des Ministeriums sei ein «beispielloser Beitrag zu der Kampagne des Präsidenten». Es handele sich um eine laufende Ermittlung und es gebe keinen Grund, sich über die übliche Vorgehensweise hinwegzusetzen, diese nicht zu kommentieren, schrieb Matthew Miller. Insbesondere gelte das für die Information, an wen die Stimmen gehen sollten. Justin Levitt, Rechtsprofessor an der Loyola Law School in Los Angeles, nannte die Ankündigung des Justizministeriums im Hörfunksender NPR und in der «Washington Post» aus denselben Gründen «unangemessen».
FBI-Chef Christopher Wray hatte am Donnerstag bei einer Anhörung im Senat gesagt, dass es in den USA bisher keinen Wahlbetrug in großem Stil und lediglich von Zeit zu Zeit Vorfälle auf lokaler Ebene gegeben habe. Das FBI sei aber wachsam, versicherte er.
Bei der Präsidentenwahl am 3. November wird angesichts der Corona-Pandemie ein deutlich höherer Anteil per Post abgeschickter Stimmzettel als üblich erwartet. Daher könnte sich die Auszählung der Stimmen verzögern und der Wahlsieger anders als bei den meisten vergangenen Präsidentenwahlen nicht in der Wahlnacht feststehen, sondern erst einige Tage nach der Wahl oder noch später. Viele Demokraten befürchten, dass Trump die Rechtmäßigkeit der Abstimmung insgesamt in Frage stellen könnte und mit seinen Warnungen vor Wahlbetrug dafür schon jetzt den Boden bereitet.
FBI-Chef: Bisher kein Wahlbetrug in großem Stil in den USA
WASHINGTON: In den USA hat es nach Angaben von FBI-Chef Christopher Wray bisher keinen Wahlbetrug im großen Stil gegeben. «Wir haben in der Vergangenheit auf nationaler Ebene keine Art von koordinierten Versuchen von Wahlbetrug erlebt», weder bei der Briefwahl noch anderweitig, sagte Wray am Donnerstag bei einer Anhörung im US-Senat. Seine Aussagen sollten keinesfalls so ausgelegt werden, als würde das FBI die Verantwortung, solche Vorfälle zu untersuchen, oder die potenziellen Auswirkungen, die diese Dinge auf lokaler Ebene haben könnten, herunterspielen, sagte Wray. «Von Zeit zu Zeit haben wir Wahlbetrug auf der lokalen Ebene erlebt.»
Wray nannte es eine «große Herausforderung für einen Gegner», Betrug in einem so großen Ausmaß durchzuführen, dass er sich auf das Wahlergebnis auswirken würde. Dennoch sei das FBI mit Blick auf die Wahl am 3. November wachsam und beobachte die Situation genau, versicherte Wray. Das FBI warnte am Donnerstag in einer Mitteilung vor Straftaten im Zusammenhang mit der Wahl und nannte unter anderem die doppelte Stimmabgabe.
Wegen der Corona-Pandemie wird erwartet, dass deutlich mehr Wähler bei den anstehenden Präsidenten- und Kongresswahlen in den USA am 3. November per Brief abstimmen. US-Präsident Donald Trump warnt mit Blick darauf immer wieder vor Betrug, legt dafür aber keine stichhaltigen Beweise vor. Die US-Demokraten befürchten, dass Trump mit seinen Warnungen den Boden bereitet, um das Ergebnis im Fall einer Niederlage anzuzweifeln.
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