Hongkongs Regierungschefin lehnt Zugeständnisse ab

Foto: epa/Fazry Ismail
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HONGKONG/PEKING (dpa) - Nach monatelangen Protesten straften Wähler Hongkongs Regierung schwer ab. Aber Regierungschefin Lam will einfach weitermachen wie bisher. Und Peking erhöht den Druck auf US-Präsident Trump.

Trotz ihrer Wahlschlappe will Hongkongs umstrittene Regierungschefin Carrie Lam keine Zugeständnisse an die Protestbewegung machen. Nach der deutlichen Niederlage des regierungstreuen Lagers bei den Bezirkswahlen am Sonntag gab sich Lam am Dienstag vor der Presse unbeirrt. Die 62-Jährige kündigte nur an, den Dialog mit dem Volk fortsetzen zu wollen. Dafür müsse es aber weiter friedlich sein. Auf die Forderungen ihrer Kritiker und des demokratischen Lagers ging Lam nicht ein.

Der Unmut von Regierungskritikern in der chinesischen Sonderverwaltungsregion richtet sich unter anderem gegen den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking und das Vorgehen der Polizei, der brutale Übergriffe auf Demonstranten vorgeworfen werden. Die Protestbewegung fordert unter anderem auch den Rücktritt von Lam, freie Wahlen und Straffreiheit für die rund 4500 bislang Festgenommenen. Seit fast einem halben Jahr kommt es in Hongkong immer wieder zu Protesten und Ausschreitungen.

«Die Wahlen haben klar gezeigt, dass viele Wähler ihre Meinung über die Regierung und mich selbst zum Ausdruck bringen wollten», sagte Lam. Diese Meinungen seien aber vielfältig. Einige hätten offenkundig genug von der Gewalt auf den Straßen. Andere seien der Meinung, dass die Regierung nicht kompetent gehandelt habe. Sie wolle jetzt verstärkt das Gespräch suchen. Bei den Lokalwahlen am Sonntag hatte das prodemokratische Lager einen klaren Sieg erzielt. Sie kontrolliert jetzt 17 der 18 Bezirksräte.

Nach einer guten Woche ging die Besetzung einer Universität zu Ende. Auf dem Campus sei am Dienstag außer einer «geschwächten und emotional instabilen Frau» niemand mehr gefunden worden, berichtete die Polytechnische Hochschule. Die Frau sei medizinisch behandelt und aufgefordert worden, das Gelände freiwillig zu verlassen. Die Universitäten hatten sich zum Brennpunkt der Proteste entwickelt. Rund 1000 Personen haben das von der Polizei umzingelte Gelände verlassen. Viele wurden festgenommen. Einige konnten flüchten.

Die Unterstützung der USA für die Protestbewegung in der chinesischen Sonderverwaltungsregion belastet zunehmend die Beziehungen zwischen Washington und Peking. China will US-Präsident Donald Trump davon abhalten, Gesetzentwürfe des US-Kongresses zur Unterstützung der demokratischen Kräfte in Hongkong zu unterzeichnen. Mit dem geplanten Gesetz werden Wirtschaftssanktionen angedroht, indem Hongkong die bisher gewährte Vorzugsbehandlung in der amerikanischen Wirtschafts- und Handelspolitik gegenüber China entzogen werden könnte.

Das Außenministerium in Peking bestellte am Montag US-Botschafter Terry Branstad ein und übermittelte ihm den Unmut der Regierung. Branstad seinerseits sagte Vizeaußenminister Zheng Zeguang, dass die USA die Entwicklung in Hongkong «mit großer Sorge» verfolgten, wie ein Botschaftssprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die USA verurteilten «alle Formen der Gewalt und Einschüchterung». Der Botschafter habe hinzugefügt, die USA seien überzeugt, «dass Gesellschaften am besten gedient sei, wenn unterschiedliche politische Ansichten in wahrlich freien und fairen Wahlen repräsentiert werden könnten», zitierte der Sprecher.

Am vergangenen Mittwoch war bereits der US-Geschäftsträger einbestellt worden, während der Botschafter noch auf Reisen war. Trotz des scharfen Widerstands aus China hatten zuvor das US-Abgeordnetenhaus und der US-Senat fast einstimmig zwei Gesetzesentwürfe zur Unterstützung der demokratischen Kräfte in Hongkong beschlossen. Mit Spannung wird erwartet, ob Trump die Verordnungen unterzeichnen wird, damit sie in Kraft treten können.

China verlangt vom US-Präsidenten, dass er sein Veto einlegt - und droht andernfalls mit «harten Gegenmaßnahmen». Sollte Trump die Gesetze nicht unterzeichnen, könnte er aber immer noch mit einer Zweidrittelmehrheit im Senat überstimmt werden.

Sollte das Gesetz in Kraft treten, werden jährliche Berichte des Außenministeriums fällig. Es geht dabei um die Frage, ob Hongkong noch ausreichend autonom von China ist, um die bevorzugte Behandlung weiter zu rechtfertigen. Bürgerrechte sollen besonders berücksichtigt werden. Der Entwurf sieht auch vor, dass der Präsident Sanktionen gegen Personen verhängt, die für schwere Menschenrechtsverletzungen in Hongkong verantwortlich gemacht werden. Ein weiterer Gesetzesentwurf untersagt den Export von Tränengas, Gummigeschossen, Wasserwerfern und Handschellen an Hongkongs Polizei.

Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger genießen - anders als die Menschen in der Volksrepublik - viele Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Jetzt fürchten sie aber zunehmend um ihre Freiheiten.

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