Trotz Risikogebiet - Lage auf Mallorca bleibt entspannt

Touristen genießen das sonnige, warme Wetter am Strand von Peguera in Calvia, Mallorca. Foto: epa/Cati Cladera
Touristen genießen das sonnige, warme Wetter am Strand von Peguera in Calvia, Mallorca. Foto: epa/Cati Cladera

PALMA: Die deutschen Urlauber fühlen sich auf Mallorca sicher - daran ändert zunächst auch die Einstufung als Risikogebiet nichts. Die spanischen Politiker befürchten zudem keinen Buchungseinbruch. Also alles weiter prima? Mit Blick auf den Verlauf der Inzidenz droht noch Gefahr.

Es ist schwierig, am Wochenende einen freien Platz auf einer der Lokalterrassen an der Playa de Palma zu finden. Viele deutsche Urlauber genießen auf Mallorca das Frühstück unter der Sonne unweit des Ballermann, manch einer hebt zur frühen Stunde schon den Bierkrug. Dass Mallorca wie ganz Spanien aus Sicht der Bundesregierung seit Sonntag wieder ein Corona-Risikogebiet ist, scheint kaum jemanden zu stören. «Ich fühle mich hier sicher. Die meisten Leute benehmen sich, die Maskenpflicht in den Innenräumen wird eingehalten und auf den Sicherheitsabstand geachtet», sagt Rita aus Siegen, die mit ihrer Tochter Steffi und Mann Meik in einer Bar an der Promenade frühstückt. «Wenn ich in Deutschland samstagmorgens in den Aldi gehe, treffe ich auf mehr Leute.»

Die Bundesregierung hat ganz Spanien mit Mallorca und den Kanaren angesichts rapide ansteigender Corona-Zahlen zum Risikogebiet erklärt. Die praktischen Auswirkungen für Mallorca-Urlauber halten sich zunächst aber in Grenzen. Theoretisch droht bei der Rückreise zwar eine Quarantäne, die kann aber durch den Nachweis einer vollständigen Corona-Impfung, eines negativen Tests oder einer überstandenen Erkrankung ersetzt werden. Diese Nachweise mussten Heimkehrer auch bisher schon vorlegen, wenn sie, wie die allermeisten, mit dem Flugzeug nach Deutschland einreisen wollten.

Entsprechend gelassen ist auch die Reaktion der Behörden auf der Insel. Man erwarte keine größeren Auswirkungen auf das Reise- oder Buchungsverhalten, erklärt Rosana Murillo, Generaldirektorin für Tourismus. «Wir vertrauen darauf, dass es weiter eine gute Saison wird.» Derzeit liegt die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums bei 153. Kritisch könnte es werden, wenn sie die Marke von 200 übersteigt und Mallorca zum Hochinzidenzgebiet erklärt wird. Dann würde bei noch nicht vollständig Geimpften nicht mal ein negativer Corona-Test eine Quarantäne verhindern.

«Wir müssen lernen, mit der Krankheit zu leben. Es ist der Moment, an andere Dinge zu denken, als an die Inzidenz», sagte die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol kürzlich dem Regionalsender IB3 und verwies auf die guten Fortschritte der Impfkampagne. Trotz der vielen Corona-Fälle ist die Auslastung der Krankenhäuser gering, die Todeszahlen sind niedrig. Es sind vor allem junge Menschen, die sich anstecken, aber oft keinen schweren Krankheitsverlauf durchmachen müssen.

Beatrice Ciccardini ist direkt vom Geschäft mit den Urlaubern abhängig. Die Schweizerin leitet die Bar «Zur Krone» unweit des berüchtigten Balneario 6. Auch sie befürchtet nicht, dass die Touristen nun fernbleiben. «Ich hatte mit der Entscheidung der Bundesregierung gerechnet. Aber die deutschen Urlauber gehen damit relaxt um. Unsere Gäste betonen immer wieder, dass sie sich sicher fühlen. Viele sind auch schon geimpft», sagt sie. Nach den harten vergangenen Monaten mit hohen Verlusten läuft das Geschäft nun wieder. «Natürlich fehlen noch die großen Feiergruppen und es ist nicht mit früher zu vergleichen. Aber ich kann mich nicht beschweren und hoffe, dass es so bleibt.»

Die Schuld für den Anstieg der Corona-Kurve sieht die Schweizerin bei den spanischen Abiturienten, die sich bei großen Feiern auf der Insel massenhaft angesteckt haben. «Die sind ohne Maske rumgelaufen und hatten nur Saufen im Kopf. Die waren zehn Mal schlimmer als die Deutschen am Ballermann», ärgert sich Ciccardini.

Ähnlich sieht es Domingo Riera. Er leitet das «Cafe Lina» etwas außerhalb des Zentrums von Palma. Es ist ein beliebter Treffpunkt von Einheimischen und Arbeitern. «Wir hätten die Feierei verbieten müssen. Mallorca war auf Trinkgelage noch nicht vorbereitet. Wir sind wie ein Auto ohne Bremsen und müssen äußerst langsam fahren.»

Seiner Bar würden ausbleibende Urlauber weniger schaden. Viel mehr sorgt sich der Wirt um den Ruf der Kneipen. «Wir waren lange Zeit der Buhmann und wurden als die Hauptschuldigen für die Ansteckungen gesehen. Es gab Passanten, die die Straßenseite gewechselt haben, um nicht direkt vor meiner Tür langlaufen zu müssen», erzählt er. Trotz der hohen Infektionszahlen hält er die Entscheidung der Bundesregierung für übertrieben. «Statt vom Reisen generell abzuraten, sollten die Politiker Hinweise geben: Meidet Innenräume und Menschenansammlungen, verzichtet auf öffentliche Verkehrsmittel», findet Riera.

Mögliche Konsequenzen eines Rückgangs beim Tourismus würde Asención Sala zu spüren bekommen. Sie leitet für die Armenspeise Tardor zwei Obdachlosenheime. «Wir haben jetzt schon eine Warteliste von 25 Personen. Bleiben die Touristen aus, öffnen die Hotels nicht und es gibt keine Arbeit. Dann kommen noch mehr Leute zu uns. Doch das sind alles nur Mutmaßungen. Die Lage in den Krankenhäusern ist derzeit immerhin gut», macht sie sich Mut.

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