Taliban schließen Mädchen weiter von Schulen aus

​Trotz Zusage 

Die Taliban verbieten Langstreckenreisen für Frauen ohne männliche Begleitung. Foto: epa/Stringer
Die Taliban verbieten Langstreckenreisen für Frauen ohne männliche Begleitung. Foto: epa/Stringer

KABUL: Wut, Enttäuschung, Tränen: Rund sieben Monate nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sah es so aus, als könnten Mädchen ab der 7. Klasse wieder zurück in die Schule. Doch dann machten die Islamisten einen Rückzieher.

Entgegen ihrer Zusage haben die militant-islamistischen Taliban Mädchen in Afghanistan den Besuch weiterführender Schulen verwehrt. Bis auf Weiteres bleibe Schülerinnen ab der 7. Klasse die Teilnahme am Unterricht untersagt, teilte das Bildungsministerium laut der staatlichen Nachrichtenagentur Bachtar mit. Zunächst solle für Mädchen eine Schuluniform entworfen werden, die sich nach den Werten der islamischen Scharia sowie der afghanischen Kultur und Tradition richte. Im Land selbst und international wurde Kritik laut.

Die Taliban hatten zuvor eigentlich angekündigt, unter Auflagen dürften mit Beginn des neuen Schuljahres am Mittwoch auch Mädchen weiterführender Schulen ab der 7. Klasse wieder am Unterricht teilnehmen. Für die Rückkehr von Schülerinnen ab zwölf Jahren und Lehrerinnen müssten allerdings bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehöre, dass Mädchen den islamischen Hidschab tragen und in separaten Gebäuden von weiblichen Lehrkräften unterrichtet werden müssten.

Viele Schülerinnen reagierten enttäuscht und traurig, als sie nun abgewiesen wurden. «Wir sind auch Menschen, warum sollen wir nicht in die Schule gehen dürfen? Was ist unsere Schuld? Die Tränen, die ich vergieße, sind wie das Blut meines blutenden Herzens», sagte eine Schülerin weinend dem lokalen TV-Sender ToloNews. «Ich habe bis zwei Uhr morgens nicht geschlafen, weil ich mich auf diesen Tag vorbereitet hatte. Als wir die Nachricht hörten, haben alle Schülerinnen geweint. Wir sind sehr enttäuscht», so eine andere.

Die Vereinten Nationen teilten mit, UN-Generalsekretär António Guterres sei «tief enttäuscht» angesichts der Entscheidung, die äußerst schädlich für Afghanistan sei. «Die Verweigerung von Bildung verletzt nicht nur das gleiche Recht von Frauen und Mädchen auf Bildung, sondern gefährdet angesichts der enormen Beiträge afghanischer Frauen und Mädchen auch die Zukunft des Landes.»

In sozialen Medien äußerten einige die Meinung, die Taliban benutzten die Frage des Schulbesuchs als Druckmittel, um internationale Anerkennung zu erreichen. Ein früherer Regierungsberater meinte, der kurzfristige Rückzieher zeige einen Bruch in der Führungsriege der Islamisten. Westliche Länder machen eine Anerkennung der Taliban-Regierung unter anderem von Fortschritten bei Frauenrechten abhängig.

Die UN-Mission in Afghanistan (Unama) verurteilte auf Twitter die Entscheidung der Taliban. Auch Amnesty International kritisierte den Rückzieher und äußerte sich zutiefst besorgt über die Nachricht. «Die derzeit von den Taliban verfolgte Politik ist diskriminierend, ungerecht und verstößt gegen das Völkerrecht», twitterte die Menschenrechtsorganisation.

Nach dem Abzug der USA und ihrer Verbündeten und der Machtübernahme der Taliban vor rund sieben Monaten war in den allermeisten Provinzen nur Unterricht von Schülerinnen bis zur sechsten Klasse erlaubt worden. An Universitäten finden Seminare nun nach Geschlechtern getrennt statt. Getrennte Schulklassen gab es auch schon früher.

Seit ihrer Rückkehr an die Macht haben die Taliban immer strengere Vorschriften für das öffentliche Leben erlassen. So sollen Frauen ohne männliche Begleitperson nicht weiter als 45 Meilen (etwa 72 Kilometer) reisen dürfen. Frauen können in vielen Fällen nicht mehr zurück an ihre Arbeitsplätze. Viele flohen seit der Machtübernahme der Islamisten aus dem Land.

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Ingo Kerp 24.03.22 12:50
Die Taliban kämpfen verzweifelt um die Anerkennung des Westens, da sie deren Hilfsgüter und Gelder dringend benoetigen. Problematisch zudem, das AFGH inzwischen aus dem Fokus der Welt verschwunden ist, nachdem sich alles auf den Krieg RUS - UA konzentriert. Da ist es natürlich politisch toedlich, wenn die zotteligen Bartträger die Mädchenschulen nur Stunden nach der angekündigten Eroeffnung wieder schließen.