Demonstrationen vor Weißem Haus nach Floyds Tod

​Trotz Ausgangssperre

Menschen, die sich aus Protest gegen den Tod von George Floyd versammelten, marschieren friedlich zum Weißen Haus in Washington. Foto: epa/Shawn Thew
Menschen, die sich aus Protest gegen den Tod von George Floyd versammelten, marschieren friedlich zum Weißen Haus in Washington. Foto: epa/Shawn Thew

WASHINGTON: «Scheiß auf Eure Ausgangssperre»: Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd dauern die Demonstrationen in den USA an. Auch vor dem Weißen Haus - obwohl US-Präsident Trump mit Konsequenzen gedroht hat.

Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz haben sich Demonstranten vor dem Weißen Haus erneut über die Ausgangssperre in Washington hinweggesetzt. Friedliche Proteste vor der US-Regierungszentrale dauerten auch nach Inkrafttreten der nächtlichen Ausgangssperre am Dienstagabend um 19.00 Uhr (Ortszeit/1.00 MESZ) an, wie ein dpa-Reporter berichtete. Hunderte Menschen protestierten gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Demonstranten skandierten Slogans wie «Wir bewegen uns nicht» und «Scheiß auf Eure Ausgangssperre».

Seit Tagen kommt es in Washington, New York und anderen US-Metropolen zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser ist der Tod Floyds in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am Montag vergangener Woche. In vielen US-Städten sind die Demonstrationen in Ausschreitungen und Plünderungen ausgeartet. Zahlreiche Städte haben eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. In der Millionenmetropole New York wurde sie nach neuerlichen Plünderungen in der Nacht zu Dienstag bis Sonntag verlängert. Sie sollte am Dienstagabend um 20.00 Uhr in Kraft treten.

Vor dem Weißen Haus hatten Sicherheitskräfte - darunter auch die Militärpolizei - am Montagabend Proteste gewaltsam aufgelöst. Während die Polizei gegen weitgehend friedliche Demonstranten vorging, drohte US-Präsident Donald Trump bei einem Auftritt im Rosengarten des Weißen Hauses mit dem Einsatz des US-Militärs, um Unruhen zu stoppen. Er sagte auch, er werde «Abertausende schwer bewaffnete Soldaten» entsenden, um weitere Ausschreitungen in Washington zu stoppen. US-Justizminister William Barr kündigte an, die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt würden in der Nacht zu Mittwoch noch einmal verstärkt.

Auch in zahlreichen anderen US-Metropolen kam es am Dienstag erneut zu Protesten. Auf Fernsehbildern waren Demonstrationen in New York, Los Angeles, Philadelphia, Chicago und Houston zu sehen. In Houston soll Floyd nach Angaben der Familie am Dienstag kommender Woche beerdigt werden. Er war in der Metropole in Texas aufgewachsen.

Trump hatte bei seiner Ansprache am Montagabend gesagt: «Wir beenden die Unruhen und die Gesetzlosigkeit, die sich in unserem Land ausgebreitet haben.» Der Präsident fügte hinzu: «Wenn eine Stadt oder ein Bundesstaat sich weigern, Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um das Leben und den Besitz ihrer Bürger zu schützen, dann werde ich das Militär der Vereinigten Staaten einsetzen und das Problem schnell für sie lösen.» Trump hat Floyds Tod wiederholt verurteilt und das Recht auf friedliche Proteste betont.

Nach dem Fall Floyd wird die Polizei in Minneapolis einer eingehenden Untersuchung wegen möglicher diskriminierender Praktiken unterzogen. Der Gouverneur des Bundesstaats Minnesota, Tim Walz, teilte mit, die Menschenrechtsabteilung seiner Verwaltung habe eine Bürgerrechtsklage gegen die Polizeibehörde der Großstadt eingebracht. Nun würden deren Richtlinien, Verfahren und Praktiken der vergangenen zehn Jahre untersucht, um herauszufinden, ob die Polizei in Minneapolis systematisch Minderheiten diskriminiert habe.

Bei dem Polizeieinsatz in Minneapolis hatte einer von vier beteiligten Beamten Floyd fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt. Alle Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen, ignorierte er. Die vier Polizisten wurden entlassen.

Der weiße Ex-Polizist, der Floyd sein Knie in den Nacken drückte, muss sich wegen Totschlags (bis zu zehn Jahre Gefängnis) und «Mordes dritten Grades» (bis zu 25 Jahre Gefängnis) verantworten. Er sitzt in Untersuchungshaft. «Mord dritten Grades» ist eine Besonderheit des US-Rechtssystems, die es nur in einzelnen Bundesstaaten wie Minnesota gibt. Nach den Gesetzen Minnesotas macht sich eines solchen Verbrechens schuldig, wer eine «besonders gefährliche Tat» mit Todesfolge, aber ohne Vorsatz begeht. In Deutschland ist Vorsatz dagegen Voraussetzung für eine Mordanklage.

Floyds Angehörige fordern eine härtere Anklage gegen den Ex-Polizisten. Sie verlangen außerdem, dass die anderen drei an dem Einsatz beteiligten Polizisten festgenommen und angeklagt werden.

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Markus Boos 04.06.20 15:29
Oh!
Also hier mal wieder mein Senf. Jedem der hier Trump verteidigt, oder ihm sogar Recht gibt, muss ich zu Seinesgleichen zählen. So schreibe ich allen Trump huldigen dessen niederen Eigenschaften zu. Um zum Thema zu kommen. Wer Gewalt predigt, wird auch Gewalt ernten. Wie Figura zeigt.
Ingo Kerp 03.06.20 12:59
Auf ministerielle Anordnung hin ziehen Polizeikräfte auf und "vertreiben" die Protestierenden mit Gewalt, Gummigeschosse und Tränengas, in Nebenstraßen, damit der dickleibige Egomane Trump vor eine Kirche ziehen kann. Dort steht er unbeholfen mit einer Bibel in der Hand vor einer mit Brettern zugenagelten Kirche. Was für ein armseliger Typ er inzwischen ist. Am besten verkriecht er sich wieder in seinen Bunker und bleibt dort.